Irgendwo anders

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POV Lukas

„Bist du bereit?" Nein. Sie saß auf mir. Ich würde jetzt mein erstes Mal erleben. Das wollte ich doch immer. Warum war ich dann jetzt nicht bereit? Was hielt mich davon ab, es endlich zu tun? Mein Herz fing an zu klopfen. Ich war 15 Jahre alt – das ist DAS Alter, um seine Jungfräuligkeit loszuwerden. Was hielt mich dann davon ab, mit meiner Freundin zu schlafen? Wir waren seit drei Monaten zusammen, sie war keine Jungfrau mehr und meinte deshalb, es sei nun an der Zeit, mich in den Club der Erwachsenen zu holen. Doch irgendwie fühlte es sich nicht richtig an. Ich konnte es mir nicht erklären, aus irgendeinem Grund dachte ich an meinen Freund Tim. Er war zwar ein paar Jahre älter als ich, schien jedoch kein Problem damit zu haben, mit mir abzuhängen. Vielleicht lag es an der gemeinsamen Liebe an der Musik, an Rap. Ich fühlte mich hier nicht wohl – ich wäre jetzt lieber bei ihm, ein paar Bierchen trinken, etwas Musik machen, bisschen kiffen.

„Lukas?" Sie schaute mich ungedulig an. Die Situation war nicht gerade ideal, um mir jetzt Gedanken zu machen: wir waren beide nackt, sie hielt ein Kondom in der Hand und bei mir lief unten gar nichts. Wir hatten das hier doch geplant: für einen Abend, an dem meine Eltern ausnahmsweise nicht zuhause sein würden. Und das war heute.

„Hey! Was ist denn los? Willst du jetzt oder nicht?", riss sie mich aus meinen Gedanken. Ich musste mich jetzt entscheiden.

„Hör mal, ich fühl mich irgendwie...nicht so gut. Können wir das nicht verschieben?"

„Wie jetzt? Das war doch geplant! Willst du jetzt echt...den Schwanz einziehen?" Sie lachte und ich zuckte leicht gekränkt die Schultern. Sie stieg von mir runter und zog sich an.

„Ich dachte, du wärst erwachsener, Lukas." Dann ging sie. Ich fuhr mir durch die Haare, bevor ich eine SMS an Tim schrieb, ob ich bei ihm vorbeikommen könne. Er schrieb sofort zurück, meinte, ja, natürlich. Wenig später kam ich bei ihm an.

„Hey, was geht? Wolltest du nicht heute...?" begrüßte mich Tim.

„Ja, schon, aber irgendwie...ging nicht'..." Er lachte.

„Hast du keinen hochbekommen, oder was??" Ich wurde rot und er schlug mir auf die Schulter.

„Macht doch nichts. Komm rein. Ich hab Gras von einem neuen Dealer."

„Hast du auch Bier?"

„Klar." Wir setzten uns hin und Tim zeigte mir ein paar Sachen seiner Band Pimpulsiv, die mir sehr gefielen. Wenig später musste ich einfach mit ihm darüber reden.

„Tim...um ehrlich zu sein...konnte ich einfach nicht mit ihr." Er schaute mich fragend an. Ich spielte mit den Kordeln an meinem Pullover rum.

„Was war los?" Ich schaute ihn an. Konnte ich ihm vertrauen? Seine braunen Augen schauten direkt in meine. Ich biss mir auf die Lippe.

„Auch wenn das jetzt superschwul und mädchenhaft klingt, will ich, dass du weißt, dass du mir alles sagen kannst." Tim schaute mich immernoch an. Eine Minute lang wartete ich, baute mir den nächsten Satz im Kopf zusammen.

„Ich glaub...nicht, dass ich auf Mädchen steh." Es war, als würde alles um uns stoppen. Tim öffnete seinen Mund und schloss ihn wieder. Hätte er sich das nicht denken können? Ich nahm einen großen Schluck von meinem Bier. Nach ein paar Minuten sagte er dann endlich was.

„Das ist kein Problem für mich." Er stand auf und ging in die Küche. Ich blieb auf dem Sofa zurück und fühlte mich irgendwie schlechter als zuvor. Wieso hatte ich ihm das gesagt? Auch wenn er ziemlich erwachsen mit der ganzen Sache umging, konnte ich seine wahre Meinung dazu nicht einschätzen.

„Fuck."

„Hast du was gesagt?", er kam wieder ins Wohnzimmer, aber diesmal mit einer Flasche Tequila und zwei Gläsern. Ich schüttelte den Kopf.

„Du trinkst jetzt erst mal was hiervon, und dann sehen wir weiter." Er ging mit dem Ganzen sehr locker um, was mich erstaunte. Ein paar Stunden später waren wir ganz schon angeheitert und meine Depression hatte sich wieder gelegt. Tim rückte näher und legte seine Hand auf meine, ehe sich unsere Finger verhakten. Ich öffnete den Mund und wollte gerade etwas sagen, doch er kam mir zuvor.

„Bilde dir jetzt nichts darauf ein. Ich steh nicht darauf, in den Arsch gefickt zu werden. Aber ich will für dich da sein." Ich nickte.

„Und davon erfährt niemand, ist das klar?"

„Klar."



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