Kapitel 68

1.1K 41 0
                                    

An einem Tisch wartete schon Max' Familie. Also seine Mutter und seine Schwester. Außerdem saß da noch ein Mann, den ich nicht kannte. "Hallo Aria. Schön dich wieder zu sehen. Das ist mein Freund, Tom.", sagte Victoria und strahlte mir regelrecht entgegen. Max gab seiner Mutter seinen Kuss auf die Wange und tätschelte Victoria auf den Kopf bevor er sich neben mich setzte. Ich lächelte leicht nervös. Ich wollte natürlich, dass Sophie mich mochte und ich wollte sie nicht enttäuschen.

Den Gedanken an meine eigenen Mutter konnte ich einfach nicht abstellen. Ich wusste ganz genau, dass sie Max nicht leiden konnte. Mich wohl streng genommen auch nicht. Wenigstens Max' Eltern sollten mich mögen. Das war ja wohl das mindeste. Gut, mein Vater mochte Max offensichtlich auch, trotzdem war das keine reibungslose Beziehung. Manchmal vergaß ich es fast, aber mein Dad war der Boss von Max und jetzt auch irgendwie sein Schwiegervater. Das war nicht unbedingt eine Trennung von Privatem und Beruflichem.

Das war ja auch nur die Spitze vom Eisberg. Ich arbeitete ebenfalls bei Red Bull. Das musste einfach noch Probleme geben. Natürlich war die Formel 1 ein Teamsport und Max war genauso Teil des Teams wie ich. Vielleicht sogar noch etwas mehr. In anderen Momenten wurde mir aber auch immer wieder bewusst, dass Max und Red Bull Racing keineswegs in Stein gemeißelt waren.

Er könnte jederzeit wechseln. So wie Daniel. Auch wenn ich Max niemals verlieren wollen würde, wäre es naiv zu glauben, dass immer alles reibungslos verlaufen wird. "Aria woher kommst du?", fragte Sophie mich dann schließlich. Zum Glück redeten alle englisch. Ich wusste, dass ihre Muttersprache ja eigentlich niederländisch war. "Ich bin aus einer kleinen Stadt in England. Die kennst du bestimmt nicht. Seit ungefähr einem halben Jahr pendle ich allerdings zwischen Monaco und England."

Sie lächelte mich freundlich an. "Wieso seit einem halben Jahr?", fragte sie nach. Mein Lächeln verschwand für kurze Zeit von meinen Lippen. Max griff sofort nach meiner Hand und drückte sie. Er hatte seiner Mutter wohl nicht alles von mir erzählt. Das war ja auch in Ordnung so. Langsam sollte ich wirklich damit klar kommen meine Geschichte zu erzählen. Im Grunde hatte sich ja alles nur zum besseren gewendet.

"Da habe ich erfahren wer mein Vater ist. Nein, nicht ganz. Erfahren habe ich das vor einem Jahr, aber vor einem halben Jahr kamen dann die Ergebnisse des Vaterschaftstests. Ich bin von Zuhause ausgezogen und bin entweder bei meinem Vater oder eben bei Max in Monaco.", erklärte ich zwar etwas kleinlaut, aber immerhin war es mir ohne größere Hilfe von Max gelungen. Sophies Lächeln verließ ihre Lippen trotzdem nicht.

Ich sah kurz zu Victoria, die allerdings mit ihrem Freund redete und nichts von unserer Unterhaltung mitzubekommen schien. "Ich habe kein gutes Verhältnis zu meiner Mutter. Da kann man wirklich etwas eifersüchtig auf Max werden.", setzte ich hinzu. Das war noch nicht einmal gelogen. Seit ich Sophie kennengelernt hatte, war sie sehr offen und warmherzig gewesen.

"Max macht es einen leicht. Gut, durch seine Karriere war er schon immer viel unterwegs und deshalb auch die meiste Zeit bei seinem Vater. Er ist sehr schnell erwachsen geworden.", erwiderte Sophie dann und sah mir einem stolzen Blick auf Max. Ich hingegen hatte sofort meine Augenbrauen nach oben gezogen. Die meiste Zeit hatte ich Max nicht unbedingt als erwachsen kennengelernt.

Ich verstand natürlich schon was sie meinte. Max machte zwar gerne seine Witze und verhielt sich manchmal wie ein kleiner Junge, aber alles in allem war er wohl trotzdem erwachsener als die meisten in seinem Alter. Manchmal brauchte ich das aber auch. Max zauberte immer ein Lächeln auf meine Lippen, wenn ich es nötig hatte und trotzdem hielt er seinen ziemlich strengen Trainingsplan ein, war immer auf seine Karriere fokussiert und dachte nur selten nicht an das nächste Rennen.

Max hatte zwei Seiten. Der abgebrühte Rennfahrer auf der einen Seite und das Kind in ihm auf der anderen Seite. In meiner Gegenwart war er meistens sehr unbeschwert und weniger ernst. Vielleicht war das auch der Grund warum er mir bei Rennwochenenden teilweise wie ein anderer Mensch vorkam. Er wurde dann ernster und zumindest hin und wieder auch etwas nervös. Er würde das natürlich nie zugeben, aber ich merkte es.

"Der Rennfahrer Max Verstappen ist sehr schnell erwachsen geworden, aber er hier ist immer noch ein kleines Kind.", antwortete ich Sophie schließlich und Max knuffte mich leicht in die Seite. "Hey!", rief er noch aus, bevor Sophie ihm das Wort abschnitt. "Sie hat Recht.", sagte sie nur und Max sah gespielt beleidigt zwischen uns her. "Wie ist das für dich ihn Rennen fahren zu sehen? Mir fällt es oft schon schwer ruhig zu bleiben, aber für eine Mutter muss das noch schlimmer sein."

Sophie nickte und es war das erste Mal, dass das Lächeln von ihren Lippen verschwand. "Das ist wirklich nicht besonders leicht. Für mich ist es vielleicht noch leichter, weil ich selbst Rennen gefahren bin, aber das kann man nicht vergleichen. Selbst zu fahren ist kein Problem für mich, aber meinen Sohn fahren zu sehen, vor allem bei schwierigen Bedingungen, da klopft mein Herz gern man deutlich schneller."

Ich wollte mir gar nicht ausmalen wie es wohl sein muss sein Kind auf der Rennstrecke zu sehen. Sogar ich wusste, dass die Formel 1 ziemlich gefährlich war. Für mich war es auch nicht unbedingt leicht Max auf der Rennstrecke zu sehen, aber ich hatte ihn so kennengelernt. Vom ersten Moment an wusste ich was er tat.

"Max fährt manchmal aber auch viel zu riskant.", fügte Sophie dann aber hinzu. Max hob abwehrend seine Hände. "Könnt ihr aufhören auf mir rumzuhacken?", fragte er dann. Ich legte meinen Arm um ihn. "Wenn du meine Antwort abgewartet hättest, dann würdest du jetzt anders reagieren."

"Was wolltest du sagen?", fragte Max nach. Ich schüttelte den Kopf und verschränkte meine Arme. "Das wirst du jetzt wohl nie erfahren." Max setzte sofort sein vorwurfsvolles Gesicht auf. "Komm schon.", forderte er mich auf. Ich zuckte mit den Schultern. Es war mehr gespielt. Ich hätte es Max sowieso erzählt, aber manchmal musste ich ihn einfach ein bisschen provozieren.

"Auch wenn du riskant fährst bist du der beste Fahrer. Du crasht nicht so leicht. Ich habe das Video von Brasilien gesehen. Das war einfach nur magisch. Nicht nur, dass du überhaupt ins Ziel gekommen bist. Du hast so viele Fahrer überholt und hattest dabei keine Probleme. Du kannst das."

A new lifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt