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Beunruhigt musterte Thranduil seinen Sohn. Auch wenn er ihm nicht die ganze Wahrheit erzählte, merkte der Elbenkönig, wie schlecht es um Naira stand. Gerade wollte er dazu ansetzen zu fragen, wo sie war, als Legolas mit einem Kopfnicken auf eine helle Tür aus Birkenholz deutete. Auch wenn Lord Elrond ihm den Eintritt ins Zimmer verwehrt hatte, so würde er Thranduil doch sicher reinlassen. Immerhin war Naira seine feste Partnerin und das hatte sich mittlerweile wohl schon in ganz Mittelerde rumgesprochen.

Beinahe zu energisch klopfte Thranduil gegen die Tür. Wenn Lord Elrond auch ihm den Zutritt verweigerte, dann würde er die Tür eigenhändig aufbrechen. Niemand würde ihn von Naira fernhalten können, jetzt, wo sie schwer verletzt war. Er würde nicht zulassen, dass sie von ihm ging und wenn er dafür jede einzelne Bewegung in Nairas Umgebung beobachten musste, dann würde er das tun.

Lord Elrond war der erste Elb gewesen, der ihm eingefallen war. Sicher war die Beziehung zwischen ihm und Thranduil nie sonderlich gut gewesen, aber bei so was würde keiner der beiden die Hilfe verwehren. Sie hatten vor vielen Jahren ein Bündnis geschlossen und ab und an den jeweils anderen auf Feste eingeladen. Trotzdem war Thranduil immer klar gewesen, dass er Lord Elrond so vertrauen konnte wie Lord Elrond ihm.

Genaustens lauschte der Elbenkönig, wie im Zimmer eine Bettdecke raschelte, bevor sich Schritte der Tür näherten und sich der Schlüssel im Schloss drehte. Der braunhaarige Elb musterte Thranduil mit einer hochgezogenen Augenbraue, während er einen Schritt zur Seite trat und ihn ins Zimmer ließ.

»Ich nehme an ihr wollt zu der Dame? Lasst mich rufen, wenn sich ihr Zustand verschlechtern sollte.« Mit diesen Worten verschwand er aus dem Zimmer.

Vollkommen benommen stolperte Thranduil ins Zimmer. Er kam nicht mal dazu, sich über diese kurz angebundene Art von Lord Elrond zu wundern.

»Ich stehe in eurer Schuld! Vielen Dank!«

Sobald der braunhaarige Elb ihm die Tür geöffnet hatte, war sein Blick auf die Elbin im Bett gefallen. Ihre blonden Haare fielen offen über das Kissen und ihre Hautfarbe glich der weißen Bettwäsche. Thranduil verharrte geschockt in seiner Bewegung. Erst, als Legolas sich drängend räusperte kam wieder Leben in ihn. Er konnte spüren, wie das Blut auch aus seinem Gesicht wich. Was hatte sie nur getan? Sie sah aus wie tot. Nur das leichte Heben und senken ihrer Brust deutete darauf hin, dass sie überhaupt noch am Leben war.

»Naira...«

Langsam ging der Elbenkönig neben ihrem Bett in die Knie und wollte sanft über ihren Kopf streichen. An ihrer Stirn zuckte er jedoch zurück. Sie war eiskalt. Irgendwas stimmte hier nicht. Wieso sah sie so viel schlechter aus, als im Düsterwald? Aufmerksam beobachtete er die Elbin, bevor er langsam seine Hand zur Bettdecke gleiten ließ. Das leichte Zucken von Nairas Augenlidern hielt ihn davon ab. Sie wachte auf! Schnell griff er nach ihrer Hand, auch diese war eiskalt. Ein weiteres Mal zuckten ihre Augenlider.

»Hey... Zeit aufzuwachen...« Ein hoffnungsvolles Lächeln huschte über Thranduils Gesicht, als Naira langsam ihre Augen aufschlug. Es brauchte eine Weile, bis sie sich an die Helligkeit des Zimmers gewöhnt hatte. Wieso war hier alles so weiß und...

Langsam drehte sie ihren Kopf zu der Person, die neben ihr kniete.

»B...bist du mein Engel?« Es war ein kraftloses Flüstern, was über ihre Lippen kam. Warum hatte denn keiner etwas gegen ihre Schmerzen unternommen? Für einen kurzen Moment sah sie Thranduil scharf, bevor sich ihr Blick wieder vor Tränen verschleierte. Sie schaffte es nicht einen klaren Gedanken zu finden. Sie wollte wieder dahin zurück, wo sie gerade gewesen war. Immerhin hatte sie dort diese schrecklichen Schmerzen nicht ertragen müssen. Thranduils Stimme drang wie durch dicke Watte zu ihr. Sie konnte nicht verstehen, was er sagte und als sie den Mund öffnete um ihn nach Hilfe zu bitten kam nichts über ihre Lippen. Sie war gefangen in ihrem eigenen Körper. Thranduil deutete die Tränen komplett falsch und strich ihr nur noch mal sanft über die Haare.

Thranduil || Flammendes Herz √Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt