Ich muss gar nichts

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POV Timi

Ich saß in meinem Zimmer, hörte laut Musik und baute einen Joint. Mir war alles so egal. Scheissschule, Scheisseltern, Scheissleben. Ich war gerade mal 16 Jahre alt, und das Leben kotzte mich so richtig an. Mein Stiefvater nervte wie Sau – auch wenn er nie gemein zu mir war, war ich von seiner fürsorglichen Art genervt. Er würde nie mein Vater werden, das musste er akzeptieren. Meine Mutter verstand nicht, warum ich so wütend die ganze Zeit war, und meine Brüder hielten sich eh die meiste Zeit von mir fern, was an dem relativ großen Altersunterschied und unseren gegensätzlichen Lebenstilen lag. Ich konnte es mir nicht erklären, warum ich so sauer war. Vielleicht weil das Mädchen, das ich liebte – oder dachte, ich würde sie lieben – auf jemand anders stand und diesem Typen hinterherrannte. Sie hatte mir heute ins Gesicht gesagt, dass sie nie was mit Typen wie mir anfangen würde. Dann war sie gegangen und hatte mit ihren Freundinnen getuschelt, die dann zu mir rübersahen und lachten. Ein Klopfen an der Tür.

„Tim? Was machst du denn? Solltest du nicht lernen? Du hast doch morgen eine Prüfung! Und was riecht hier überhaupt so komisch?", fragte meine Mutter.

„Mann, geh weg! Ich werde nie im Leben Algebra brauchen!"

„Das sagst du jetzt. Komm, Schatz, du musst wirklich mal was für die Schule machen. Sonst wirst du nie dein Abi schaffen." Jetzt wurde ich aggressiv.

„Will ich doch auch gar nicht! Ich werd Rapper, dann muss ich gar nichts ausser schlafen, trinken, atmen und ficken!" Meine Mutter schaute mich geschockt an. Ups, das war wohl etwas zu viel. Sie kam auf mich zu und gab mir eine Ohrfeige.

„Au! Verdammte..."

„Ich hab dir so viel gegeben, Tim! Wieso musst du mir so wehtun? Ich versuch dir so viel wie möglich zu helfen, ich lass dich kiffen und auf Partys gehen und was krieg ich zurück? Gar nichts! Ich will, dass du morgen hier ausgezogen bist, sonst...sonst..."

„Sonst was? Wirst du mich selbst rauswerfen? Deinen eigenen Sohn?" provozierte ich sie weiter. Sie sagte gar nichts mehr, sondern schaute mich nur traurig an, bevor sie sich umdrehte und meine Tür schloss. Sie schloss die Tür noch nicht mal mit einem Knall sondern leise. Dadurch wusste ich, dass ich sie wirklich verletzt hatte. Doch ich war zu stolz dafür, als dass ich aus meinem Zimmer hervorkroch.

„Scheisse", murmelte ich zu mir selber und zündete den Joint an, bevor ich die Flasche Vodka, die ich meinen Eltern geklaut hatte, unter meinem Bett hervorholte und an meinen Mund setzte. Am nächsten Tag würde ich mich bei Marcel einquartieren.



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