Das bedeutet Krieg

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POV Basti

„Verpiss dich, du Arsch!" Das war meine Freundin Stefanie, die mir gerade ein Kissen ins Gesicht warf. Warum, weiß ich selber nicht mehr. Aber wasauchimmer ich gemacht haben sollte - es muss das Fass zum überlaufen gebracht haben, weil sie es ein Jahr lang mit mir ausgehalten hatte und sich bis jetzt noch nie wirklich beschwert hatte.

„Ich weiß doch gar nicht, was ich gemacht habe!" Sie warf mir einen ungläubigen Blick zu, bevor sie aufstand und schnellen Schrittes auf mich zukam.

„Du! Du bist doch viel zu verkokst um irgendetwas mitzukriegen! Ich weiß echt nicht, was ich überhaupt an dir gesehen hab. Du bist dermaßen unfreundlich und schlecht gelaunt. Dann kommt noch deine abfällige Art mit Leuten zu reden hinzu. Und deine Scheissfreunde! Das sind doch alles drogenabhängige Arschlöcher! Allesamt Wichser."

„Jetzt hör mal auf! Das sind meine Freunde, MEINE! Mit denen musst du doch nichts zu tun haben. Was das andere betrifft: so war ich immer schon, und das wusstest du schon bevor du dich mit mir eingelassen hast – mach dir da nichts vor. Verfickte Scheisse, ich kann doch nichts dafür!" Sie starrte mich nur an und ich sah schon, wie die Wut sich weiterbahnte, wie böser und böser sie wurde. Und plötzlich kam es mir: an Weihnachten (vor kurzem) waren wir bei ihren Eltern eingeladen. Sie hatte mir vorher einen Crashkurs gegeben, wie ich vor allem mit ihrem Vater umgehen sollte, da sie aus einem reichen Haushalt kam, wie ihre Mutter – die Vegetarierin ist und dies jedem unter die Nase rieb – auf Leute wie mich reagierte. Quasi, was ich machen sollte, ohne irgendeine Aufregung zu erregen. Eine Woche lang hatte dieser „Crashkurs" gedauert. Plötzlich kam es mir: ich verpatzte es während des Abendessens: ihr Vater hatte mich gerade gefragt, was ich denn so mache und ich kam meiner Freundin zuvor und sagte ihm die Wahrheit – ich sei Rapper und glücklich damit. Er schaute mich erst abfällig an, bis seine Frau mich fragte, ob es sich damit gut leben ließ. Ich sagte ja, vor allem weil ich mir genug Kokain leisten konnte (was ja nicht gelogen war). Und dann rastete er aus. Er schlug mit der Faust auf den Tisch, was für ein nutzloses Arschloch ich sei, warum Stefanie sich so einen Loser aussuchte und dass ich nie wieder sein Haus betreten solle. Ich machte alles noch schlimmer, als ich antwortete, dass ich eh nie wieder in sein Haus wollte und nicht mit solchen Kravattenträgern zu tun haben wollte. Ihr Vater stand auf, packte mich wortwörtlich am Kragen und schmiss mich raus – alles natürlich während Stefanie weinte und schrie. Und jetzt stand ich hier, in ihrem Schlafzimmer, wo sie mir alles mögliche entgegen warf.

„Stefanie, das konnte ich doch nicht wissen, dass dein Vater so reagieren wird!"

„Doch, konntest du! Ich hab dir doch gesagt, dass er konservativ ist und so Typen wie dich verachtet."

„So Typen wie mich? SO TYPEN WIE MICH??" Jetzt schrie ich sie an.

„JA! Du bist so ungehobelt, kannst dich nicht einmal gut benehmen! Es kotzt mich an."

„Ok, wenn auch du das von mir denkst dann gehe ich eben. Braucht mich eh keiner hier." Sie sagte gar nichts, also drehte ich mich um und ging. Ich wusste nicht wo ich hingehen sollte. In meiner Wohnung würde ich nur deprimiert sein. Also nahm ich die U-Bahn zu Lukas' Wohnung. Tim öffnete die Wohnungstür.

„Hä? Was machst du denn hier?", fragte er mich.

„Das geht dich einen Scheissdreck an! Ich könnte dich das gleiche fragen." Er sagte nichts.

„Lukas da?", fragte ich nur. Er nickte und ließ mich rein.

„Schatz? Wer ist es denn?" Tim öffnete den Mund doch ich kam ihm zuvor und drängte mich an ihm vorbei.

„Wie Schatz? Was geht hier vor?" Ich war so wütend, dass ich viel schlimmer auf die mir bevorstehende Situation reagierte, als ich an jedem anderen Tag reagieren würde.

„Ähh....Oh Basti, was...ähhh...was machst du....also..."

„Wurde rausgeschmissen. Fickt ihr beide oder was?" Lukas schaute mich mit großen Augen an, Tim biss sich auf die Unterlippe und starrte nach unten.

„Nein, also...du kommst jetzt etwas ungelegen." Ich starrte ihn ungläubig an und folgte ihm, als Lukas ging in die Küche und sich hin setzte, den Kopf in den Händen vergraben. Tim lehnte sich an die Küchentheke und zündete sich eine Zigarette an.

„Ja", kam es von unter Lukas' verstecktem Kopf.

„Was ja?", fauchte ich ihn an.

„Ja, wir sind in einer Beziehung. Seit drei Monaten." Eine Tasse fiel klirrend zu Boden – Tim schaute erschrocken drein und bückte sich, um die Scherben aufzuheben.

„Wie jetzt?" Ich schaute beide ungläubig an.

„Basti, wir sind uns vor einiger Zeit näher gekommen und ja, da waren halt immer schon...Gefühle da", erklärte mir Tim.

„Wie jetzt, ihr seid beide auf einmal schwul geworden? Einfach so?" Lukas scharrte mit dem Fuß auf dem Boden rum.

„Nein, nicht einfach so. Das war bei uns beiden immer schon so, also Tim ist bi, ich nicht..." Ich starrte abwechselnd Lukas und Tim an. Beiden war das Ganze sichtlich unangenehm. Und ich konnte eh noch nie wirklich einfühlsam sein, deshalb wollte ich jetzt gehen, bevor ich auch noch meine Freunde verkraulte.

„Dann geh ich jetzt." Ich stand auf.

„Basti...bitte." Lukas schaute völlig fertig aus. Ich hielt inne – vielleicht sollte ich einfach bleiben, mit den beiden reden. Ging mich deren Sexlife eigentlich etwas an? Würde es uns als Band in irgendeiner Weise beeinflussen? Ich schüttelte den Kopf und ging an Lukas' Kühlschrank, mich an seinem Bier bedienend. Dann setzte ich mich wieder hin und klopfte mit den Fingern ungeduldig auf den Tisch.

„Da muss ja jetzt kein großes Trarah drüber gemacht werden. Euer...Sexleben geht niemanden was an. Auch wenn ich das alles hier" - ich wedelte mit Hand durch die Luft - „nicht machen würde und es mir nicht wirklich gefällt, ist das kein Problem. Also, ich will nicht daran denken, was für Sachen ihr macht, aber es ist mir egal. Dass ihr fickt." Lukas schaute mich sichtlich erstaunt an und Tim stellte sich hinter ihn, eine Hand auf seine Schulter legend und ihm einen Kuss auf die Wange gebend.

„Ja, das reicht jetzt! Man sieht sich." Ich stand auf und verließ die Wohnung, nicht ohne mir ein weiteres Bier aus dem Kühlschrank holend, und ließ die beiden perplex zurück. Dann ging ich nachhause, begrüßte meinen Hund und fläzte mich vor den Fernseher. Ich öffnete das Bier und nahm einen großen Schluck. Anscheinend war ich ja jetzt Single und auch der einzige in der Trailerparkfamilie, der keine Freundin, beziehungsweise keinen Freund hatte. Auch nicht schlecht.



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