*67. Von Haustieren und Spielzeugen

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Ismira war erleichtert als sich Eragon mit einem Lächeln von ihrem Bett erhob. Inzwischen sah die junge Frau ein, dass sie einen mehr als dummen Fehler gemacht hatte und sie war dankbar, dass ihr Onkel offenbar bereit war ihr zu verzeihen auch wenn er der Drachenreiterin Beschränkungen auferlegen musste.
"So, nun, da der Form genüge getan ist kann ich auch jemandem Zutritt zu diesem Raum gewähren der schon seit Stunden auf heißen Kohlen sitzt. Bei ihm wirst du dich vermutlich auch noch entschuldigen müssen."
Der fragende Ausdruck, den Ismira auf ihrem Gesicht spürte brachte ihren Onkel zum schmunzeln.
Eragon öffnete die Tür und verließ das Zimmer. Vom Flur her hörte Ismira wie er einem Unbekannten erlaubte nun ihr Zimmer zu betreten.
Die junge Reiterin spürte unendlicher Erleichterung und Freude in sich aufsteigen als Cale im Türrahmen erschien.
Keine Sekunde später lagen sich die beiden Gefährten in den Armen. Allerdings war etwas anders an der Berührung des jung Buchbindersohnes. Ismira spürte eine gewisse Distanz, die vorher nicht da gewesen war. Sanft schob sie Cale von sich so dass sich die Beiden in die Augen blicken konnten. Der junge Mann saß neben ihr auf der Bettkante und hatte einen Gesichtsausdruck den seine Gefährtin nicht richtig interpretieren konnte. Wut war es nicht, auch keine wirkliche Trauer aber mit Sicherheit auch keine Freude.
"Was hast du?" wollte sie wissen.
Cale unterbrach den Blickkontakt und starrte auf seine Hände, die in seinen Schoß ruhten. Er sprach zu seinen Händen als er sie fragte:" Warum hast du mich angelobung? Und sag jetzt nicht, dass du mir ja nur nicht gesagt hast das du gehen willst. Vielleicht bin ich da zu penible aber für mich ist das dasselbe."
"Du bist nicht zu penible." gestand Ismira. "Es hat viele Gründe. Nicht alle sind leicht zu erklären. Ich wollte nicht, dass du in Schwierigkeiten gerätst und dass wärst du egal was ich getan hätte. Mein Entschluss mir den Wald anzusehen stand fest. Entweder hättest du mich begleitet um auf mich aufzupassen, dann wärst Du auch in Gefahr geraten oder Du hättest entscheiden müssen mich entweder an meinen Onkel zu verraten oder zu schweigen. Das wollte......".
"Das klingt alles sehr plausibel aber ich glaube nicht, dass das wirklich dein tiefster, ehrlicher Beweggrund war." unterbrach Cale. "Wenn du wirklich so große Gefahr befürchtet hättest dann wärst auch Du nicht gegangen. Du bist vielleicht manchmal etwas übermütig Ismira aber nicht dumm. Und dass ich dich nicht verraten hätte weißt Du genau. Es muss einen anderen Grund haben. Und ich denke den schuldest du mir."
Die beiden jungen Leute schwiegen eine Weile. Ismira wusste, das ihr Gefährte Recht hatte. Tief in ihrer Seele spürte sie die Angst, die sie empfand, seit sie sich auf eine Beziehung mit Cale eingelassen hatte.
"Es ist schwierig zu erklären." flüsterte sie schließlich.
"Versuch es bitte."
"Lass mich aber bitte zu Ende erklären."
Als Cale dem zugestimmt hatte holte Ismira tief Luft und sagte: "Ich dachte du würdest darauf bestehen dass ich mich deiner Meinung anschließe egal wie sie aussieht."
Cale sah ich mir einen Moment völlig verwirrt an.
"Du weißt schon, weil du ein Mann bist." fügte die junge Frau an.
Cale schüttelte noch immer fassungslos den Kopf.
"Damit ich das richtig verstehe, du dachtest wenn ich der Meinung wäre das wir nicht in den Wald gehen sollten, würde ich erwarten, dass du mir gehorchst, weil ich der Mann bin?"
Verlegen biss sich Ismira auf die Lippe und nickte.
Kurz lachte Cale freudlos auf und richtete dann sein Blick wieder auf seine Gefährtin.
"Wann habe ich dich jemals das Gefühl gegeben, dass ich...... Ich meine habe ich je.....?"
"Es liegt nicht an dir." unterbrach Ismira ihren fassungslosen Liebsten. "Seit ich 13 Jahre alt bin war Anna, meine Magd, der Meinung, dass ich mich dem Frauenalter nähern würde und nun lernen müsste mich wie eine solche zu verhalten. Sie wollte nicht mehr, dass sich mit den Jungen aus unserem Dorf spiele ich solle lieber im Haus bleiben und Handarbeiten lernen. Und bei jeder Gelegenheit hat sie mir die Rede gehalten, dass eine Frau ihren Mann zu respektieren hat und er nun einmal das Oberhaupt der Familie ist. Er hat das letzte Wort. Ich habe mich natürlich dagegen gewehrt. Ich habe sie gefragt: warum?! Warum bestimmt der Mann selbst wenn die Frau tausendmal recht hat? Ihre Antwort war: Das ist die Ordnung der Welt. Und sie schien recht zu haben. Als ich 14 oder 15 war tauchten die ersten Adligen mit ihren jungen Söhnen bei uns auf und um schmeichelt meine Eltern ob eine Ehe zwischen mir und ihrem Sohn nicht eine wunderbare Sache wäre. Ich wurde dabei überhaupt nicht gefragt. Natürlich haben meine Eltern meine Wünsche immer respektiert aber...... Aber ich habe begonnen zu glauben, dass meine Freiheit als Frau etwas ist für das ich ständig kämpfen muss. Ich will nicht nur als eine Art wohlerzogenes Haustier durchs Leben gehen. Anna hat das nie verstanden. Sie meinte eben, dass man in meinem Geschlecht wissen müsste wie man seinen Gatten zu überzeugen hätte. Indem man seine Reize einsetzt, ihm schmeichelt oder Ähnliches. Das will ich aber nicht! Ich weiß, dass du dich bisher nie so verhalten hast als könntest Du mir befehlen aber vielleicht glaubst du auch nur, dass sich das einfach so gehört und hast es deshalb bisher nie eingefordert. Ich meine.... ich."
Ismira war immer aufgeregter geworden während sie sprach. Ihr Blick flog durchs Zimmer als würde sie die ganze Welt um sich herum ob ihrer Ungerechtigkeit anklagen. Erst eine zärtliche Berührungen ihrer Wange veranlasste junge Frau dazu sich wieder auf ihren Gefährten zu konzentrieren.
Cale hatte die Hand an ihrer Wange gelegt und strich vorsichtig mit dem Daumen darüber.
"Ich verstehe warum dir das Angst macht und warum du dich so verhalten hast. Mit dieser Anna muss ich bei Gelegenheit mal ein Wörtchen reden. Ihre Welt mag ja vielleicht so gestrickt sein aber nicht deine und auch nicht unsere. Von dir zu verlangen dich einem einzelnen Mann so unterzuordnen wäre doch so als ob man einem Vogel befehlen würde nie wieder zu fliegen."
Ein erleichtertes aber auch leicht ungläubiges Lächeln huscht über Ismiras Gesicht.
"Du verstehst wirklich was ich meine oder?" flüsterte sie.
"Das tue ich." bestätigte der jung Buchbindersohn. "Und zwar weil ich dich liebe Ismira Katrinatochter. So wie du bist. Ein Wildfang und einer Rebellin durch und durch. Aber um eins muss ich dich doch bitten."
"Was?" wollte die junge Drachenreiterin wissen und legte ihre Hand auf die von Cale, welche immer noch an ihrer Wange ruhte.
"Ich will nicht, dass er das Fliegen aufgibst und auch nicht, dass Du es von mir verlangst aber ich möchte, dass du uns als Partner siehst und das bedeutet, dass sie einander vertrauen müssen. Das kann ich nicht, wenn du mich aus deinem Leben ausschließt. Du willst kein wohlerzogenes Haustier sein und ich kein Spielzeug dem du dich nur widmest wenn dir danach ist. Verstehst was ich meine?"
"Ja das tue ich." bestätigte Ismira und schlagen die Arme um Cales Hals. Freudig stellte sie fest, dass die Umarmung diesmal aus ganzem Herzen erwidert wurde. Als sich die beiden Gefährten voneinander lösten legte die junge Reiterin ihre Stirn an die ihres Liebsten.
"Es tut mir leid, dass ich dich angelogen habe."
"Verspricht mir einfach, dass wir von jetzt an zusammen entscheiden und keiner den anderen mehr ausschließt."
"Versprochen." bekräftigte Ismira und musste dann kichern.
"Was ist?"
"Du weißt das dir harte Kämpfe mit mir bevorstehen, oder? Nach dem gestrigen Schrecken bin ich vielleicht etwas vorsichtiger geworden aber......"
Der Strom von Ismiras Worten riss ab als Cale ihre Lippen mit einem Kuss versiegelte.
"Wie schon gesagt, ich liebe meine Rebellin." flüsterte der junge Mann als sie sich wieder trennten.
"Und ich liebe dich.", erwiderte Ismira.

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Eragon Band 6 - Die Wege der ReiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt