Kapitel 96

954 31 1
                                    

Als wir uns zum letzten Rennen aufmachten war ich nervöser als sonst. Sicher eine halbe Stunde lief ich in der ganzen Wohnung herum. Die gesamte Zeit hatte ich das Gefühle etwas wichtiges vergessen zu haben. Max bekam davon zum Glück nicht besonders viel mit, da er mir seinem Simulator beschäftigt war.

Keine Ahnung was mit mir los war, aber die gesamte Zeit war ich unruhig. Als wir schließlich mit unseren Koffern auf das Taxi wartete ging ich die ganze Zeit durch, ob ich nicht doch etwas vergessen hatte. Max belächelte das ganze nur. "Ruhig bleiben. Alles was du wirklich vergessen hast, können wir immer noch kaufen.", hatte Max nur gesagt und mich dann ohne weiteren Kommentar machen lassen.

Daniel wartete bereits im Wagen. Wie üblich teilten wir uns einen Chauffeur zum Flughafen. "Hallo Aria. Ich hoffe es geht dir gut.", murmelte Daniel mit einem mitleidigen Blick. Max hatte es ihm mit Sicherheit erzählt. Es war etwas kompliziert, aber Daniel schaffte es doch mich in dem engen Wagen in eine Umarmung zu ziehen.

"Es geht schon.", erwiderte ich nur. Die Fahrt redeten wir kaum und auch nicht als wir in das Flugzeug stiegen. Plötzlich war es wie ein Blitz der mich durchfuhr. Ich saß aufrecht in meinem Sitz und Max beäugte mich kritisch. "Was ist denn los?", fragte er. Ich wusste plötzlich was ich vergessen hatte.

Es war bei dem ganzen Drama völlig in den Hintergrund gerückt. Ich bereute, dass es mir nicht früher eingefallen war und ich die letzten Rennen nicht mehr genossen habe. "Das ist ja dein letztes Rennen für Red Bull, Daniel.", sagte ich dann. Daniel und Max fingen an zu Grinsen. "Das hatte ich die ganze Zeit vergessen.", murmelte ich dann.

"Aria rennt schon seit drei Tagen durch die Wohnung, weil sie denkt, dass sie irgendetwas vergessen hat.", erklärte Max kurz. "Wie konnte ich das nur verdrängen. Ich werde dich vermissen Daniel.", sagte ich dann. Dieser hörte nicht auf zu Grinsen. "Ich bin nicht aus der Welt. Wahrscheinlich werden wir uns sogar weiterhin ein Flugzeug teilen. Bei den Rennen bin ich auch weiterhin. Du musst nur ein paar Schritte mehr gehen.", sagte er dann.

Ich verschränkte meine Arme. "Trotzdem. Außerdem wirst du in Gelb bei weitem nicht so gut aussehen wie in blau." Daniel lachte nur. "Ich sehe immer gut aus.", erwiderte er frech. Max tätschelte mir leicht die Schulter. "Es stimmt zwar, dass ich nicht mehr in der Box sein werde oder bei den Meetings und so weiter, aber keine Sorge. Die Renaultbox ist wahrscheinlich direkt neben der von Red Bull."

Max holte bereits Luft um ihn zu widersprechen, doch Daniel fuhr sofort dazwischen. "Sag jetzt nichts was du später bereuen wirst.", fuhr er ihn an. Max schloss also seinen Mund wieder, jedoch bleib sein Grinsen. "Wonach richtet sich die Reihenfolge der Boxen eigentlich?", fragte ich dann. Obwohl ich mittlerweile doch bei einigen Rennen dabei gewesen war, so hatte ich doch keine Ahnung. Ich wusste nur das Red Bull immer neben Ferrari und Force India war.

"Das richtet sich nach der Konstrukteursweltmeisterschaft des letzten Jahres. Red Bull war Dritter nach Ferrari und vor Force India.", erklärte Max kurz. "Gut das macht Sinn, aber wo ist Renault?" Max grinste wieder. "Sechster, aber sie werden wohl diese Saison vierter." Daniel verdrehte langsam nur noch die Augen.

Wenige Stunden später landete das Flugzeug schließlich. Es war sehr angenehm, denn in Abu Dhabi hatten wir kaum Zeitverschiebung, zumindest nicht im Vergleich zu den letzten Rennen in Amerika. Auch der Flug war wesentlich kürzer und so hatte ich zum ersten Mal, seit einigen Rennen keinen Jetlag. Wir machten uns sofort auf den Weg in das Hotel, wo wir noch zu Abend essen würden.

Ich habe bereits mit meinem Vater gesprochen und er wird ebenfalls kommen. Er hatte mich schon in England nur ungern allein gelassen. Er machte sich, doch ziemliche Sorgen um mich und schrieb mir mindestens drei Mal am Tag um sich nach meinem Wohlbefinden zu erkundigen und spätestens abends rief er eigentlich immer an.

Es tat gut zu wissen, dass er für mich da sein wollte, aber wenn ich ehrlich war, war das gar nicht nötig. Mir ging es erstaunlich gut. Ich hatte kaum Probleme damit. Der Grund warum es mir so gut ging, war allerdings zu großen Teilen auch mein Vater. Ohne ihn hätte ich die Situation mit Sicherheit nicht so gut weggesteckt, aber ich wusste einfach, dass er immer an meiner Seite war.

Seit ich nach Monaco gezogen war, sahen wir uns bei weitem nicht mehr so oft wie früher. Immerhin war fast alle zwei Wochen ein Rennen, aber sonst war ich kaum in England. Jetzt, da meine Mutter tot war, würde es wohl noch weniger werden. Bei den Rennwochenenden hatten wir auch immer wesentlich weniger Zeit als mir lieb war. Es war ja nicht so als würden wir uns einfach weniger sehen.

Es war noch nicht einmal ein ganzes Jahr her als ich ihn zum ersten Mal gesehen habe und damals war noch nicht klar, ob er wirklich mein Vater war. Wir lernten uns immer noch kennen, doch dafür blieb oft kaum Zeit. Bevor ich mit Max zusammen war, war es natürlich leichter, weil ich noch bei ihm gewohnt habe.

Für die paar Monate wo ich dort war, war das auch mehr als perfekt. Jeden Abend haben wir bis tief in die Nacht geredet. Heute vermisste ich diese Gespräche. Als wir das Restaurant betraten und ich meinen Vater sah, zog ich ihn sofort in eine Umarmung. Er strich mir vorsichtig über den Rücken. "Wie geht es dir?", fragte er besorgt, während sich Daniel und Max bereits gesetzt hatten.

Ich lächelte leicht und setzte mich nun neben Max und meinen Vater. "Es geht mir ehrlich gesagt gut. Es ist natürlich komisch und in gewisser Weise bin ich auch traurig, aber wenn ich ehrlich bin, dann habe ich eigentlich nichts verloren, denn wir haben ja schon vorher nicht mehr miteinander geredet.", erklärte ich. Mein Vater lächelte leicht. "Ich bin trotzdem da, wenn du etwas brauchst." Er war eben immer noch sehr fürsorglich.

A new lifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt