Martha und ich verbrachten einen angenehmen, inspirierenden Abend gemeinsam, später führte sie mich wieder heim mit ihrem Auto. Ich spürte die Motivation in mir, etwas zu ändern. Etwas an meinem Verhalten zu ändern, etwas an Ts und meiner Beziehung zu ändern. Ich konnte endlich sehen, warum T das hier als Chance betitelt hatte. Vielleicht war es wirklich eine, ich musste sie auf jeden Fall nutzen.
In der Wohnung, die by the way noch immer leer stand, kramte ich also meinen Laptop hervor und hatte vor, etwas nur für mich zu tun. Ich ging auf u:search und suchte Artikel heraus, die von Neutronensternen handelten. Diese Dinger faszinierten mich nämlich schon ordentlich und deshalb hoffte ich, dass sie mich von sehnsüchtigen Gedanken an T abhalten würden. Ich wollte den Tunnelblick, nur auf das Geschriebene vor mir fokussiert sein. Das hatte ich früher doch so leicht geschafft, in letzte Zeit funktionierte es halt nur mehr, wenn die Beschäftigung in irgendeiner Art etwas mit T zu tun hatte.
Aber ich gab mir Mühe und es klappte sogar meistens. Ja, manchmal musste ich an ihn denken, vor allem wenn es explizit um Gravitation ging (was ziemlich oft der Fall war). Bei Gravitation wurde ich halt daran erinnert, wie ich T damals Schwarze Löcher und so erklärt hatte. Diese Gedanken schob ich natürlich so schnell wie möglich beiseite, aber es war ein harter Kampf.
Eine Weile konnte ich das durchhalten, aber schließlich knickte ich doch ein. Er war nur in meinem Kopf. Wie konnte ich das abschalten? Es ging nicht. Also arbeitete ich stattdessen an dem Song für ihn weiter. Da konnte ich wenigstens etwas für ihn tun, das war Grund genug, weiter zu machen.
Irgendwann nach Mitternacht torkelten schließlich meine Freunde wieder in die Wohnung. Ich musste daran denken, was Martha über die freundschaftliche Eifersucht gesagt hatte. Vermissten sie mich wohl? Also, mit mir was zu machen und so. Vielleicht. Aber bei Patrick musste ich mich auf jeden Fall demnächst entschuldigen, wegen des Kommentars mit seiner Mutter. Und bei Lini auch, dafür dass ich sie letztens in der Nacht so kalt abgewiesen hatte. Hm, es gab viel zu tun.
Da ich in Linis und meinem Zimmer saß, hörte ich nur, wie sich die anderen eine gute Nacht wünschten und dann in ihre jeweiligen Schlafgemächer verschwanden. Lini stolperte gähnend bei der Tür hinein, ich hockte leger am Bett und arbeitete an dem Track weiter.
"Jeongguk. Na, servus, dich sieht man auch mal", lallte sie und fiel mit dem Bauch voran aufs Bett, dass es nur so wackelte.
"Ja, hi", gab ich kurz angebunden zurück.
Ich wusste nicht ganz, wie ich mich verhalten sollte. Die Entschuldigung wollte ich ihr eigentlich im nüchternen Zustand bringen, und ich merkte auch, wie mich die Situation schon ein wenig nervte. Nein, Jeongguk, jetzt nicht genervt werden und abschalten. Ich musste zumindest probieren, nett zu ihr zu sein. Auch wenn sie sich da vollkommen betrunken ins Bett kämpfte, ich durfte jetzt nicht asshole moves pullen.
"War's cool?", fragte ich und schaute vom Bildschirm auf. Lini glotzte mich ganz verwundert an.
