Steck deine Hand in meine Tasche, Teil 2

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POV Timi

Basti und ich standen vor Lukas' Wohnung und warteten darauf, dass er nach unserem zig-Tausenden Klingeln mal aufmachte.

„Meinst du, er hat das Meeting vergessen?", fragte ich Basti.

„Wehe, sonst hau ich ihm eins in die Fresse!"

„Ähh...ja?" tönte es aus der Sprechanlage.

„Hey, Arschloch, wir warten hier schon seit Ewigkeiten, mach mal auf!", kam es aggressiv von Basti, ich rollte die Augen und drückte die Tür auf. Bei Lukas angekommen, kam er gleich an die Tür, mit verwuschelten Haaren und knallrot im Gesicht.

„Goldkehlchen! Hast du unser Meeting vergessen, oder was ist los?" Basti schlug ihm auf die Schulter, woraufhin Lukas zusammenzuckte.

„Nee, also eigentlich hatte ich gerade jemanden...also sie ist..."

„Sie? Ist sie noch da? Hat da jemand aus den Bettpfosten Zahnstocher gemacht, oder wie?", fragte ich Lukas grinsend.

„Nein, eher der Parkettboden unterm Sofa wurde zerkratzt..." Ich lachte laut auf. Lukas Ehrlichkeit wurde ihm manchmal zum Verhängnis. Wir setzten uns in die Küche und wollten gerade mit dem Meeting anfangen, als ein blondes Mädchen in einer weißen Bluse und einer gestreiften Shorts hereinkam. Sie hatte ein paar Tätowierungen und trug eine Brille. Sie gefiel mir sehr.

„Hi..." sagte sie schüchtern.

„Aha", meinte Basti nur und musterte das Mädchen.

„Das...das ist Emma, sie hat mich grade..."

„...flachgelegt?" ergänzte ich. Das Mädchen fummelte nervös an ihrem Hemd.

„Nein! Interviewed. Für...so ein Musikding."

„Hi Emma, ich bin Basti, und das ist..."

„Timmääh!" Sie schüttelte unsere Hände und meinte:

„Ich will euch nicht weiter stören, ich geh dann mal, ok, Lukas?"

„Nein, nein bleib doch noch! Das hier dauert nicht lange", versuchte Lukas sie zu beschwichtigen.

„Ich wollte eh grad eine rauchen. Gehen wir auf den Balkon?" fragte ich sie und sie nickte.

Wir setzten uns schweigend hin, ich zündete mir eine Zigarrette an und hielt ihr die Packung hin, doch sie winkte ab.

„Ich rauch nicht, danke." Ich verzog die Mundwinkel.

„Und was machst du in Berlin so?" versuchte ich das Eis zu brechen. Sie erzählte mir von dem Interview, dass sie eigentlich aus München komme und vor kure]yem mit der Uni fertig wurde.

„Ich hab vor sechs Monaten meinen Master fertig gemacht und hab dann diesen Medienjob angenommen."

„Master? Soso, dann bist du ziemlich schlau", bemerkte ich und sie lachte.

„Naja, kommt drauf an. Ich hab den in Soziologie gemacht, also nicht gerade in etwas...super-akademischen."

„Ist doch alles akademisch in der Uni. Worüber ging's in deiner These?" Ich zog an meiner Zigarrette.

„Oh, über Drogen." Sie grinste mich an.

„Dann weißt du wahrscheinlich sehr viel über diese wundervollen Substanzen?"

„Ja, aber halt eher über die negativen Effekte..."

„Ah ja. Dann passt du ja super mit Lukas zusammen. Er ist auch so....konservativ." Sie lachte wieder.

„Findest du mich wirklich so konservativ?"

„Von den Tätowierungen her nicht, aber ansonsten..."

„Ich hör eure Musik sehr gerne", platzte es aus ihr raus, bevor sie rot wurde. Ich hob die Augenbrauen.

„Aha! Dann nehm ich das mit dem konservativ zurück." Sie fummelte wieder an ihren Klamotten rum und schaute auf den Boden.

„Bist du nervös?"

„Naja, mir ist das alles jetzt ein bisschen peinlich. Also...ich mag eure Musik wirklich sehr gerne. Ich fand dein Soloalbum super."

„Welcher Song gefällt dir denn am besten?" Warum drängte ich sie so in eine Ecke?

„OK und Hunderttausend Meilen", sie lächelte mich wieder. Das Mädchen gefiel mir immer besser.

„Du nimmst also keine Drogen, hörst aber gerne Musik, in der es über Drogen geht und bist Fan einer frauenfeindlichen, abgefuckten Band, obwohl du Soziologie studiert hast?" fasste ich zusammen.

„Ja, so in etwa. Ich gehöre zu den hochbegabten Schulabbrechern, die eure Musik hören, nur ohne die Schule abgebrochen zu haben." Sie zwinkerte mir zu und ich musste lachen.

„Ahja, so eine!" Sie zuckte die Schultern.

„Ich hab euch das erste Mal beim Spack! Festival 2013 gesehen und fand euch erstmal richtig scheisse, doch irgendwie hab ich mich dann an die Texte gewöhnt und belästige nun jeden in meinem Freundeskreis mit eurer Musik." Ich lachte laut auf und schaute sie dann an. Sie war echt hübsch. Warum kriegte Lukas immer die richtig hübschen und netten Mädels? Sie schien mir so ähnlich, abgesehen des Drogenkonsums. Vielleicht könnte ich es ja trotzdem mit ihr probieren, so alle Regeln einer Freundschaft ignorierend? Ich war noch weiter in meinen Gedanken, als Basti sich zu uns gesellte.

„Ok, du Junkie, bin fertig. Können wir?"

„Ja, klar...äh...ich geb dir mal meine Nummer, falls du mal in Bielefeld vorbeischaust und...einen Tourguide brauchst oder so." Ich nahm Emma's Handy entgegen und tippte meine Nummer rein. Sie schien ziemlich erstaunt, sagte jedoch nichts. Dann verabschiedeten wir uns und ich folgte Basti raus.

„Was war das denn jetzt? Willst du Lukas' Mädel klarmachen?" Ich zuckte die Schultern und tat so, als würde ich mich konzentrieren müssen.

„Weitkamp, du Hund!" Basti boxte mir in die Schulter.

„Au, du Arsch! Ich weiß ja nicht mal, ob sie überhaupt nach Bielefeld kommen wird." Wir gingen schweigend zu Basti's Bonzenauto und fuhren zu ihm nachhause.



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