Kapitel 38

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Ich konnte Matt seinen Wunsch natürlich nicht abschlagen und so fuhren wir hintereinander in Richtung Milton Keynes.

Als Matt schließlich in Christians Haus trat rief ich sofort nach ihm. Er kam aus seinem Büro und war sehr verwirrt. „Dad!", murmelte Matt. Mein Dad war etwas verwirrt, aber er schien ihn relativ schnell zu erkennen. „Matt bist du es?", fragte er und Matt nickte.

„Wow dich hätte ich nie hier erwartete. Was ist aus dir geworden?", fragte mein Dad während er ihn ebenfalls in eine Umarmung zog.

Die beiden fingen an zu reden und ich sah Max an. Irgendwie waren wir überflüssig geworden. Das plötzliche Auftauchen meines Bruders verwirrte doch alle zunehmend. Andererseits konnte ich mich nicht beschweren. Im Gegenteil es war schön ihn hier zu haben.

Wir waren als Kinder sehr eng, auch wenn er fast acht Jahre älter war als ich. Er hatte mich damals immer vor meiner Mutter in Schutz genommen und war sehr auf mein Wohlbefinden bedacht. Das war wahrscheinlich meine Rettung als Kind.

Eines Tages war er dann einfach verschwunden. Ich wusste nicht wohin er war oder warum er gegangen war. Meine Mutter hatte zu dem Thema einfach geschwiegen. Sie tat so als hätte es ihn nie gegeben. Irgendwann dachte auch ich nicht mehr täglich an ihn bis er schließlich fast ganz aus meinen Gedanken verschwunden war.

Ich hoffte wir würden uns wieder näherkommen, was durchaus möglich war, wenn wir uns in Monaco des Öfteren sahen.

Mein Dad hatte ihn aber gerade komplett unter Beschlag genommen. Sie redeten darüber was passiert war seit sich meine Mutter von Christian getrennt hatte. Dem Gespräch nach zu urteilen müssen die Beiden sich damals sehr gut verstanden haben. Mein Vater hatte wohl auch die Rolle des Vaters für Matt übernommen.

Matt hatte mir meine gesamte Kindheit zwar immer wieder von meinem Vater erzählt, aber er sagte nie einen Namen. Er hatte mir immer erklärt wie wütend unsere Mutter werden würde, wenn sie wüsste, dass er überhaupt etwas von ihm erzählte.

Matt hatte schon immer ausschließlich gute Sachen von Christian erzählt. Als Kind war mein Vater für mich eine Art Superheld und ich wollte ihn immer unbedingt kennenlernen, aber meine Mutter hat das nie zugelassen bis ich mich schließlich selbst auf die Suche begeben habe. Irgendwann konnte sie mich dann nicht mehr abwürgen.

Ich war also in das Treffen mit meinem Vater mit sehr vielen Erwartungen gegangen, aber er hatte mich nie enttäuscht. Selbst wenn er zum Beispiel an Rennwochenenden nicht immer besonders viel Zeit für mich hatte, aber das war in Ordnung.

Ich wusste immer, dass es Arbeit für ihn war und ich ihn nicht stören sollte. Sonst war Dad immer sehr offen gewesen mir gegenüber. Er hatte mich bei allem unterstützt und mich immer seine Hilfe angeboten. Er hat keine Sekunde gezögert mich zu sich einzuladen, nachdem meine Mutter mich rausgeschmissen hat.

Am Abend saßen wir diesmal zu fünft im Wintergarten. Ich lehnte an Max während Matt erzählte was er so trieb. Er redete auch davon, dass er viel in Monaco war. Er sagte hauptsächlich um Geschäftskontakte zu pflegen. In einem Nebensatz erwähnte er dann auch, dass wir uns ja dadurch öfter sehen würde. Ich sprang sofort auf und lief zu meiner Tasche. Bei dem ganzen Drama mit Matt hatte ich eine Sache ganz vergessen. „Das wollte ich euch erzählen. Das habe ich total verpeilt.", murmelte ich und drückte meinem Vater den Brief in die Hand.

„Die Universität in Monaco hat dich angenommen?", fragte mein Vater ziemlich begeistert. Ich nickte. „Ich freue mich sehr für dich." Er stand auf und umarmte mich. „Auch wenn das bedeutet, dass wir uns seltener sehen werden.", fügte mein Vater noch an. Ich erwiderte sofort: „Das habe ich mir auch gedacht, aber da ich weiterhin zu den Rennen fahren werde, wenn es geht und in den Semesterferien sowieso in der Factory arbeite sehen wir uns doch noch relativ oft."

„Stimmt du hast Recht. Trotzdem werde ich besonders so Abende wie diesen hier vermissen.", sagte mein Vater.

Geri beglückwünschte mich sofort. Sie schien nicht eine Sekunde zu bezweifeln, dass der Kontakt nicht abbrechen würde und wir weiter in Kontakt stehen würden.

An diesem Abend war ich so glücklich wie schon lange nicht mehr. Ich hatte meine Familie bei mir und Max. Er würde auch zum ersten Mal bei mir übernachten, da er nur für das Treffen nach England gekommen war und deshalb auch keine Hotelzimmer von Red Bull gebucht wurde.

Das beste war, aber dass Matt auch hier war. Er war ein Teil meines Lebens, welcher noch gefehlt hatte.

Auch wenn ich lange nicht an ihn gedacht habe, war er doch immer noch mein großer Bruder und auch wenn ich ihm das nie gesagt habe, liebte ich ihn sehr. Er war in meiner Kindheit der Ruhepol gewesen und meine Schutzschild. Abgesehen davon wurde ich immer von allen in Ruhe gelassen, weil jeder in meiner Heimatstadt Respekt vor ihm und seinen Freunden hatten.

Damals hatte er noch keine Anzüge, sondern eher Lederjacken. Sein Motorrad hat er auch durch einen Porsche ersetzt. Er war immer ein bisschen der Bad Boy, aber ehrlich gesagt habe ich relativ wenig davon mitbekommen, was er so getrieben hat. Dafür war ich einfach zu jung.

Nachdem er weg war, hat sich alles verändert. Mein Schutzschild war auf einmal weg. Die Leute waren auch anders mit mir umgegangen.

Nachdem ich ihn gefunden habe hatte ich sofort wieder ein Gefühl der Sicherheit. Es war als wäre es wieder wie früher, als hätte ich mein Schutzschild wieder gefunden. Zudem ich jetzt nicht nur Matt hatte, sondern eben auch meinen Vater und Max. Ich hatte eine Familie. Eine richtige Familie und das wurde mir an diesem Abend so richtig bewusst.

Ich brauchte keine Mutter und wenn doch dann hatte ich immer noch Geri. Mir war bloß bis zu diesem Moment nicht bewusst, dass ich meinen Bruder auch gebraucht habe. Ich hatte das Gefühl er war die Verbindung zu meiner Vergangenheit. Genau das hatte ich gebraucht. Keine Versöhnung mit meiner Mutter. Sie hatte mich rausgeschmissen, nachdem ich einmal in meinem Leben nicht sofort auf sie gehört habe. So jemanden brauchte ich nicht.

Trotzdem konnte ich nicht einfach alles loslassen. Es waren doch ungefähr 18 Jahre meines Lebens. Das war zu viel um es einfach wegzuwerfen. So sehr ich mir wünschte Horner zu heißen, so tat ich es doch. Mein Name war nach wie vor Clark und dieser Abend war wahrscheinlich der Erste seit ich Christian kannte, an dem ich mir nicht mehr wünschte Horner zu heißen.

Der Name Clark verband mich mit meinem Bruder und das würde er auch immer tun.

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