Kapitel 80

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Ich war furchtbar nervös als ich am nächsten Tag im Gerichtssaal saß. Bei den Zuschauern saßen Max, Matt und mein Dad. Im Moment starrte ich sie gefühlt nieder. Aiden saß neben mir. Der Anwalt meiner Mutter war schon da, sie selbst allerdings noch nicht. Es waren nur noch wenige Minuten bis die Gerichtsverhandlung beginnen würde.

Aiden hatte mir im Vorfeld erklärt wie das ganze ablaufen würde, aber ehrlich gesagt hatte ich in diesem Moment schon wieder alles vergessen. Zum Glück musste ich es aber auch nicht wissen. Dafür hatte ich immerhin Aiden an meiner Seite. Der Anwalt meiner Mutter bekam einen Anruf und hetzte schnell nach draußen. Aiden legte eine Hand auf meine Schulter als hätte er geahnt was im nächsten Moment geschah.

Meine Mutter betrat den Gerichtssaal und es war das erste Mal seit Monaten, dass ich sie wieder sah. Das letzte Mal, war bei einem der Treffen von mir und Max. Ich glaube es war das fünfte, aber ich war mir nicht einmal mehr sicher. Es war auf jeden Fall keine schöne Erinnerung. Sie sah trotzdem anders aus. Sie schien einiges an Gewicht verloren zu haben und ihre Haut wirkte sehr blass.

Sie trug ein Tuch über ihren Kopf, was ich normalerweise nicht von ihr kannte. Wortlos ließ sie sich neben ihren Anwalt fallen. Ihr Blick lag auf mir, was mich nur noch nervöser machte. Sie starrte mich regelrecht nieder, wie eine Schlange, die gleich zubeißen würde. Das machte mir furchtbar Angst und ich sah zu Aiden, der mir einen aufmunternden Blick zuwarf.

Meine Mutter würdigte meinen Vater, Matt und Max keines Blickes. Ich war mir sicher, dass sie sie bemerkt, hat, da ihr normalerweise nichts entging. Sie war der Typ von Mensch, der alles mitbekam. Irgendwann hielt ich ihren Blick gar nicht mehr aus und starrte fast apathisch auf den Notizblock vor mit, welcher allerdings leer war. Ich hatte ehrlich gesagt keine Ahnung warum er dort überhaupt lag, denn ich hatte ihn nicht mitgebracht. Ehrlich gesagt wusste ich auch nicht warum ich mir etwas notieren sollte.

Der Richter betrat den Raum. Er war schon relativ alt und strahlte auf mich eine gewisse Art von Autorität aus. Es schien als würde die Zeit nur sehr langsam vergehen. Es war als würden sich alle in Zeitlupe bewegen und es kam mir wie eine halbe Ewigkeit vor bis sich der Richter endlich hinsetzte.

Ich wusste, dass ich heute eigentlich gar nichts tun musste als einfach nur dazusitzen. Die Zeugenaussagen würden erst in der Hauptverhandlung kommen und um alles andere kümmerte sich Aiden. Dieser ging jetzt auch vor zum Richter, genauso wie der Anwalt meiner Mutter. Sie brachten irgendwelche Dokumente nach vorne.

Jetzt, da Aiden nicht mehr neben mir saß wurde ich noch viel nervöser. Es fühlte sich fast so an als wäre ich meiner Mutter komplett wehrlos ausgeliefert. Aiden war für mich wie eine Art Schutzschild gewesen. Das fehlte mir jetzt und so klammerte ich mich wieder an die Besucherränge. Max war gerade der einzige, der mich noch irgendwie beruhigen konnte, doch ihn nur zu sehen half bei weitem nicht so sehr wie ich gehofft hatte.

Wenn ich ihn jetzt nur berühren könnte. Wenn ich seine Hand nehmen könnte und wenn er mir dann beruhigend über den Rücken streichen würde. Wenn er sich leicht schützend vor mich stellen würde, so wie er es auch schon das letzte Mal getan hatte. Das würde mir jetzt wirklich helfen, aber das ging nicht. Ich musste hier wohl oder übel warten, bis die Anwälte das geklärt hatten.

Nach gefühlte Stunden, die in Wirklichkeit vielleicht wenige Minuten waren, kam Aiden schließlich zurück und der Richter eröffnete die Verhandlung. "Willkommen zu der Verhandlung Clark gegen Horner. Es handelt sich hierbei um eine Vorverhandlung, dass bedeutet, dass noch keine Zeugen gehört werden. Wir werden versuchen heute möglichst eine Einigung zu erzielen und die Anträge der beiden Seiten zu entscheiden.", fing der Richter an zu reden und ich verstand nur die Hälfte von dem was er erzählte.

Aiden warf mir noch einmal einen aufmunternden Blick zu. "Beginnen wir mit dem Antrag der Seite von Aria Horner auf Klageabweisung. Ihre Begründung bitte.", fuhr der Richter fort, nachdem er kurz seine Unterlagen überprüft hatte. Aiden stand auf. Jetzt war der erste große Moment, dieser Verhandlung. Aiden hatte mir immer großen Respekt eingeflößt, wie gut er allerdings im Gerichtssaal war, wusste ich nicht.

"Euer Ehren, wir sind hier wegen einer Unterhaltsklage. Familienrechtlich ist es natürlich möglich, dass Kinder für ihre Eltern Unterhalt bezahlen müssen, doch wir sind uns wohl alle einig, dass das nicht dem Regelfall entspricht. Warum? Ganz einfach, ein Kind kann nicht arbeiten, eine erwachsene Frau allerdings schon.

Frau Clark hat die Möglichkeit zu arbeiten. Ihre Schulden sind einzig und allein ihre Schuld. Ich finde, diese Klage sollte sofort abgewiesen werden, da sie gar nicht bedürftig sein kann. Ich werde hier und heute nicht abstreiten, dass meine Mandantin überdurchschnittlich verdient. Das allein kann allerdings kein Grund sein, dass sie für die Schulden ihrer Mutter aufkommen muss.

Meine Mandantin arbeitet hart für ihr Geld und jetzt kommt eine erwachsene Frau und möchte etwas von diesem Geld haben. Das selbe hat sie auch schon mit ihrem Sohn versucht. Diese Klage hat sie allerdings selbst wieder aufgegeben. Das zeigt bereits wie sich diese Verhandlung entwickeln wird.

Frau Clark hat sich nie besonders gut im ihre Kinder gekümmert, hat sie beide vor die Tür gesetzt kurz nachdem sie volljährig waren und dann wurden beide ohne ihre Hilfe erfolgreich. Das war der Moment, in dem sie wieder zurückkam und Geld haben wollte. Solange Frau Clark die Möglichkeit hat zu Arbeiten und ihr gestörtes Konsumverhalten in den Griff zu bekommen, darf sie von ihren Kindern kein Geld erhalten.

Also bitte, Herr Berry erklären sie mir, warum ihre Mandantin auf das Geld meiner Mandantin angewiesen ist und sie zu so einer Klage berechtigt. Ich bin gespannt, denn mir fällt nicht ein Grund ein warum so eine Frau, so eine Mutter, in diesem Gerichtssaal recht bekommen sollte."

Aiden beendete seine Rede und setzte sich wieder neben mich. Ich lächelte ihn leicht an. Also mich zumindest hatte er überzeugt. Der Richter nahm das ganze allerdings regungslos entgegen und sagte: "Herr Berry, was wollen sie dem etwas entgegnen?"

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