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Die Drachenreiter waren auf ihrem Flug nach Ellesméra gut vorangekommen. Auf Eragons Nachfrage hin schätzte Saphira, dass sie die Hauptstadt der Elfen am späten Vormittag des kommenden Tages erreichen würden. Natürlich hatte es die blaue Drachendame nicht versäumt zu bemerken, dass wenn sie sich, aufgrund ihrer jüngeren Artgenossen, nicht was die Geschwindigkeit betrifft zurückhalten müsste, das Ziel längst erreicht wäre.
Eragon kommentierte dies mit einem milden Lächeln. Insgeheim glaubte er, dass Saphira unbedingt versuchte zu beweisen, dass sie nicht alt und gebrechlich war. An den Umstand, dass zwei junge, vor Kraft strotzende Drachen sie nun Großmutter nannten, hatte sich Eragons treue Begleiterin noch nicht gewöhnt. Sorgen bereitete dies dem jungen Anführer der Reiter allerdings nicht. Er spürte nämlich deutlich, dass seine Seelenpartnerin bereits völlig in ihre Enkel vernarrt war.
Natürlich waren Vervarda und Hidalgo längst nicht mehr die einzigen Sprösslinge der blauen Drachendame. Entgegen der eigentlichen Natur der Drachen waren Saphira und Fírnen zu festen Partnern geworden. Die übrigen Drachen, sowohl in der Ostmark als auch in den anderen Kolonien der wilden Drachen, nannte man die beiden inzwischen ehrfurchtsvoll: "Eltern der Wiedergeburt."
Die beiden mächtigsten lebenden Drachen machten diesen Namen alle Ehre und bereits dreimal hatten sie ein Gelege gehabt. Das erste war natürlich das dem Vervarda und Hidalgo entstammten. Im Anschluss hatten es die beiden Drachen ruhig angehen lassen und sich auf die Aufzucht ihrer Adoptivtochter Maranie konzentriert. Als diese aus dem gröbsten heraus war, hatte es nicht lange gedauert und Saphira präsentierte ihr zweites Gelege. Diesem waren zwei kupferfarbenen Drachenweibchen entsprungen. Beide waren als Wilde aufgewachsen und lebten immer noch in der Ostmark. Die Schwestern Miemel und Orphelia waren ein unzertrennliches Gespann.
Das dritte Gelege hatte erneut zwei Eier umfasst, die im sanften Grün einer Frühlingswiese strahlten. Diesmal war ein Geschwisterpaar den Schalen entschieden. Ein Junge namens Aridor und ein weiblicher Drachen den man nun Valaska nannte. Die beiden waren erst einige Monate alt und hatten ihr Feuer noch nicht entdeckt. Die stolzen Eltern hatten die beiden älteren Schwestern mit der Aufsicht über diese Jungen beauftragt.
Bisher hatte sich Saphira noch nicht dazu durchringen können ein Ei den Reitern zu übergeben. Eragon hatte dafür Verständnis. Ihre Jugend hatte seine Drachendame in dem Bewusstsein verbringen müssen die einzige ihrer Art zu sein. Obwohl das Überleben der Drachen inzwischen nicht mehr auf der Kippe stand hatte der junge Anführer des Ordens immer den Eindruck, seine Seelengefährtin könne gar nicht genug Gesellschaft um sich haben. Auch war es nur natürlich, dass weder Mutter noch Vater lang auf die Geburt eines Kindes warten wollten. Letztendlich störte diese Einstellung der beiden ältesten Drachen auch nicht den Aufbau des neuen Ordens. Noch immer waren Eier, die im Verlies der Seelen gefunden worden waren, auf der Suche nach ihren Reitern. Ergänzt wurde dieser Bestand durch Nistpartner wie Hidalgo und Kira die Eier an die Reiter übergaben.
Aufgrund der baldigen Ankunft in der Elfenhauptstadt hatte Eragon die Zeit genutzt und noch einmal die Kenntnisse der jüngsten Schüler des Ordens überprüft. Sowohl Ismira als auch Cale beherrschten die Verhaltensregeln der Elfen und würden mit Sicherheit einen guten Eindruck hinterlassen.
Nach dieser kurzen Unterrichtstätigkeit genossen nun die Reiter und die Drachen den ruhigen Abend. Eragon saß mit dem Rücken an Saphira gelehnt und hatte den Arm um Arya gelegt. Die warmen Schuppen der Drachendame wärmten ihm den Rücken und der sanfte Duft von Tannennadeln, der von der Elfe in seinen Armen ausging, stieg ihm in die Nase. Der ehemalige Bauernjunge aus Carvahall war der festen Überzeugung in diesem Augenblick einen perfekten Moment zu erleben.
Der tiefe, beruhigende Summton den Aryas Begleiter Fírnen von sich gab, verriet, dass es dem grünen Drachen ähnlich ging.
Er hatte sich hinter seinen Nistpartnerin gelegt, war eng an sie herangerückt und hatte den Kopf in der Mulde an ihren Nacken abgelegt, wo Eragon sonst den Sattel befestigte.
Gemeinsam beobachteten die beiden Pärchen das Treiben auf der Lichtung, auf der sie lagerten. Cale schnitzte an einem Stock herum und hatte sich ebenfalls an seinen Drachen gelehnt. Kalain übte sich im Bogenschießen während Kira und Hidalgo ebenfalls trauter Zweisamkeit genossen. Narie unterstützte Kalain bei seinen Übungen und Marek lag der Länge nach in Gras und starrte in den sich langsam verdunkelten Himmel.
Maranie und Drugatie waren, zur allgemeinen Überraschung, zu einer gemeinsamen Jagd aufgebrochen. Saphira stand dem etwas skeptisch gegenüber. Ganz hatte sie dem silbernen Drachen sein überhebliches Verhalten noch nicht verziehen. Daher hatte sie Laorie dazu überredet die beiden zu begleiten und ein wachsames Auge auf die weiße Drachendame zu haben. Ein Verhalten das Eragon einmal mehr zum Schmunzeln gebracht hatte.
Ismira beschäftigte sich mit Marlena. Offenbar hatte die junge Frau sofort einen Narren an ihrer jungen Cousine gefressen. Im Augenblick saß sie zwischen den Vorderbeinen ihrer Drachendame und untersuchte scheinbar akribisch, wo ihre junge Verwandte am kitzligsten war.

Eragon Band 6 - Die Wege der ReiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt