erdbeercreme

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Die nächsten paar Tage vergingen größtenteils angenehm, T und ich kuschelten viel und die Uni machte auch keinen Stress. Patrick kam nicht zu den Vorlesungen und ich war mir sicher, dass unser Streit von Montag daran schuld war. Ich bereute es sehr, seine traumatische Vergangenheit mit seiner Mutter herausgeholt zu haben und anscheinend war er jetzt so angefressen auf mich, dass er nicht mal im Hörsaal neben mir sitzen wollte. Well, verübeln konnte ich es ihm nicht, das war mehr als nur respektlos von mir gewesen. Leider gab er mir nur keine Gelegenheit, mich zu entschuldigen. Am Handy antwortete er mir nicht, las nicht mal meine Nachrichten und die Tür machte er mir auch nicht auf. Ich fragte mich, ob das das Ende unserer Freundschaft war. Wäre schon traurig irgendwie, immerhin verdankte ich ihm einen Großteil der Freundschaften, die ich hier an der TU geschlossen hatte. 

Nun ja, aber es ließ sich nicht ändern, deswegen verbrachte ich meine Zeit wie üblich mit T. Wir gingen sehr zärtlich miteinander um, die Auseinandersetzung am Montag hatte uns irgendwie sensibel gemacht. Trotzdem ließ er es sich nicht nehmen und streifte allein in Wien herum. Mittlerweile konnte ich ihn ja verstehen und so, aber mein Herz schmerzte dennoch jedes Mal, wenn er flink bei der Tür hinaushuschte und mich zurückließ. Mit traurigen, wehleidigen Augen sah ich ihm nach, probierte auch, ihn zum Bleiben zu überreden. Manchmal ließ er sich auch überzeugen und meditierte stattdessen, aber manchmal ließ er mich dann eben doch allein. Er malte auch weiterhin viel und probierte die Schütttechnik von seinem Professor aus, was ich alles durch das Schlüsselloch seines Zimmers beobachtete. Ach, ich hatte ihn halt wirklich so gern. Konnte mir nix Schöneres vorstellen, als Zeit mit ihm zu verbringen. 

Nur als ich in der Nacht von Donnerstag auf Freitag aus einem gruseligen Traum aufschreckte, war T nicht da. Mit schnellem Herzschlag, der von den absurden imaginären Bildern meines Schlafs kam, suchte ich sein breites Bett nach ihm ab, aber er lag nicht mehr neben mir. Ich konnte mich noch genau erinnern, beim Einschlafen war er rechts von mir gelegen und wir hatten uns zart an den Händen gehalten. Wo war er dann nur jetzt? Nach draußen konnte er doch nicht gegangen sein, das sagte er mir ja immer. 

Ungute Gefühle breiteten sich in meinem Bauch aus, als ich die Decke von mir strampelte und flink auf die Beine kam. Dank des Alptraums war ich sowieso hellwach, also hatte die Matratze keine Anziehungskraft auf mich, erst recht nicht, wenn T nicht darauf lag. Ich schaute mich im Raum um, der spärlich vom Mondlicht und den Straßenlaternen beleuchtet wurde. In den dunkelsten Blau- und Grautönen formten sich die bekannten Möbel vor meinen Augen, die Staffelei, auf der sein neues Bild stand, die Kommoden gefüllt mit Malsachen und der weiche Teppichboden, der von Farbspritzern übersäht war. Nur T war nicht da. Ein kurzer Blick auf mein Handy verriet mir, dass es fast zwei Uhr morgens war. Was machte er um diese Zeit nur? Nervös setzte ich mich in Bewegung und verließ sein Schlafzimmer. 

Im Wohn-, beziehungsweise Esszimmer der TaeVal Wohnung herrschte weitestgehend Dunkelheit, aber ein erleuchteter Spalt in der Tür zum Badezimmer gab mir sogleich Hoffnung. Ein kurzer Seitenblick durch Vals offene Tür verriet mir, dass sie tief und fest schlief mit weit aufgeklapptem Mund. Schnell überbrückte ich die paar Meter zum Bad und trat in den hellerleuchteten Raum. 

Erleichtert atmete ich auf, als ich T dort auf den Fließen kauern sah. Er hatte wie so oft nichts an, hielt nur eine blasse Dose in seiner Hand. Als ich eintrat, wandte er aufmerksam seinen Blick auf mich, schien aber nicht weiter überrascht. Ich bemerkte, dass er diese leicht rosafarbene Creme aus der Dose auf seine Brust geschmiert hatte, auf seinen langen Finger pickte auch etwas davon. Was tat er denn da?

"T", sprach ich ihn mit gedämpfter Stimme an und trat neben ihn, "Was machst du?"

"Mich einschmieren"

"Warum? Was ist das?", löcherte ich ihn weiter und hockte mich neben ihn. Das blasse Döschen hatte eine rosa Erdbeere auf dem Deckel. 

"Eine Creme. Hat die Omi gemacht, aus Erdbeeren", erklärte er und tunkte mit dem Zeigefinger in die Dose ein, um einen Batzen Creme auf seinen Schlüsselbeinen zu verteilen, "Das beruhigt mich, wenn meine Brust aufgewühlt ist"

catching vibes like dreams || taegukWo Geschichten leben. Entdecke jetzt