Suchend sah sie sich im Stall um, außer den vergoldeten Haken an den hellen Boxentüren und dem ein oder anderen Berg Heu am Boden konnte sie allerdings nichts erkennen. Dann musste sie wohl irgendwie auf eine Boxentür klettern und von da ab...
Ein dumpfes Geräusch sorgte dafür, dass sie sich wieder zu Estel drehte. Der Hirsch war vor ihr in die Knie gegangen und schnaubte leise.
Naira konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Das war unglaublich. Geduldig wartete das Tier, bis sich Naira in den Sattel gesetzt hatte. Erst dann stand er auf und lief langsam im Zockelschritt aus dem Stall hinaus in Richtung Tor.Ein junger Soldat sah die beiden mit offenem Mund an. Bezüglich des Hirschs hatten sie klare Anweisungen. Keiner sollte sich allein der Box nähern, geschweige denn ihn reiten. Er hatte schon den ein oder anderen Soldaten schwer verletzt.
»Ihr solltet den Hirsch nicht...« Er verstummte, bevor er den Satz ganz ausgesprochen hatte. Das Tier schien keine Anstalten machen, die Reiterin abwerfen zu wollen. Statt sie also zu ermahnen, lief er zum Tor und öffnete dieses. Die Elbin war in letzter Zeit sehr oft mit dem König unterwegs gewesen. Das ging schon alles mit richtigen Dingen zu.
Naira musterte ihn mit einem abschätzenden Blick, während sie an ihm vorbeiritt. Vermutlich würde er sofort zu Thranduil laufen, um ihm Bericht zu erstatten. Sanft strich sie dem Hirsch durch das weiche Fell.»Schnell bevor sie auf die Idee kommen uns einzufangen.«
Das ließ sich Estel nicht zweimal sagen. Mit einem zufriedenen Schnauben fing er an loszutraben. Naira hörte, wie sich das Tor hinter ihr wieder schloss. Sie drehte sich allerdings nicht um. Sie würde früh genug wieder zurück sein, kein Grund jetzt zurückzuschauen. Außerdem wollte sie demjenigen, der ihr nachstarrte nicht den Erfolg gönnen. Sie konnte das Brennen deutlich in ihrem Nacken spüren aber selbst, als es sich in ein sanftes Kribbeln verwandelte wagte sie es nicht zurückzusehen. Er würde schon bemerken, dass sie früh genüg wieder zurückkam.
Thranduil sah ihr schweigend vom Fenster aus nach, bis sie mit Estel im Wald verschwunden war. Er hatte keinerlei Zweifel, dass sie bei ihm sicher war. Estel beschützte jeden, den er mochte mit seinem Leben. Und obwohl er seinem Hirsch mit seinem Leben vertraute blieb er trotzdem stundenlang dort am Fenster stehen und hoffte, dass die beiden unversehrt zurückkamen. Was, wenn doch etwas passiert war?
Erst kurz vor Sonnenuntergang tauchte zwischen den Bäumen eine Silhouette von einem Hirsch mit Reiterin auf. Beide waren schweißgebadet aber auf den ersten Blick schien es ihnen gut zu gehen. Im Hof sprang Naira von seinem Rücken und streichelte ihn ruhig am Hals. Sie hatte niemals gedacht, dass sie so weit mit Estel reiten konnte, bevor er zurück in den Düsterwald wollte. Sanft führte sie den Hirsch zurück in den Stall und versorgte ihn. Er hatte sie sicher durch den Düsterwald und noch viel weitergetragen. Er hatte dafür gesorgt, dass ihre Sorgen im Wind verflogen, als sie mit ihm über die weite Graslandschaft galoppiert war.
»Danke Estel...« Sanft strich sie ihm über die Nase, während sie ihre andere Hand in seinem Fell vergrub. Auch wenn sie es gegenüber Thranduil nie zugeben würde. Es war genau das, was sie jetzt im Moment gebraucht hatte. Auch, weil Thranduil ihr zumindest ein kleines bisschen an Vertrauen entgegengebracht hatte.
Langsam schlenderte Naira zurück in den Thronsaal. Ihre Haare waren durch den Wind ganz durcheinandergeraten und jede Elbin, die nicht ganz den Verstand verloren hatte, wäre niemals so zu Thranduil, dem König, gelaufen aber Naira war das egal. Sie sah auch keine Notwendigkeit darin sich ein anderes Kleid anzuziehen. Zumindest noch nicht. Thranduil hatte sie schon in einem anderen Zustand gesehen, dann würde er das auch aushalten können.
Der Elbenkönig hatte den Eingang des Thronsaals im Blick behalten, seitdem er gesehen hatte, wie Naira zurück ins Schloss geritten kam. Die Überlegungen, die er angestellt hatte, während sie weg war hatten ihm nicht wirklich zu einer Erkenntnis verholfen. Es prangte immer noch ein großes Fragezeichen über seinem Kopf, warum Naira noch hier bei ihm war. Er konnte sich ihr Verhalten nur damit erklären, dass sie ihm trotz allem noch die Chance gab, die sie ihm versprochen hatte und das obwohl er sie eigentlich nicht verdient hatte.
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Thranduil || Flammendes Herz √
Fanfiction𝘼𝙪𝙛 𝙣𝙚𝙪𝙚 𝘼𝙣𝙛ä𝙣𝙜𝙚 Die Freundschaft ist ein unzerbrechliches Band, das auf ewig währt. Zumindest dachte Thranduil das, bis seine beste Freundin mitten in der Nacht ohne Grund aus dem Schloss verschwand. Damals war er der Prinz des Düsterw...