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Fassungslos starrte er die Elbin an, die ihn jetzt mit dem genau gleichen abwertenden Blick musterte, wie es Helevorn getan hatte. Er musste träumen. Das war ein schlechter Traum! Verzweifelt kniff er die Augen zu, aber auch im Geist sah er, wie sich das Gesicht von der Elbin, die er so unsterblich liebte zu einer hässlichen Fratze verzog. Ein höhnisches Lachen von Naira folgte, als die Soldaten ihn in Richtung der Zellen zogen.

Wieder kämpfte der König mit all seinen Kräften gegen sie an. Wütend sah er zu Naira, zu seiner Naira. »Naira?!« Einerseits war es ein Hilfeschrei, dass sie erwachen sollte aus was auch immer die mit ihr getan hatten, andererseits war es die Frage wie sie ihm das hatte antun können. Er hatte ihr sein Herz offenbart. Und sie... sie hatte es genommen und an Helevorn verkauft.

Noch nie hatte es so geschmerzt und dabei hatte er schon so gut wie alles durch. Es hatte nicht so wehgetan, als Naira damals einfach mit ihren Eltern verschwand. Es hatte nicht so wehgetan, als seine Ehefrau ihn betrog. Es tat nicht so weh, als Naira ihn gehasst hatte, weil sie ihn eingesperrt hatte. Da hatte er immer noch Hoffnung gehabt. Hoffnung, dass er sie vom Gegenteil überzeugen konnte.

Sie konnte unmöglich all das gespielt haben. Die scheuen Blicke, die Angst, die Liebe in ihrem Blick, wenn sie Thranduil ansah. Keiner konnte so gut schauspielern. Mit einem unsanften Ruck wurde Thranduil in die Zelle geworfen und es kostete ihn einiges nicht hinzufallen. Die Soldaten von Helevorn musterten ihn spöttisch, während sie den Bund mit Zellenschlüsseln aus der Tasche zogen und seine Zelle absperrten.

Die Schlüssel hatten sie also auch. Naira wusste doch gar nicht, wo diese aufbewahrt wurden. Es sei denn sie hatte im Schloss spioniert, während er es nicht bemerkt hatte. Wütend ließ er all seinen Frust an der nächsten Wand aus, bevor er sich an dieser nach unten sinken ließ. Die Nässe saugte sich sofort in seine Kleider.

Seine Soldaten waren noch hier. Sie würden sicher nicht zulassen, dass ihr eigener König hier in einer Zelle verrottete. So sehr er auch versuchte seine Gedanken von Naira abzulenken. Sie kam ihm immer wieder in den Sinn. Wie sie dort gestanden hatte, schön und stolz. Der Teufel höchstpersönlich in all ihrer Anmut. Wie sie ihn angesehen hatte. All die Abscheu. Der Klammergriff um sein Herz festigte sich nur noch mehr.

Wie hatte sie das auf der Wiese fälschen können? Die Schmetterlinge waren aus dem nichts gekommen. Unschlüssig saß Thranduil in der Zelle und starrte an die Wand. Sie hatte es nicht fälschen können, das war unmöglich. Aber was spielte sie dann für ein Spiel? Nachdenklich sah Thranduil sich in seiner nassen Zelle um. Es gab nichts Brauchbares um das Schloss zu knacken.

Frustriert seufzte Thranduil. Egal, was er sich überlegte, nichts machte einen Sinn. Keine Überlegung konnte ihm erklären, warum sich Naira so verhielt. Eine Gruppe Soldaten huschte an seiner Zelle vorbei. Die Rüstungen blitzten golden in der untergehenden Abendsonne. Es waren seine Soldaten. »Hey!« Die Stimme des Elbenkönigs durchschnitt scharf die Luft. Die Gruppe Soldaten zuckte zusammen, warf ihm einen schnellen Blick zu und verschwand dann rasend schnell hinter der nächsten Ecke. Waren denn alle in diesem Schloss treuelose Verräter?!

Wütend stand Thranduil auf und lief in seiner Zelle, soweit möglich, auf und ab. Wenn ihm keiner half, dann musste er alleine hier aus der Zelle kommen. Und wenn er erstmal draußen war, dann würden sie allesamt bereuen, was sie getan hatten. Allen voran Naira. Vor wenigen Stunden hatte er noch versucht eine logische Erklärung für ihr Verhalten zu finden. Jetzt gestand er sich einfach nur ein, dass sie ihn auf die wohl widerlichste Art und Weise verraten hatte. Sie hatte gewartet, bis er sich ihr offenbarte und dann zugeschlagen, wo es ihn am meisten schmerzen würde.

Der leichte silberne Schimmer im Zellentrakt zeigte ihm, dass der Mond aufgegangen war und jetzt langsam über sicher über den Himmel wanderte. Er musste warten, bis einer es wagte in seine Zelle zu kommen und dann zuschlagen. Vermutlich dachten sie, dass sie ihn gebrochen hatten. Das musste er zu seinem Vorteil ausnutzen.

Thranduil || Flammendes Herz √Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt