Der Leandbetter Beach ist schon immer mein Geheimplatz gewesen.
Von der kleinen Vorstadt darf man keine voreiligen Schlüsse über den Strand ziehen.
Gerade in meinen ersten Monaten hier in Kali bin ich oft hergefahren, um den Kopf frei zu kriegen.
Wann auch immer der Meereswind um meinen Kopf peitscht, habe ich das Gefühl klarer denken zu können und mein Leben von einer anderen Perspektive betrachten zu können.Ich schüttle den Kopf über meine eigenen Gedanken und stolpere über einen großen Stein im Sand.
Bradyn hält mich am Arm und unterdrückt ein Lachen.
"Hier unten ist es wirklich gar nicht so schlecht", meint er dann und hustet.
Ich boxe ihn in die Seite und renne zum Wasser.
"Komm! Wir sind noch nicht da!"Ich weiß das Bradyn mir folgt, deswegen renne ich einfach weiter im harten Sand auf die Klippen zu.
Je weiter wir uns vom Parkplatz entfernen, desto weniger menschliche Stimmen erfüllen die Luft.
Als ich die kleine Kurve, die der Strand macht, erreiche, drehe ich mich um.
"Jetzt sind wir da."Außer Atem kommt Bradyn neben mir zum Stehen.
"Schön, wirklich ... schön."
Er stützt sich auf den Knien ab.
"Sag mal, seit wann kannst du eigentlich so schnell rennen?"
Grüne Augen blicken zu mir auf. Er kneift sie zusammen, da ihm die Sonne ins Gesicht strahlt.Ich zucke mit den Schultern und breite eine Decke auf dem weißen Sand aus.
Bradyn will sich gerade darauf niederlassen, da halte ich ihn zurück.
"Halt! Erst müssen wir ein Foto machen!"
"Können wir doch auch später noch -"
"Nein! Wir müssen ein richtiges Foto machen!"Ich knie mich in den warmen Sand und krame Jos Kamera hervor.
Mit ihr in der Hand winke ich Bradyn näher zu mir.
Er gibt sich geschlagen und schmiegt sein Gesicht an meines. Sein Atem kitzelt meine Wange und ich spüre seine Bartstoppeln an meiner Haut.
Eine Armlänge von uns entfernt halte ich den Fotoapparat hoch und drücke auf den Auslöser.In diesem Moment wissen wir nicht sicher, wie es weiter gehen wird. Die Zukunft ist ungewiss.
Bradyn sucht immer noch nach einem Job und hat mich damit irgendwie angesteckt. Ich weiß noch nicht genau, ob ich wirklich kündigen werde, aber der Gedanke daran fühlt sich richtig an.
Wir haben noch keine Wohnung und auch wenn Mr. Walker Bradyn insgeheim im Haus behalten will, ist dies keine langfristige Lösung mehr.Wir haben beide unsere Familie hinter uns gelassen. Vielleicht für immer.
Und dennoch können wir beide in die Kameralinse grinsen.
Wir haben immer noch eine Menge Probleme, aber wir werden es schaffen. Alles.
Das weiß ich in dem Moment, in dem der Blitz ausgelöst wird und der Seewind in unsere Gesichter peitscht.Ein ehrliches Lachen verlässt meine Kehle.
Ich lasse die Kamera sinken und versinke in Bradyns Augen.
"Du bist magisch, weißt du das, Kali-Boy?", fragt er und streicht mir zärtlich eine Haarsträhne aus der Stirn.
Dabei ist er es doch, der mich jeden Tag mit seinem Anblick verzaubert ...
Ich lege den Kopf schief und schaue ihn einfach nur selig lächelnd an.Ich denke, ich werde Jo das Bild mit einem kleinen Brief per Post schicken.
Er soll wissen, was er bewegt hat.
Er soll wissen, dass ich ihm wirklich für immer dankbar sein werde.
Er soll wissen, dass Bradyn und ich seine Geschichte erneut erzählen. Nur mit einem besseren Ende.Natürlich können wir dieses Ende jetzt noch nicht kennen, niemand kennt es, niemand kann sagen, was morgen, übermorgen oder in einem Jahr sein wird.
Doch wir wissen bereits jetzt, dass unser Ende besser sein wird als das von Bill und Jo. Denn wir sind nicht davon gelaufen.Wir haben uns unserem Leben und unserer Liebe gestellt.
Und allein das macht schon das bessere Ende aus. Wir haben nicht aufgegeben.
Ich blicke zu Bradyn hinüber, der seine Nase in den salzigen Wind reckt.
Und wenn es nach mir geht, dann werden wir nie aufgeben. Egal was kommt."Du bist magisch", sage ich und schaue Bradyn dabei fest an.
Du bist magisch. Es ist unser: 'Ich liebe dich'.
Um seine wunderschönen grünen Augen bilden sich kleine Lachfalten. Er hebt die Hände über den Kopf und grinst mich an. Der Wind reißt an seinem Tank Top und gewährt mir einen Blick auf seine muskulöse Brust.
So muss es sich anfühlen, zu leben.Andächtig betrachte ich die alte Kamera in meiner Hand und schaue dann hoch in den endlosen blauen Himmel, der sich in diesem Moment auch über Jo erstreckt. Und irgendwo da draußen steht jetzt vielleicht auch Bill unter dem blauen Himmelszelt.
Der Film in meiner Hand, gut verwahrt im Inneren der Kamera, zeigt unser erstes richtiges Foto.Das Erste von vielen.
Plötzlich besitze ich schon zwei unglaublich kostbare Gegenstände. Ich fülle meine Lungen mit der köstlichen Meeresluft und drehe mich dann zu Bradyn, schlinge meine Arme um ihn und atme seinen minzigen Geruch mit einem Hauch von Eukalyptus ein.
Ich werde genauso eine Fotowand in meinem Wohnzimmer anbringen wie Jo.
Nur meine wird etwas anderes aussehen ..._________________________________
Song: This Town - Naill Horan (mir war gleich klar, dass das unser letzter Song werden würde, als ich ihn mal beim Schreiben gehört habe. Erst wollte ich ihn für ein anderes Kapitel nehmen & dann dachte ich mir: Nein, der ist zu 'rund'. Er ist perfekt, er *ist* Micas und Bradyns Beziehung.)
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magical boy✨[boyxboy] ✔
RomanceMica muss über die Weihnachtstage in seine beschauliche Heimatstadt Schenectady zurückkehren. Vor drei Jahren war der das letzte Mal hier und seitdem hat sich nichts verändert. Nur er. Mica ist erwachsen geworden und stehe zu sich selbst, zu den Din...