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Helles, goldenes Sonnenlicht fällt durch die Schaufenster und lange Schatten ranken über den Holzfußboden.
Bradyn und ich sitzen, gegen einen der großen Schränke gelehnt, auf den Dielen. Mein Kopf ruht entspannt an einer kühlen Schranktür.
Das harte Material fühlt sich angenehm an; wie es gegen meine Schädeldecke drückt. Dieses Gefühl hält mich im Hier und Jetzt.

Nur so kann ich mich auf Bradyns Worte konzentrieren.
Ohne den präsenten Druck würden meine Gedanken und die Schmetterlinge in meinem Bauch mich weit weg und davon tragen.
Ich kann nicht glauben, dass wir hier sitzen. Dass alles ging viel zu schnell.

Ich starre auf Bradyns Lippen und ertappe mich dabei, wie ich zu zweifeln beginne.
Habe ich zu schnell nachgegeben? Was ist aus: 'Ich verzeihe ihm nie wieder, ich vergesse ihn' geworden?
Doch da schiebt sich sein markantes Kinn vor und um seine Lippen bilden sich kleine Falten. Auf seinem Gesicht erscheint ein strahlendes Grinsen, das auch seine Augen erreicht.
Und dann schallt sein raues Lachen durch das Antiquitätengeschäft und ich verliere mich in seinen grünen Universen.

Und da weiß ich, dass ich nichts überstürzt habe.
Früher oder später wäre es genau hierauf hinausgelaufen. Wir wären genau hier gelandet.
Wir können nicht ohne einander. Wie zwei Magnete zeihen wir einander an.
Die Universen in seinen Augen haben die zerstörerische Wirkung von schwarzen Löchern und ich bin schon immer machtlos gegen sie gewesen.

"Es ist gut, dass wir hier so sitzen", sage ich verträumt und schiebe meine Hand etwas weiter über den Boden, um gegen seine zu stoßen.
Mittlerweile ist sie schon ganz weiß angelaufen, weil ich mich seit eine Ewigkeit auf ihr abstütze.
"Ja? Warum? Nicht, dass ich etwas dagegen einzuwenden hätte!", fügt er hastig hinzu.
"Wir verschwenden keine Zeit mehr. Lass uns nie wieder Zeit verschwenden, okay?"

Bradyn nickt andächtig. Dabei fallen ein paar lange Haarsträhnen über seine Augen.
Lächelnd strecke ich die Hand aus, um sie ihm hinter die Ohren zu streichen.
Es ist eine ganz natürliche Bewegung, über die ich gar nicht nachdenke. Und das ist herrlich; nicht mehr innehalten zu müssen, um zu überlegen, ob ich dieses oder jenes jetzt machen kann.

Seine Wange schmiegt sich meiner Berührung entgegen und für einen kurzen Moment schließt er die Augen.
"Ich bin so froh, dich wieder zu spüren", flüstert er und ich kann seinen warmen Atem an meiner Handfläche spüren.
Sofort steigt mir die Röte ins Gesicht, weil mir ganz andere Arten einfallen, auf die er mich spüren kann.

Doch Bradyn nimmt keine Notiz von meiner geröteten Haut. Seine Augen richten sich auf meine Hand, als er sich sachte von sich zieht und mit seinen langen Fingern verschränkt.
"Ich habe ehrlich gesagt, damit gerechnet, dass du mich ewig - ja vielleicht für immer - schmoren lassen würdest."
"Also, dass kann ich gerne mache. Wenn dir das lieber wäre", scherze ich.

Bradyn zeigt trotzdem eine geschockte Reaktion, indem er den Kopf hochreißt und mich mit zusammengezogenen Augenbrauen betrachtet.
"Mica, ich -"
"Ich mache doch nur Spaß."
Ich verändere meine Position und drehe mich ihm zu, greife nach seinem Gesicht.

"Wir haben doch schon darüber geredet. Ich war nicht faire zu dir, du hast mehr Zeit gebraucht. Du musst lernen, mit mir zu kommunizieren und von Anfang an ehrlich zu sein. Aber wir werden das schaffen. Gemeinsam. Und das wird nicht immer einfach sein ... Trotzdem ..."
Ich lasse meinen Daumen gedankenverloren über seine Nase streichen.

"... ich könnte mir keinen anderen Menschen vorstellen, mit dem ich es jeden Tag auf's neue versuchen will."
Die Spannung auf seinem Gesicht weicht. An ihre Stellt tritt ein warmer Ausdruck tiefer Verbundenheit und beinahe ziehe ich Bradyn stürmisch an mich, um ihn zu küssen.
Doch ich beherrsche mich und genieße seinen Anblick, sauge jedes noch so kleine Detail in mich auf.

magical boy✨[boyxboy] ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt