Kapitel 63

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Als ich das Büro von Aiden betrat war ich wieder ziemlich nervös. Zum Glück war mein Vater bei mir. Aiden hatte gesagt, dass er ihn auch kurz braucht. Am liebsten wäre ich weggelaufen, aber es lief ein Verfahren gegen mich. Es war immer noch unglaublich das auszusprechen. Meine eigene Mutter verklagte mich. Egal wie oft ich das hörte, ich konnte es einfach nicht glauben.

"Hallo Aria. Hallo Christian.", begrüßte uns Aiden freundlich und ließ sich in seinen Bürostuhl fallen. Er schlug die Akte auf und holte zwei Dokumente heraus. "Gut, dass es so bald geklappt hat. Christian ich brauche Sie im Grunde nur kurz für eine Unterschrift, aber ich dachte Sie wären gerne dabei.", sagte Aiden und ich war etwas verwirrt.

Er legte das erste Dokument vor. Es war meine Geburtsurkunde. Das Feld für den Vater war nicht ausgefüllt. "Ihr habt das nie nachgeholt seit der Vaterschaftstest angekommen ist. Offiziell müssen Sie Christian noch die Geburtsurkunde annehmen. Dann seid ihr nicht nur biologisch, sondern auch rechtlich Vater und Tochter.", erklärte Aiden. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen. An so etwas hätte ich nie gedacht. Es war ja auch nicht nötig gewesen.

Ich war volljährig und damit war es fast egal ob Christian offiziell mein Vater war oder nicht. Sicher hätten wir das irgendwann geregelt, aber es ist so viel passiert, dass ich daran niemals gedacht hätte. Mein Vater unterschrieb das Dokument ohne zu zögern. Warum sollte er auch? Der Vaterschaftstest hatte eindeutig ergeben, dass er mein Vater war und er hatte sich von Anfang an um mich gekümmert.

Damit war es offiziell Christian war mein Vater. Nicht so, dass er es nicht die gesamte Zeit über gewesen wäre, aber irgendwie fühlte es sich trotzdem noch einmal anders an, dass auf Papier zu haben. Es war als wäre unser Verhältnis noch einmal bestätigt worden und stärker denn je. Das war alles was ich mir als Kind immer gewünscht habe. Einen liebevollen Vater und jetzt endlich hatte ich ihn.

Aiden reichte mir das zweite Dokument. "Hier. Das musst du unterschreiben, Aria. Es ist der Antrag auf eine Namensänderung. Da Christian jetzt offiziell dein Vater ist, ist das kein Problem mehr. Unterschreibe das Papier und die Tage von Aria Clark sind gezählt." Mit einem fetten Grinsen auf den Lippen unterschrieb ich das Dokument. Ich wusste, dass es die richtige Entscheidung war.

Meine Mutter hatte mit mir gebrochen und es war an der Zeit auch mit ihr zu brechen. "Ist es damit offiziell? Heiße ich Aria Horner?", fragte ich Aiden dann. "Naja, genau genommen muss ich den Antrag noch einreichen und du brauchst neue Ausweispapiere, aber für dich ist alles erledigt. Zumindest was das betrifft." Mir war das ziemlich egal. Selbst wenn es noch ein paar Wochen dauern würde. Ich konnte keinen Rückzieher mehr machen.

"Sehr gut. Ich muss jetzt wieder ins Büro.", sagte mein Vater mit einem Lächeln auf den Lippen. Er gab mir einen Kuss auf die Wange und verließ, dann Aidens Büro. Jetzt war es an der Zeit die Taktik für die Gerichtsverhandlung zu besprechen. Davor hatte ich am meisten Angst. Angst war vielleicht das falsche Wort. Davor hatte ich am meisten Respekt. Aiden schlug ein anderes Register seiner Akte auf.

"Also, dann lass uns mal über die Gerichtsverhandlung reden.", fing er an und ich nickte nur stumm. Ich hatte keine Ahnung was ich sagen sollte. "Ich habe vor auf zwei Wegen gegen deine Mutter zu argumentieren. Erstens würde ich gerne darstellen, dass sie gar nicht bedürftig ist. Normalerweise wird Unterhalt eingeklagt, wenn die Eltern pflegebedürftig sind oder natürlich bei Kindern, die noch nicht arbeiten können." Das hörte sich zumindest schon mal ziemlich plausibel an, aber unsere Mutter arbeitete und eines musste man ihr lassen: die Schulden kamen nicht von irgendwo.

Soweit ich das wusste, hatte sie die meisten Schulden davon, dass sie die Wohnung gekauft hatte und für die Schule von mir und Matt. Wobei sie trotzdem über ihre Verhältnisse lebt. Sie war regelrecht süchtig nach Onlineshopping. Es gab fast keinen Tag an dem kein Paket für sie ankam. Dafür ging dann eben ein Großteil ihres Geldes drauf. Ich nickte zur Bestätigung und Aiden fuhr fort.

"Falls das nicht ausreicht möchte ich außerdem beweisen, dass sie dich vernachlässigt und sogar rausgeschmissen hat. Dafür brauchen wir dann auch die Aussagen.", machte Aiden weiter. Diesmal hatte ich etwas zu sagen und unterbrach ihn deshalb: "Wer muss alles aussagen?" Am liebsten wäre es mir, wenn niemand aussagen musste. Meine Stimmung war am Boden. Wenn es nach mir ginge, dann würde ich jetzt in meinem Bett liegen.

"Also im Moment habe ich natürlich geplant, dass du, dein Vater und Matt aussagen. Ich glaube, dass ist offensichtlich. Wenn es geht, dann möchte ich auch Max und Daniel aussagen lassen. Zumindest Max brauchen wir auf jeden Fall. Um Daniel kommen wir vielleicht herum.", sagte Aiden. Seine Stimme hörte sich irgendwie auch bedrückt an. Ich legte meinen Kopf in meine Hand.

Im Grunde musste also jeder, der mir wichtig war, aussagen. So hatte ich mir das eigentlich nicht vorgestellt. "Dann muss die Gerichtsverhandlung am besten während der Winterpause oder zwischen zwei Rennwochenenden sein.", erwiderte ich, aber ich konnte nach wie vor nicht aufschauen. Aiden ging schließlich um seinen Schreibtisch und legte mir eine Hand auf die Schulter.

"Ist schon gut Aria. So eine Gerichtsverhandlung ist nicht leicht.", versuchte er mich zu beruhigen. "Ich wollte nur nicht alle Menschen die mir etwas bedeuten in den Zeugenstand zwingen.", erwiderte ich. Aiden strich sanft über meine Schulter. "Mach dir darüber keine Sorgen. Sie müssen nur das aussagen was sie selbst gesehen haben. Ich werde sie darauf vorbereiten, wenn du willst."

Er schaffte es mir zumindest ein bisschen Mut damit zu machen. "Können wir morgen weitermachen?", fragte ich Aiden. Ich war mir sicher, dass er einen vollen Terminkalender hatte, aber vielleicht hatte ich Glück. "Ja, natürlich. Meine Sekretärin sagt dir wann. Beruhige dich erst einmal. Wir bekommen das schon hin. Gemeinsam." Ich nickte und bedankte mich kurz, dann verließ ich Aidens Büro.

Mir wollte die Vorstellung von einem aufgelösten Daniel, einem wütenden Max, einen hilflosen Dad und einem vorwurfsvollen Matt im Zeugenstand einfach nicht aus dem Kopf gehen. Ich wollte nicht, dass so etwas passiert.

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