Der Tropfen

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Ich warf einen Blick auf meine Uhr und trommelte ungeduldig mit den Fingern auf den Tisch. Die beiden Kellner hinter dem Tresen tuschelten miteinander und warfen mir verstohlene Blicke zu und langsam fühlte ich mich extrem unwohl in diesem schicken Restaurant.
Wahrscheinlich sollte ich mir eingestehen, dass mein Date mich versetzt hatte. Owen, so hieß der Gute, wäre sonst sicher pünktlich gewesen und hätte mich hier nicht seit über einer Stunde sitzen lassen. Naiv wie ich war, hatte ich tatsächlich so lange gewartet, doch nun wurde es langsam peinlich.
Enttäuscht legte ich das Geld auf den Tisch, schnappte meine Tasche und verließ unter den Blicken der beiden Kellner das Restaurant. Vielleicht sollte ich diese Dates zukünftig einfach sein lassen und mich damit abfinden niemals den passenden Mann für mich zu finden. Dabei dachte ich tatsächlich, Owen wäre ein netter Kerl, als er in den letzten Wochen immer öfter in unserem Cafe auftauchte und mit mir flirtete. Wir hatten schon den ein oder anderen Kaffee zusammen getrunken, doch dies wäre tatsächlich das erste, richtige Date zwischen uns gewesen.
Die Enttäuschung, so eiskalt versetzt worden zu sein, brannten mir fast ein Loch in die Brust - aus irgendeinem Grund verspürte ich in der letzten Zeit vermehrt den Wunsch nicht mehr alleine durch's Leben zu stolpern. Wahrscheinlich auch erst, seit Nick sich den Typen geangelt hatte, mit dem er vor einiger Zeit die Nacht verbrachte - an dem Wochenede als Tony Stark und ich uns zum letzten Mal gesehen und es in seinem Auto fast miteinander getrieben hatten. Nun, zwar stand mein Auto am nächsten Tag wieder vor der Tür, doch von Mister Stark war nichts mehr zu hören - meine Wirkung auf Männer war wirklich phänomenal!
Frustriert kaufte ich mir an einem der Stände am Newport Beach einen Chillidog und ließ mich dann direkt am Wasser im warmen Sand nieder. Die leichte Brise sorgte für die längst fällige Abkühlung an diesem Abend und das Rauschen der Wellen wirkte enorm entspannend auf mich. Während ich nachdenklich in den Chillidog biss, spürte ich erneut eine Welle Selbstmitleid in mir aufsteigen.
War ich denn wirklich so ein Sonderfall, dass sich scheinbar nur die Langweiler oder Irren zu mir hingezogen fühlten? Eine Welle der Einsamkeit stieg in mir auf und plötzlich schmeckte der Chillidog in meinem Mund nur noch klebrig und fade. Lustlos pakte ich die Reste ordentlich ein und verstaute sie in meiner Tasche, bevor ich mein Kinn auf mein Knie stützte und die Wellen betrachtete.
Ich hatte es sehr lange Zeit geschafft dieses übermächtige Gefühl zu verdrängen und während meiner Beziehung mit Liam und all der Arbeit in der Bar funktionierte dies auch recht gut - ja selbst während meiner Affäre mit Tony und dem ganzen Stress im Cafe... Doch nun, da die Arbeiten im Cafe beendet, die Eröffnung phänomenal gut gelungen, die Affäre beendet und Nick in einer glücklichen Beziehung war... nun öffnete sich die Tür in meinem Inneren wieder und die arme, einsame Waise kam wieder zum Vorschein - der Vorfall heute war somit der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Ich spürte wie mir die Tränen in die Augen stiegen und da ich an diesem Strand im Dämmerlicht alleine war, ließ ich ihnen freien Lauf. Plötzlich brach All das aus mir heraus, was ich die letzten beiden Jahre so säuberlich verstaut hatte.
Als ich nach einer Weile neben mir eine Bewegung wahr nahm, zuckte ich erschrocken zusammen und wischte mit meiner Hand über das Gesicht um die Tränen abzuwischen bevor ich aufsah. Ohne etwas zu sagen, setzte Tony Stark sich in seinem Nobelanzug zu mir in den Sand und sah mich an. Was wollte ER denn hier?
Ich wendete den Blick ab, da mir erneut die Tränen kamen und ich definitiv nicht vor ihm weinen wollte. "Kannst... kannst du mich bitte alleine lassen?" bat ich ihn - bemüht um eine feste Stimme. Bitte, er sollte einfach nur gehen! "Nun, ich denke nicht, dass das gerade so gut ist..." seine Stimme klang seltsam ruhig - nicht so arrogant und aufgeplustert wie sonst.
"Bitte... ich bin jetzt wirklich nicht in der Stimmung um zu streiten..." bat ich ihn erneut und spürte wie mir eine Träne aus dem Auge rann und ich die Kontrolle nur mühsam aufrecht erhalten konnte. Ich spürte seinen Blick auf mir ruhen, doch er sagte nichts weiter.
Energisch wischte ich mir die Träne ab und sah ihn an, er wirkte in seinem teuren Anzug irgendwie fehl am Platz und dennoch saß er wie selbstverständlich hier.
"Was ist passiert?" fragte er und suchte meinen Blick - warum tat er das? Warum konnte er jetzt nicht das Arschloch sein, dass er sonst war? "Bitte..." schluchzte ich, unfähig meine Emotionen noch weiter unter Kontrolle zu halten "Bitte, geh einfach...". Musste ich mich denn heute noch mehr erniedrigen lassen als ohnehin schon? "Ich mache dir einen Vorschlag.." entgegnete er leise und rückte ein wenig näher "...du sagst mir was los ist und wenn du dann möchtest können wir uns gerne streiten" er zuckte mit den Schultern und blickte auf das Wasser vor sich.
Ich stützte mein Kinn erneut auf meinem Knie ab und schniefte "Warum interessiert es dich eigentlich?" wollte ich wissen und sah ihn an. Tony zuckte leicht mit den Schultern und verzog den Mund, sagte jedoch nichts. Nun, immerhin war er in dieser Hinsicht genauso schlau wie ich.

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