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Erst der Laut der Fanfaren riss Naira unsanft aus dem Schlaf. Sie konnte die getrockneten Tränen vom Vortag noch an ihrer Wange spüren. Mit einem leisen Seufzen richtete sie sich auf und schlug die Bettdecke zurück. Sie hoffte einfach, dass Thranduil sie nicht noch einmal auf das Thema ansprechen würde, denn sie hatte keine Ahnung, wie sie darauf antworten sollte. Wenn sie ihm die Wahrheit sagen würde, dann würde sie vermutlich nur wieder in einer Zelle enden. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich endlich dazu überreden konnte, ihr Zimmer zu verlassen. Ihr knurrender Magen bestimmte das Ziel, wohin sie ihre Füße trugen.

Wie erwartet saßen im Speisesaal bereits alle um den Tisch herum. Naira hielt ihren Blick gesenkt, als sie eintrat. Wenn sie sich leise verhielt, dann würde bestimmt keiner bemerken, dass sie da war. Ihr Plan schien aufzugehen, kaum einer schien von ihr Notiz zu nehmen. Das war ein gutes Zeichen. Mit wenigen Schritten war sie am Tisch angekommen und hatte sich an diesen gesetzt. Alle um sie herum waren mit ihrem Frühstück beschäftigt. Einschließlich des Elbenkönigs. Die Elbin atmete erleichtert aus. Alles war beim Alten. Ihre Aussage vom Vorabend hatte nichts verändert.

»Wie gehe ich mit anderen Elben um? Erzählt mir die Geschichten und ich sage euch, was wahr ist und was nicht.« Auffordernd ließ Thranduil seinen Blick auf Naira liegen. Er hatte die ganze Nacht damit verbracht darüber nachzudenken von welchen Geschichten sie wohl sprach, welche seiner Leichen sie gefunden hatte. Es gab zu viele von ihnen aber er musste wissen, wie viel sie wusste.
Naira war in ihrer Bewegung eingefroren, als Thranduil sie angesprochen hatte. Die kleine Blase mit der Vorstellung, dass ihre Aussage keinerlei Auswirkung gehabt hatte, war zerplatzt.

Naira rieb sich die Augen, während sie versuchte eine Antwort zu formen, die nicht alles wieder in seine Einzelteile zerfallen ließ. Thranduil wollte es also wirklich wissen. Sie konnte jetzt nicht mehr zurück, also fasste sie all ihren Mut zusammen und sah dem Elbenkönig direkt in die Augen.
»Ich weiß, dass sie wahr sind Thranduil. Ich wollte es nicht glauben, aber sie haben mir immer mehr erzählt und ich habe immer mehr davon gelesen, also habe ich noch weiter nachgeforscht. Je mehr ich aber nachgeforscht habe, desto schrecklicher und grausamer wurde es!« Naira fühlte sich wie damals, als sie all das entdeckt hatte. Als sie sich eingestehen musste, dass ihre Eltern recht hatten. Ihre Atmung beschleunigte sich und sie konnte spüren, wie ihr Herz stark in ihrer Brust pochte.
»Ihr... ihr habt Frauen und Kinder töten lassen... Ihr habt eure eigene Frau hinrichten lassen!« Verzweifelt hielt sie Blickkontakt mit dem Elbenkönig. Thranduil weitete seine Augen erschrocken. Es war schlimmer, als er gedacht hatte. Sie wusste alles und sie hatte recht. Er hatte all diese Grausamkeiten zu verantworten.

Nairas Stimme zitterte, als sie weitersprach.

»Ihr habt Hilfe verwehrt. Es waren Tausende, die wegen euch gestorben sind«
Die letzten Worte hatte sie nur noch geflüstert. Bei mehr hätte vermutlich ihre Stimme versagt.
Thranduil saß sprachlos da. Er hatte keine Antwort auf ihre Anschuldigungen parat. Es stimmte alles und das wusste er. Das wussten alle in diesem Raum, die sich gerade stumm in ihre Stühle drückten und somit versuchten unsichtbar zu werden.
»Nicht ohne Grund... nie... nie ohne Grund.« Verzweifelt weitete er seine Augen, während er weiter den Blickkontakt mit Naira hielt. Wenn sie ihm nur zuhören würde, dann würde er ihr alles erklären.
»Kein Grund dieser Erde ist es wert Kinder und Hilfesuchende sterben zu lassen! Und jetzt... jetzt haltet ihr mich hier fest. Ich will gar nicht daran denken, aber ich werde genauso enden wie alle anderen, weil ich nicht genug bin.«

Ihre Atmung zitterte stark und die Tränen, die sich in ihren Augen gesammelt hatten lösten sich langsam und liefen über ihre Wange. Geschockt sah Thranduil Naira an. Sie weinte wieder wegen ihm. Bevor er seine Stimme wiedergefunden hatte war die Elbin aber schon Hals über Kopf aus dem Thronsaal gerannt. Er sah ihr einfach nur wortlos nach, während er die aufkeimende Wut unterdrückte. Langsam stützte er seinen Kopf auf seinen Händen ab und atmete einmal tief durch.

Thranduil || Flammendes Herz √Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt