Das Modell hat das Sagen

32 2 12
                                    

T machte noch ein paar Fotos von mir, ehe er mir die Sticker wieder abnahm, Schmuck entfernte und das Make Up abwusch. Ja, auch diesen Part übernahm er, was ich fröhlich zur Kenntnis nahm. Es war nämlich ein nices Gefühl, wie er so mein Gesicht reinigte. 

Und wie ich da so saß und Tae meine Haut säuberte, dachte ich mir, wie schön diese Situation grade war. Es war mitten in der Nacht, ich hatte ihm meine softeste Seite gezeigt und er hatte es einfach angenommen. Noch schöner, er war darauf eingegangen und hatte es mit mir ausprobiert. Wie schön war das? Wir saßen einfach nur hier, nur er und ich, keiner sonst. Ich fiel wirklich in Liebe langsam. 

Ach Taehyung...Er fürchtete sich vielleicht vor einer Beziehung, oder überhaupt vor der Verbundenheit mit einer anderen Person, aber trotzdem ließ sich der Kreislauf nicht aufhalten. Zumindest kam es mir so vor. 

Was lustig war, ich fühlte mich gar nicht gekränkt oder so, weil Tae vorher abgelehnt hatte, mein Freund zu sein. Wir verhielten uns doch basically eh wie in einer Beziehung, also machte es auch keinen Unterschied, solange wir alleine waren. Dennoch wäre ich gern mit ihm zusammen, einfach um Sicherheit zu haben. Dann würde es mich sicher nicht stören, wenn er mit Finn oder irgendwem wohin ging. Aber na ja, er ging das in seinem Tempo an und das war okay. 

"So, das war's", meinte T und warf das letzte rosa gefärbte Feuchttuch in den Mistkübel.

"Thank you", dankte ich ihm und nahm seine Hand zwischen meine beiden, was er aufmerksam zur Kenntnis nahm. 

"Kein Ding. Danke, dass du mir das überhaupt gezeigt hast"

"Ja, bin froh, dass du das nicht weird findest lol"

"Ist doch nicht weird. Dann bemalst du halt dich selbst anstatt von einem Blatt Papier, ist ja vollkommen egal"

"True"

"War das scary für dich? Also, dass du mir das zeigst?", fragte T neugierig, ich änderte den Griff um seine langfingrige Hand. 

"Bisschen schon"

"Lol. Dann cool, dass du dich getraut hast", sprach er mir gut zu und legte seine freie Hand über meine, sodass wir ein Knäuel an Fingern beisammen hatten. Ich lächelte und sah ihm bewundernd in die ungleichen Augen. Bro, I wanna kiss. 

Also lehnte ich mich nach vor, um Ts Lippen zu küssen. Er erwiderte sanft und es war ein langsamer, schöner Kuss. Unsere Nasenspitzen rieben aneinander und ich fühlte seine Wärme. Die angenehmsten Gefühle breiteten sich in mir aus. 

"Ähm...", unterbrach T schließlich den Kuss und blickte mir mit etwas gesenktem Kopf in die Augen. Hm, was hatte er denn?

"Ja?"

"Wie spürst du dich, wenn wir, na ja, wenn wir uns küssen und so"

Etwas überrascht von der Frage ließ ich meinen Blick kurz von ihm ab und sah ins Narrenkastl. Wie spürte ich mich? Eine intime Frage, die ich ihm gern so gut wie möglich beantworten wollte. 

"Also", begann ich und stellte wieder Augenkontakt her, die Hände hatten wir noch immer miteinander verknotet, "Warm fühl ich mich. Und pricklig. Wenn ich es mit Essen vergleichen würde, wäre es sowas wie der Toast, den wir bei der Donau damals gegessen haben. Mit Nutella, Ben & Jerry's Eis und dem soften Toast. Oh und mit Bananen wär geil. Oder Marshmallows"

"Sicher, dass du nicht einfach Essen aufzählst, dass du grad haben möchtest?", hinterfragte T lachend. 

"Hm, guter Einwand...Dann bleiben wir bei warm und pricklig"

Lächelnd sah ich ihn mit funkelnden Augen an. Jedenfalls fühlten sie sich funkelig an. Und ja, so ein Nutella Toast mit Eis und Früchten wäre schon geil jetzt. Aber kein Bock, die Wohnung zu verlassen, war grad so schön kuschlig hier mit T. 

Ich wollte ihn gerade fragen, wie er sich beim Küssen fühlte, da kam er mir schnell zuvor. 

"Kann ich dich nochmal zeichnen?"

"Hm ja, fix", stimmte ich kurzerhand zu. 

"Danke"

Also kamen wir auf die Beine, ich verschloss und verstaute die kj Box wieder, während T Papier und Stift von mir zusammen suchte. Und na gut, dann verrate ich euch eben das Versteck von den Schlüsseln, war ja kein Drama. Sie lagen im Kühlschrank unter dem Fach für die Eier. T akzeptierte es, also würdet ihr das doch auch hinkriegen, oder?

"Kannst dich einfach hinlegen, ganz bequem, wie du willst", erklärte er ausgerüstet mit meinem Collegeblock und 4B Bleistift. 

"Passt", meinte ich und ließ mich aufs schmale Bett nieder, während T halb auf meinem Schreibtisch saß, "Kann ich die Augen zu machen? Bin bisschen müde"

"Klar. Das Modell hat das Sagen"

"Wirklich? Nicht der Künstler?", fragte ich erstaunt nach. 

"Na, das ist nur meine Meinung, aber ich mag's lieber, dich so zu zeichnen, wie du dich am wohlsten damit fühlst. Außer ich hab irgendein spezielles Konzept im Kopf, dann bitte ich dich schon, eine gewisse Position einzunehmen. Aber jetzt will ich einfach nur dich zeichnen"

"Lol okay"

Ich machte es mir also bequem, legte mich auf die Seite mit dem Gesicht zu ihm und kuschelte meinen Kopf in den Polster. Für den maximalen Comfort fetzte ich mir noch mein Shirt vom Leib und streifte meine Socken ab. Konnte das gar nicht leiden, mit Socken zu schlafen. Bah, da fühlte ich mich immer, als würden meine Füße über Nacht vergammeln. 

Schließlich hatte ich mich also angenehm eingerichtet und schloss die Augenlider. War ja schon spät, so ein bisschen Ausruhen konnte nicht schaden. Einschlafen würde ich schon nicht, da war ich noch wach genug. 

Ich begab mich also in meine Gedanken, der übers Papier kratzende Bleistift als Hintergrundgeräusch. Bei der Gelegenheit konnte ich ja das Date nochmal revue passieren lassen. Zuerst hatten wir ja gegessen, mein gekochtes Essen hatte ihm gut geschmeckt. Dann Da Vinci mit seiner Flugmaschine haha und wir als Flugtechniker. Seiner Skizzen hingen noch immer an meiner Wand, hoffentlich ließ er sie auch da. Wir hatten miteinander geschlafen, ich hatte ihm gesagt, dass ich ihn mochte und dann war auch schon Patrick reingeplatzt. Nette Party mit meinen Freunden, paar Spiele, bisschen Spliff und Badewannensex. Bro, das war wirklich geiler Sex gewesen, crazy diese Verbundenheit mit T. Ja, als Freund hatte er mich zwar abgewiesen, aber was soll's, er hatte mich als sein pretty baby verziert. Ach, so ein schönes Date. 

Und während ich so in den Erinnerungen an die mit Tae verbrachte Zeit schwelgte, wurde mein Atem immer langsamer, die Aufmerksamkeit immer niedriger. Ich merkte es gar nicht, ich dachte noch immer, dass ich vollkommen wach war und mich nur ein bisschen ausruhte. Aber ehe ich mich versah, war ich schon weg und träumte von T und mir vereinigt in einem Körper über Wien fliegend. 

catching vibes like dreams || taegukWo Geschichten leben. Entdecke jetzt