Am Schloss angekommen, staunten die diensthabenden Wachen nicht schlecht, als zwischen den Bäumen die Silhouette des Hirsches mit zwei Reitern auftauchte. Der Mond stand mittlerweile hoch am Himmel und beleuchtete die Brücke, über die Thranduil gerade ritt. Auch der Hirsch war erschöpft von dem langen Weg und blieb sofort stehen, als sie in der Mitte des Hofes angelangt waren. Thranduil atmete erleichtert auf. Naira schlief immer noch tief und fest in seinen Armen. Er hatte es geschafft, ihr durch diese Aktion zu zeigen, dass sie sich bei ihm sicher fühlen konnte und anscheinend wirkte es bereits. Stolz streckte er seinen Rücken durch und ließ seinen Blick über die Bediensteten im Hof wandern, die alle nur auf seinen Befehl warteten.
Die Soldaten auf der Mauer warfen sich gegenseitig verwirrte Blick zu, immerhin waren viele von ihnen dafür verantwortlich gewesen, dass Naira wieder in der Zelle gelandet war. Sie hatte dauerhaft Angst vor dem König gehabt und jetzt schlief sie auf einmal in seinen Armen? Keiner von ihnen konnte sich einen Reim darauf machen, was auf dem Weg passiert war.
Thranduils Blick lag beinahe durchgehend auf Naira. Er hatte es vermisst, sie so friedlich zu sehen. Es war fast so wie früher, wo sie ihm ihr Leben blind anvertraut hatte und er ihr seines. Mit einem leisen Seufzen lenkte er seinen Hirsch in Richtung der Stallungen und brachte ihn dort zum Stehen.
Sanft rüttelte er Naira am Arm, bevor er abstieg. Er hätte sie zwar auch ins Schloss tragen können, aber das kam ihm dann doch etwas zu viel vor. Er wollte das gerade gewonnene Vertrauen nicht direkt wieder zerstören. Naira blinzelte langsam und sah sich dann verwirrt im Stall um. Hatte sie den ganzen Weg verschlafen? Überrascht blieb ihr Blick an dem Elbenkönig hängen, der sanft über die Schnauze seines Reittiers strich.
»Ich muss wohl eingeschlafen sein. Verzeihung!« Vorsichtig blickte Naira den Elb an, allerdings schien es ihn nicht wirklich gestört zu haben. Für einen kurzen Moment war sie sich sogar sicher, dass seine Mundwinkel für einen kurzen Moment nach oben zuckten.
Auffordernd hielt er Naira eine Hand hin und sorgte somit dafür, dass sie es leichter hatte von dem großen Hirsch abzusteigen. Sie ergriff seine Hand sofort und sprang elegant vom Hirsch. Langsam liefen die beiden nebeneinander aus dem Stall und ins Schloss hinein. Keiner von beiden sagte während dieses Weges ein Wort. Sie genossen einfach nur die Ruhe und die Gegenwart des anderen. Als sie vor Nairas Zimmertür angekommen waren blieben die beiden stehen.»Bis morgen früh und... noch mal danke!« Ein friedliches Lächeln stahl sich auf die Lippen des Elbenkönigs und brachte Naira dazu ebenfalls zu lächeln.
»Gute Nacht Naira. Es freut mich, dass du hierbleibst.« Sie hatte ihre Tür zwar schon geschlossen, aber trotzdem hatte sie die letzte Hälfte seines Satzes noch gehört. Sie war auch froh, dass sie im Düsterwald bleiben konnten. Nach allem, was in der Vergangenheit passiert war...Als am nächsten Morgen die Sonnenstrahlen an Nairas Nasenspitze kitzelten, wachte die Elbin auf. Es war die erste Nacht hier im Düsterwald in der sie komplett durchgeschlafen hatte. Sie hatte sich keine Sorgen um ihre Eltern machen müssen oder darüber, ob Thranduil sie morgen wieder in die kalte modernde Zelle warf. Zufrieden richtete sie sich auf und ließ sich genügend Zeit, bevor sie langsam in Richtung Speisesaal schlenderte. Die Farben in denen sie das Schloss damals gesehen hatte kamen langsam zurück und machten den Gedanken mehr als erträglich hier zu bleiben. Wenn sie es recht bedachte, dann ging es ihr hier doch wirklich gut. Thranduil hatte ihr bewiesen, dass er sich um sie sorgte und auch wenn ein kleiner Rest in ihr weiterhin misstrauisch war, war sie seit Langem endlich mal wieder glücklich.
Ihren Eltern ging es gut und eigentlich war sie ganz froh darüber, dass sie sich nicht dauerhaft mit den grausamen Geschichten über Thranduil auseinandersetzen musste. Vor allem war es aber schön, dass sie endlich wieder sie selber sein konnte. Sie musste sich nicht an irgendwelche Regeln ihrer Eltern halten und hatte die Chance selber zu entscheiden, was sie tun wollte. Hier im Düsterwald war sie einfach nur eine normale Elbin, keine Prinzessin, die man beschützen und unterdrücken musste, damit sie die Blutlinie weiterführte.
Das Frühstück verlief weitestgehend ruhig. Keiner hatte wirklich das Bedürfnis zu sprechen und Thranduil hatte den Raum schon ziemlich früh verlassen. Nur ab und an tuschelte jemand mit seinem Nebensitzer, allerdings konnte Naira nie etwas von dem verstehen, was gesprochen wurde. Thranduil hatte es absichtlich gemieden mit ihr frühstücken zu müssen. Sein schlechtes Gewissen hatte ihn die ganze Nacht wachgehalten und Nairas Vertrauensbeweis ihm gegenüber machte es nicht besser. Er versuchte sich einzureden, dass es der richtige Schritt gewesen war, immerhin blieb Naira hier und das war alles, was er hatte erreichen wollen. Das Problem daran war nur, dass alles in ihm schrie, das, was er dafür getan hatte, der schlimmste Vertrauensbruch gewesen war, den er hätte begehen können.
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Thranduil || Flammendes Herz √
Fanfiction𝘼𝙪𝙛 𝙣𝙚𝙪𝙚 𝘼𝙣𝙛ä𝙣𝙜𝙚 Die Freundschaft ist ein unzerbrechliches Band, das auf ewig währt. Zumindest dachte Thranduil das, bis seine beste Freundin mitten in der Nacht ohne Grund aus dem Schloss verschwand. Damals war er der Prinz des Düsterw...