Ich versuche meine Augen auf die roten Schleifen in meinen Händen zu richten.
Aber Bradyn setzt alles daran, meine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
"Jungs? Im Keller steht noch eine Kiste, dann war's das schon."
Meine Mutter ist in ihrem Element, sie schenkt uns zum Glück wenig Beachtung, sonst hätte sie bereits die Blicke bemerkt, die Bradyn und ich austauschen.Die letzte Lichterkette ist über der Haustür angebracht und ich betrachte mit Stolz die kleinen, goldenen Punkte.
Bradyn kommt auf mich zu und lehnt sich mit verschränkten Armen in die Tür.
Heute hat er sich fasst mehrmals an den angenähten Ketten meines Sweatshirts stranguliert. Ihn in meiner Kleidung zusehen ist ungewohnt.Ich fühle mich nicht wirklich wohl, in der Situation, aber auf der anderen Seite will ich ihr nicht entkommen.
Bradyns Blick liegt für einen Moment auf mir.
Er spannt ganz deutlich seinen Oberkörper an, als er sagt: "Siehst du? Ich bekomme immer, was ich will."Ein süffisantes Grinsen, welches ich am liebsten durch einen Schlag ausradieren möchte, ziert sein hübsches Gesicht.
Ich weiß nicht, ob er will, dass ich ihn anschreie oder beleidige. Ob er überhaupt etwas will.
Ich ignoriere ihn und rücke ein paar Lichter in die richtige Position.
Seine grünen Augen liegen nach wie vor auf mir, als ich kurz den Blick hebe."Ich an deiner Stelle, wäre mir da nicht so sicher", sage ich schließlich, in der Hoffnung, dass er sich einfach verziehen würde.
Bradyn sieht mich mit seinem typischen dummen Grinsen an und plötzlich beginnt das Blut in meinen Ohren zu rauschen.
"Du bekommst deinen Willen doch nur, weil du den 'Mein Vater ist tot'-Bonus genießt! Ruh dich darauf nicht aus."
Gleich nachdem die Worte meinen Mund verlassen haben, beiße ich fest auf meine Lippe.Bradyns Augen sagen mir, dass ich zu weit gegangen bin.
Verdammt. Ich weiß, wie viel ihm sein Vater früher bedeutet hat, er war sein großes Vorbild. Der Mann, der immer alles konnte und das Herz am rechten Fleck hatte.
Ich mochte ihn sogar, die paar Begegnungen, die wir hatten, sind in meinem Gedächtnis geblieben.Aber ich bringe keine Entschuldigung heraus. Mein Hals ist trocken, ich will nicht mal versuchen etwas zu sagen.
Bradyn packt mich am Kragen und zieht mich zu sich.
Ich strecke erschrocken die Arme aus und halte ihn auf Abstand.Er gibt ein bedrohendes Knurren von sich.
Ich kann sein Gesicht nur noch wage durch die unzähligen Haarsträhnen in meinen Augen erkennen.
Aber ich bemerke ganz deutlich, wie er sich vorlehnt und spüre seinen Atem an meinem Kinn und Hals.
Eine Gänsehaut breitet sich über meinen Körper aus und ich verfluche mich.Grüne Augen senken sich nieder, ich kann sie nicht mehr sehen, nur noch einen dichten Wimpernkranz. Er starrt auf meine Lippen.
Ich gebe meine Unterlippe wieder frei, die sich bis eben noch zwischen meinen Zähnen befunden hat.
Ein Schauer geht durch Bradyns Körper und er krallt sich weiter in meinen Pullover.Fast lehne ich mich vor, gefüllt von Mut und Leichtsinn, um die Lücke zwischen uns endlich zu schließen.
Doch stattdessen stoße ich ihn von mir. Oder viel mehr stoße ich mich von ihm ab, um mich von ihm zu entfernen.
Bradyn blickt mich mit offenem Mund an, ein unerklärlicher Ausdruck in seinen Augen.Ich schiebe mich an ihm vorbei und gehe ins Haus. Kurz darauf verabschiedet sich Bradyn von meinen Eltern.
Ich sitze allein im Wohnzimmer und starre an die Decke. Heute habe ich es wirklich verbockt.
Ich habe es nicht fertig gebracht wegzufahren, Bradyn ist mit meinen Klamotten am Leib abgehauen und ich habe ihn zutiefst verletzt.Beim Abendbrot ersticke ich fast an meiner Suppe, als ich meine Mutter nach Bradyns Nummer frage.