"Ja. Es...war sehr lustig. Da war so ein Typ, ich dachte, der heißt Alexander, aber der hieß gar nicht Alexander. Voll komisch. Und Miri wäre einfach fast abgeschleppt worden, aber sie hatte dann anscheinend doch keinen Bock. Und ich hab vorher auf die Straße gekotzt. Taktisch, natürlich"
Ich versuchte, Lini aufmerksam zuzuhören. Aber es war so schwer! Es interessierte mich legit null, was die heute Abend erlebt hatten. Ich würde viel lieber den letzten Refrain hier weiter bearbeiten. Aber ich musste aufpassen, ich musste ihr zuhören. Mit erzwungenem Interesse ging ich also auf Linis Erzählung ein.
"Das klingt wild"
Wow, meine Kommunikationsskills waren auf einem Hoch.
"Kannst gern mitkommen das nächste Mal. Vermissen dich eh alle", meinte Lini langezogen und streckte sich auf der Matratze aus.
"Ihr vermisst mich?"
"Voll. Wir vermissen unseren lieben, aufmerksamen Jeonggukie. Jetzt bist du echt kacke", sprach sie plump und ehrlich, was ich mit großen Augen zur Kenntnis nahm. Wahrscheinlich hatte sie nicht Unrecht, I guess.
"Ähm, ja, vielleicht komm ich mal mit", antwortete ich zögerlich und hatte innerlich eigentlich null Bock, mich mit random Leuten in einer stickigen Hütte anzusaufen, "Mal schauen"
"Das wär schön", schnurrte Lini und drehte sich auf die Seite, um meine Beine zu umarmen.
Sofort kickte bei mir der Impuls, sie von mir zu stoßen. Doch zum Glück konnte ich mich grad noch aufhalten. Mit starren Gliedern ließ ich sie gewähren und versuchte, mich abzulenken mit meiner Musik. Ja, das war nicht Taehyung zu meinen Füßen, aber trotzdem war es okay. Lini war touchy, wenn sie drunk war, sie war eine gute Freundin, das konnte ich schon zulassen. Es war okay, war wirklich okay.
Ja, so versuchte ich wie gewohnt mir selbst etwas einzureden. Vielleicht dachte ich das ja wirklich irgendwann, wenn ich es nur oft genug wiederholte. Meine Gedanken waren auch nur ein Konstrukt, ein Muster und wenn ich mir Sachen genügend vorsagte, schnappte das hoffentlich mein innerer Algorithmus auf und sendete mir tatsächlich solche Gedanken. Wär doch nice.
"Bist du eigentlich okay?", nuschelte Lini gegen meine Hüfte, während ich die neue Spur für ein weiteres Soundelement anlegte.
"Ähm, es geht, denke ich", sagte ich halbherzig, korrigierte mich dann aber doch, "Also, nein, eigentlich nicht. Es geht mir scheiße. Ich will zu Taehyung"
"Man, that sucks"
"Ja. Aber...ich bleib eh hier, muss da jetzt durch"
"Nice. Ich schlaf jetzt"
Etwas überrascht von dem plötzlichen Gesprächsende glubschte ich runter zu Lini. Sie hatte ihr Gesicht seitlich an meiner Hüfte vergraben, die nussbraunen Arme um meine Beine geschlungen. Ich bemerkte, wie es feucht auf dem Stoff meiner Hose neben ihrem Mund wurde. Perfekt, sie sabberte mal wieder. Ach, egal, was ja nur Spucke, beim Waschen ging das easy raus.
Ich entschied mich dazu, selbst auch pennen zu gehen, und da ich mich nicht traute, aufzustehen zum Zähneputzen oder so, legte ich einfach den Laptop weg und arrangierte mich halbwegs gemütlich auf dem Bett, ohne mich zu viel zu bewegen. Aufwecken wollte ich Lini dann doch nicht. Also machte ich die Äuglein zu, legte ganz beiläufig eine Hand auf ihren Kopf und schlief ein.
DU LIEST GERADE
catching vibes like dreams || taeguk
Fiksi PenggemarJeongguk und Taehyung, die beiden leben einfach ihr Leben, machen ihr Ding, kennen sich nicht. Doch bei dieser einen Kunstausstellung spricht Teilzeit Pokémontrainer Taehyung den angehenden Game Designer an und irgendwie verändert das alles. strang...