Uns gehört die Nacht, Teil 1

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POV Timi
Ich hatte immer schon viel getrunken und viel gekifft, ungefähr seitdem ich dreizehn war, verging kein Tag an dem ich nicht mindestens einen Joint rauchte oder ein Bier trank. Es gehörte zu mir, es war schon fast zu meinem Markenzeichen geworden, abgesehen meines Lispelns, und der Einzige, der ein Problem damit hatte war mein Arzt. Somit passte ich gut in meine Gruppe von Freunden, und das sollte sich auch nicht ändern. Ja, die Jungs von Trailerpark waren bekannt dafür, dass wir viel soffen, dass wir viele Drogen nahmen und dass es uns vollkommen schnurz war, was Andere von uns dachten. Deshalb feierten wir auch Lukas' fünfundzwanzigsten Geburstag so hart, wie man es nur von uns kannte. Basti hatte einen Pubcrawl organisiert, bei dem mindestens zehn Bars in Berlin unsicher gemacht werden sollten und keiner nicht stockbesoffen nachhause kommen würde, wenn wir es überhaupt nachhause schaffen würden. Das war die eine Regel. Die andere Regel war, dass wir in mindestens fünf Bars Hausverbot erteilt bekommen mussten – und dafür würde Basti allein locker sorgen können. Deshalb kam natürlich ein gescheites Vorglühen bei ihm zuhause infrage, was für manche von uns ein paar Nasen Koks bedeuten würde, und für andere flaschenweise Vodka, wie es eben unsere Fans von uns gewohnt waren. Was die meisten unserer Fans vermutlich nicht wussten, war, dass ich schon seit Langem Gefühle für Lukas entwickelt hatte. Eigentlich hatte ich mich an dem Tag, an dem wir uns kennenlernten, in ihn verliebt. Und das war nun schon vier Jahre her. Vier unglaublich lange Jahre, in denen ich es insgesamt vier Mal versucht hatte, ihm zu sagen: jedes Jahr gab es einmal den Moment, an welchem Lukas erfahren würde, dass sein bester Freund sich in ihn verliebt hatte, sei es an seinem Geburtstag, nach einem erfolgreichen Konzert, wenn wir uns ein Bett teilten oder, wenn wir drauf waren. Vier lange Jahre, während welchen es immer einen Abend gab, an welchem ich mich einmal nicht abschießen wollte und es ihm sagen wollte. Vier Jahre, wo ich jedes Mal zu schüchtern war und mich am Ende doch hemmungslos besoff und Teile oder Sonstiges einwarf, nur damit ich es nicht machen musste. Vier Jahre, in denen Lukas uns immer wieder ein neues Mädchen vorstellte, welches er gerade flachlegte – mal für länger, mal nur für eine Nacht – doch es war wie eine Tradition für ihn geworden, dass er uns seine neueste Flamme vorstellen würde. Vielleicht wollte er unsere Meinung zu ihr, oder er wollte mit ihr angeben, oder er dachte sich einfach nichts dabei. Ich wusste es nicht. Und den anderen Jungs schien es auch nicht aufzufallen – wie denn auch? Keine wusste, dass ich schwul war, und es wussste vor allem keiner, dass ich auf Lukas stand. Und dann kam sein fünfundzwanzigster Geburstag um die Ecke.

22 Uhr, bei Lukas zuhause

„Ey, Luki, mach doch endlich mal den Jägermeister auf! Der vergammelt doch sonst nur bei dir im Kühlschrank!", schrie Basti lauthals, und mir kam es so vor, als würde die Hälfte des Hauses ihren Mietvertrag kündigen wollen, wenn das hier so weiterging. Grinsend beobachtete ich Lukas, wie er leicht torkelnd aufstand und Bastis Befehl wortlos nachkam, indem er wenig später mit fünf Gläsern und der Flasche zu uns auf den Balkon stolperte. Ihn weiterhin beobachtend, zog ich an meiner Zigarette und wendete meinen Blick nicht ab, während er versuchte, die Gläser zu füllen, ohne etwas zu verschütten, und dabei natürlich kläglich versagte. Sudden vor allem kriegte sich nicht mehr ein – je mehr Lukas verschüttete, desto hysterischer lachte er, bis Basti ihm genervt die Flasche entnahm und unsere Gläser selber füllte.
„Meine Güte, Strobel! Hast du wirklich schon so viel intus?"
„Nee, aber...aber irgendwie...schon."
„Ha!", lachte Sudden, wuschelte Lukas durch die Haare und brach wieder in hysterisches Gelächter aus, während Vortex ihn nur amüsiert musterte und ich mich in meinen Gedanken verlor. Lukas war so wunderschön. Jedes Mal, wenn ich ihn ausnahmsweise einmal ungestört betrachten konnte, verlor ich mich in seinen schönen Augen, seiner wunderbaren Stimme, seinem Körper, den ich jedoch immer nur auf der Bühne und wenn wir mal aus Spaß miteinander kuschelten, anfassen durfte. Sein schöner Körper...ich hatte Lukas ja schon öfters oben ohne gesehen, ja sogar auch ein paar Mal nackt, und es war mir immer unglaublich schwergefallen, nichts zu tun, einfach nur dazustehen, ihn nicht anfassen oder küssen zu können. Ehrlich gesagt, war ich mir gar nicht sicher, was schlimmer war: dass ich Lukas nicht küssen konnte, oder dass wir uns so oft nur aus Spaß anfassten.

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