Sie sieht mich nur an und lächelt, als sie mir einen Zettel mit einer Handynummer herüberschiebt. Nummern, die mich Bradyn ein Stück näher bringen könnten.
Ich nicke dankend und fühle mich wie ein kleines Kind.Verlegen helfe ich ihr beim Abwasch und tue alles, um das Thema nicht auf Bradyn zu lenken.
Heute war einfach nicht mein Tag, beschließe ich, als ich völlig fertig und ausgelaugt, die Tür zu meinem alten Zimmer schließe. Dem Zimmer in dem Bradyn so oft geschlafen hat, ohne das ich etwas davon wusste.Ich blicke mich um. Mein Bett steht in der Ecke, gegenüber des Fensters. Ein paar Poster sind an den Wänden geblieben. Erinnerungen an einen alten Mica.
Ich fahre mit den Fingern über das wellige Papier und seufze.
So müde ich auch bin, mein Bett lockt mich nicht, es verspricht keine Ruhe mehr.Und genauso ist es. Ich wälze mich im Bett umher.
Genau hier hat also Bradyn Nächte lang gelegen und sich in den Schlaf geweint.
Ich drücke meine Nase in die Kissen und versuche etwas von seinem Duft zu finden. Nur eine kleine Spur, etwas das mir zeigt, dass er wirklich hier gewesen ist. Als ich es nicht war.Aber die Kissen und Bezüge riechen nur nach dem blumigen Waschmittel, was Mom immer benutzt. Sie hat Bradyn und seine Tränen schon vor langer Zeit davon gespült und aus meinem Zimmer ausgesperrt.
Ich drehe mich auf den Rücken und starre an die Decke. Hat er an dieselbe Stelle gestarrt, als er hier lag und darüber nachgedacht hat, wie ungerecht das Leben doch war?Meine Worte von heute Mittag kommen mir wieder in den Sinn. Und ich fühle mich schrecklich.
Egal, wie sauer ich auch auf Bradyn war, dass mit seinem Vater hätte ich nicht sagen sollen.
Ich blicke zum Nachtisch. Mein Handy liegt obenauf. Darunter der kleine gelbe Zettel von meiner Mutter.
Tief in mir weiß ich, dass es keinen schlechteren Zeitpunkt geben könnte, ihm zu schreiben.Jetzt wo wir beide im Bett liegen, eingehüllt in die Sentimentalität der Nacht und ganz allein mit unseren Gedanken.
Trotzdem - oder gerade deswegen - nehme ich mein Handy und schreibe eine Nachricht an Bradyn.
Das mit heute Mittag tut mir wirklich leid. Ich hab mich verhalten wie ein gefühlskaltes Arschloch.Also wie ich?
Ich sagte nicht, dass du ein gefühlskaltes Arschloch bist.
Na gut. Vielleicht manchmal.Du mich auch, Roger.
Ich starre auch meinen Bildschirm. Was soll ich darauf antworten. Am einfachsten wäre es, wenn ich tippen würde, 'Nein, bitte geh noch nicht weg' - aber es wäre auch das Bescheuertste.
Doch Bradyn nimmt mir die Entscheidung ab: Abgesehen davon war der Nachmittag ganz schön.Ich drehe mich auf die Seite und grinse in die Kissen hinein.
Eine tonnenschwere Last scheint von meinen Schultern abgefallen zu sein.Vielleicht behalte ich aber als Strafe deine Kleidung, Kali-Boy ;)
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Song: Touch - Sleeping at LastSchönen dritten Advent ihr lieben!
Heute war mal wieder sehr viel zu tun. Aber ich habe fast alles geschafft, was auf meiner unendlichen Liste stand xDZwei Serien-Tipps von mir für euch:
-Liebe & Anarchie (Kein Witz, ich hab's in eins durchgeguckt!)
-Sweetbitter (Gestern erst angefangen, i already love it!)Feel hugged! Danke für eure süßen Kommentare und die Votes! I feel so supported and that feels great!
With all my love, Lisa xoxo
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magical boy✨[boyxboy] ✔
Roman d'amourMica muss über die Weihnachtstage in seine beschauliche Heimatstadt Schenectady zurückkehren. Vor drei Jahren war der das letzte Mal hier und seitdem hat sich nichts verändert. Nur er. Mica ist erwachsen geworden und stehe zu sich selbst, zu den Din...