Es war wieder einmal so ein Abend: I lag in einer seltsamen Position auf der Couch, scrollte durch mein Handy, während Netflix im Hintergrund lief und keinerlei Aufmerksamkeit von mir bekam. Vor acht Monaten ging meine langjährige Beziehung zu Bruch. Vor acht Monaten weinte ich mehr, als jemals zuvor in meinem Leben. Vor acht Monaten lernte ich, wie das wahre Gesicht meines Ex aussah. Ganz schön tragisch.
Ich seufzte laut auf und dachte mir, ich sollte vielleicht mal wieder durch Grindr scrollen. Ich fing mit Grindr an, als ich drei Monate nach meiner Trennung die Einsamkeit nicht mehr aushalten konnte und mir dachte, dass jetzt vielleicht eine gute Zeit wäre, das Daten anzufangen. Ich hatte noch nie "gedated". Ich hatte die letzten acht Jahre in zwei verschiedenen Langzeitbeziehungen verbracht – natürlich zu unterschiedlichen Zeiten, jedoch sehr nach beinander. Genauergesagt endete die sechs-jährige Beziehung, als die nächste, dann zwei Jahre lange Beziehung anfing. Ja, ich bin meinem damaligen Freund fremdgegangen. Ich war sehr unglücklich in der langen Beziehung, wurde oft ignoriert und war eigentlich nur die Putze. Und dann bin ich ihm halt fremdgegangen – mit meinem besten Freund, ein Klassiker. Und mein bester Freund – ja, ich bin mir ziemlich sicher, dass er mir dann fremdgegangen ist. Es war doch sicherlich kein Zufall, dass er nach sechs Monaten Beziehung vorschlug, dass wir eine offene Beziehung eingehen würden, oder? Ich hatte damit ein Problem. Was ich aber noch viel schlimmer fand, war, dass er vorschlug, er würde seine Neueroberungen in unserem Bett flachlegen – man kann ja nicht erwarten, dass jeder sich zu einem nachhause einlädt! Um es zusammenzufassen: ich bin mir sicher, dass er mir fremdgegangen ist. Ich bin mir zu 90% sicher. Die ganzen Nächte, die ich alleine verbracht hatte, die ganzen Parties, an denen er nicht mit mir nachhause gehen wollte, da er ja "so eine tolle Zeit" hatte, mit anderen Männern...
Ich seufzte wieder und öffnet meine Grindr-App. Ich swipte meistens nach links. Das Angebot war wirklich nicht gerade beeindruckend. Und meine ersten paar Monate als Single waren auch nicht gerade pricklend: mein erster Typ war Josh, ein fitter Kerl, tätowiert, muskulös, gut im Bett. Aber auch unglaublich dumm und grauenhaft eifersüchtig: ich erklärte ihm bei unserem ersten Date, dass ich nur Sex will, dass ich auch andere Männer daten werde und er meinte, das sei ok. Das war es aber dann nicht. In den sieben Wochen, in denen wir miteinander schliefen, flippte er bei jedem Date aus, wurde aggressive und meinte: "Wenn du jemals", ("jemals" – da fühlt man sich ja gleich richtig respektiert), "jemals mit einem anderen Mann zusammen bist, dann schlag ich den zusammen!" Ich meinte dann zu ihm: "Warum schlägst du ihn zusammen, aber nicht mich? Ich bin ja derjenige, der dir angeblich fremdgeht, nicht der andere Typ?" Josh schnaufte dann immer so genervt und meinte, er würde nie seine Partner zusammenschlagen. Soso. Glauben tat ich ihm das nicht. Irgendwann war dann Schluss – ich war mir sicher, ich konnte woanders besseren Sex finden, und das tat ich auch, aber erst nachdem ich richtig, richtig schlechten Sex hatte.
Oli hieß er und war richtig nett. Er war sieben Jahre älter als ich und wir konnten uns richtig gut unterhalten. Und im Bett – war er richtig schlecht. Er war übergewichtig, aber ich wollte nun nicht mal so sein und wollte ihm eine Chance geben. Also gab ich ihm sieben Chancen. Und sieben Mal war ich enttäuscht. Es war echt schade, aber als ich beim letzen mal kotzen musste, wusste ich, dass es Schluss war. Der dritte Typ hieß Aaron – und mit ihm bin ich sogar noch befreundet. Er war auch Künstler wie ich, nur eher im Designbereich, und ich war im Musikbereich betätigt, Hobbymäßig. Aaron war sehr nett, sehr hübsch und doch hatte er ein paar Haken: er leidet an Schizophrenie, hat keinen Job und lebt von Hartz IV. Sehr geil. Anfangs dachte ich mir: "Das wird nie was!", doch der Sex war richtig gut, also ging ich weiterhin zu ihm. Er war auch sehr gechillt und würde mich immer warnen, sollte es ihm nicht so gut gehen, dann würde ich auch nicht vorbeikommen.
Zu guter letzt kam dann Samuel, ein Arzt aus England. Ein richtig lieber Kerl, mit toller Wohnung. Wir verstanden uns richtig gut und verbrachten eine tolle Zeit zusammen. Der Sex war ok, ich wollte mich nicht beschweren – vor allem nicht nach der ganzen Oli-Bredouille – jedoch fehlte mir etwas. Und das fand ich dann nach ein paar Wochen, nachdem ich Samuel kennenlernte, fand ich dann jemand Besonderen: wieder auf Grindr, wieder einmal, als ich gelangweilt durch die Angebote scrollte.
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OneShots
Short StoryKurzgeschichten. Manche Geschichten werden als TwoShot hochgeladen - woauchimmer es gerade passt. Ich bin auch für jegliche Vorschläge bereit - also immer unter den Parts in den Kommentaren was da lassen.