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Verdattert versuchte Naira das unausweichliche abzuwenden. Er hatte das alles falsch verstanden!
»Nein ich... Ich wollte ja aber...« Schnell drehte sie sich wieder zu den Soldaten, die sie jetzt unsanft an den Armen packten. Thranduil war an der Tür zum Speisesaal stehengeblieben. Mit einem abwertenden Schnauben drehte er sich ein letztes Mal zu Naira um.
»Ihr wolltet also? ABER WAS?!« Er zügelte seine Wut nicht mehr. Sie war der Grund, warum es ihm jahrelang schlecht gegangen war und jetzt erfuhr er, dass das alles umsonst gewesen war? Er ignorierte, dass Naira zusammenzuckte und anfing zu zittern. Sie musste die Konsequenzen für ihr Handeln tragen!
»Meine Briefe kamen immer bei euch an! Ihr habt sie aber nie beantwortet! Ich wurde damals von der wichtigsten Elbin in meinem Leben getrennt. Euch scheint eure Familie wichtig zu sein. Jetzt könnt ihr genauso leiden, wie ich es getan habe! Wir werden sehen, wie es euch ergeht.« Zufrieden nahm Thranduil wahr, wie Naira Tränen über die Wangen liefen. Jetzt musste sie den Schmerz ertragen, den er damals gefühlt hatte.

Briefe? Naira hatte keinerlei Briefe erhalten. Wovon sprach er da bitte? Wie konnte Thranduil sich so sicher sein, dass die Briefe angekommen waren?
Sie hatte Angst, große Angst und die wütenden Worte von Thranduil sorgten dafür, dass sie nur noch mehr Angst bekam.
»I..ich... Briefe?! B...bitte tut das nicht!« Flehend sah sie Thranduil an, der sie immer noch kühl ansah. Wie hatte er diese jämmerliche Elbin vermissen können. Er war ein König und sie kroch schluchzend und flehend vor ihm im Dreck. Genau da gehörte sie hin! Immerhin wusste er jetzt, woran er bei ihr war.

»Ich habe zahllose Briefe geschrieben!« Ein letztes Mal ließ er seinen Blick über die blonde Elbin wandern, bevor er sich umdrehte und mit eleganten Schritten aus dem Saal verschwand. Das letzte, was Naira von ihm sah war sein wehender Umhang, als er um die Ecke verschwand. Er ließ sie leise schluchzend zurück. Sie hatte das alles nie gewollt und jetzt musste sie für ihre Unwissenheit büßen. Ihre Eltern hatten immer Recht gehabt. Er war ein grausamer König, der immer nur sein eigenes Wohl im Sinn hatte. Sie wollte sich gar nicht ausmalen, was jetzt mit ihr geschehen würde.

Unsanft zerrten die Soldaten sie durch die Gänge des Schlosses, ohne dabei Rücksicht auf Naira zu nehmen. Hätten die beiden sie nicht festgehalten, dann wäre sie sicher das ein oder andere Mal gestrauchelt und hingefallen.
Mit schnellen Schritten ging es über die hölzernen Stege im Inneren des Schlosses, immer tiefer und tiefer, bis sie schließlich am tiefsten Punkt des Schlosses angelangt waren. Da, wo sich kein Elb freiwillig hinbegab.
Die steinernen Wände waren immer nass und kalt. Naira folgte mit ihrem Blick einem Wassertropfen, der langsam über die Wand zu ihrer rechten lief und dann am Boden in all seine Einzelteile zerschellte. Hier würde es also zu Ende gehen? Im nasskalten Gefängnis des Düsterwaldes.
Ohne auf Naira Rücksicht zu nehmen warfen die Soldaten sie wortlos in eine Zelle und sperrten diese ab. Sie hatten auf dem ganzen Weg kein Wort mit Naira gewechselt. Immerhin führten sie den Befehl des Königs aus und auch, wenn sie seine Entscheidungen für falsch hielten, würden sie niemals etwas gegen den König sagen. Damit würden sie nur das Risiko eingehen selber dort zu landen, wo Naira jetzt war.

Hoffnungslos ließ Naira sich auf den Boden der Zelle sinken. Wieso war sie hier? Sie hatte nie etwas Falsches getan. Sie hatte damals nur wegen ihrer Eltern den Düsterwald verlassen. Thranduils Vater und Nairas Vater hatten sich wegen einer Kleinigkeit gestritten und daraufhin hatte Naira mit ihrer Familie den Düsterwald verlassen müssen. Es war nie ihre Schuld gewesen!
Noch immer liefen ihr die Tränen über die Wange, während sie sich in der engen Zelle umsah. Das war also jetzt ihr Leben. Vermutlich würde sie hier in dieser Zelle elendig sterben, ohne Sonnenlicht und mit dem Wissen, dass Thranduil sie hasste. Ihr ehemaliger bester Freund hasste sie für etwas, was nicht ihre Schuld war. Thranduil würde ihr sicher keine Chance geben sich zu erklären. Er hatte sich schon entschieden, was Naira in seinen Augen getan hatte und wie sie dafür bestraft wurde.
All die grausamen Taten, von denen sie gelesen hatte, blitzten vor ihrem inneren Auge auf. Würde er sie auch so behandeln? Sie foltern und hinrichten, wie er es bei zahllosen Anderen getan hatte, die nichts für ihr Schicksal konnten?

Thranduil || Flammendes Herz √Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt