Kapitel 69

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Es war noch ein schöner Abend, auch wenn wir direkt nach dem Essen wieder zurück ins Hotel gingen. Ich und Max mussten beide früh aufstehen und mir würde es sowieso schwer fallen zu schlafen, weil der Jetlag noch auf mich zukam. In Japan war es wohl mit am schlimmsten. Max war schon seit ein paar Tagen hier und dürfte sich schon umgestellte haben. Generell war er aber nicht besonders empfindlich. Max schlief wann und wo er wollte.

Obwohl ich Max' Mutter mochte, war ich irgendwie auch wieder froh im Hotelzimmer zu sein. Irgendwie hat mich diese Begegnung ziemlich gestresst. Es fiel mir einfach schwer mich zu entspannen. Mein Anspruch war nach wie vor, dass sie mich gern mochte und irgendwie hatte ich immer Angst, dass ich nicht gut genug war.

Ich hatte also erst einmal tief durchgeatmet nachdem ich und Max das Restaurant verlassen hatten. Der Rest seiner Familie war noch kurz geblieben, aber Max hatte mir sofort angesehen, dass mich die Situation etwas überforderte. Er hat dann angeboten zurück ins Hotel zu gehen. Ich war zwar müde, aber es war dieses ekelhafte Gefühl, wenn man die Nacht durchgemacht hatte und jetzt entgegen seinen Schlafrhythmus schlafen musste.

Im Gegensatz zu Max brauchte ich meine festen Schlafenszeiten. Ich war noch nie jemand gewesen, der einfach schlafen konnte, wenn er müde war. Normalerweise ging ich immer zur selben Zeit ins Bett und stand auch wieder zur selben Zeit auf. War ich raus aus dieser Routine, war ich zu nichts mehr zu gebrauchen.

Das war definitiv der große Nachteil an der Formel 1. Jetzt wo ich bei praktisch jedem Rennen dabei war musste ich mich oft für nur wenige Tage umstellen. Mir fiel das nicht besonders leicht. Der einzige Vorteil war, dass ich im Gegensatz zu den Fahrern, keine Autos mit über 300 km/h fahren musste. Ich konnte es mir erlauben müde zu sein, außerdem habe ich bis vor kurzem noch nicht einmal gearbeitet.

Angenehm war es trotzdem nicht. Besonders nicht für mich. Ich war nicht unbedingt der spontane Typ und mochte meine Routinen sehr gerne. In den letzten Monaten wurde ich zwar gänzlich aus meinen Routinen gerissen und teilweise habe ich es auch genossen. Es hat mir mehr Spaß gemacht als ich dachte einfach mal spontan zu sein, aber im Grunde würde ich das niemals die gesamte Zeit über aushalten.

Die Reise von mir und Max war bisher voller Spontanitäten und verrückten Erlebnisse. Das machte unsere Beziehung für mich auch so besonders. Ich hatte lernen müssen mich auf etwas neues einzulassen und mich einfach fallen zu lassen. Es war wirklich schwierig für mich darauf zu vertrauen, dass mich jemand wieder auffängt. Während Max allerdings gerade die Hoteltür öffnete wurde mir bewusst, dass ich eben jemanden hatte. Max würde mich immer auffangen wenn ich falle. Auf meine Lippen schlich sich ein leichtes Lächeln, aber Max schien es nicht zu bemerkten.

Max sprang noch schnell unter die Dusche, während ich mich schon in das große Bett kuschelte. Ich war hellwach und versuchte mich etwas mit meinem Handy abzulenken, aber ich wusste schon jetzt, dass mir Morgen ein harter Tag bevorstehen würde. Irgendwie müsste ich wach bleiben. Zum Glück arbeitete ich nicht für irgendein Formel 1 Team, sondern für ausgerechnet, dass Team, das einem Energydrinkhersteller gehörte. Das bedeutete kostenloses Red Bull.

Ich verbuchte das definitiv als Vorteil. Morgen war immerhin schon das Qualifying. Anders als am Freitag ging es wirklich um etwas. Da sollte ich wenigstens einigermaßen fit sein, immerhin wurde ich auch nicht fürs nichts tun bezahlt. Max kam schließlich aus dem Bad. Mir war aufgefallen, dass ich mich noch umziehen musste, denn auch wenn ich wach war, sollte ich wenigstens versuchen zu schlafen. Missmutig schälte ich mich also wieder aus dem Bett.

Max hatte sich schon ins Bett geschmissen, während ich mich noch umgezogen hatte. Als Schlafshirt hatte ich wie so oft das Niederlandetrikot eingesteckt. Max verdrehte zwar immer noch die Augen wenn ich es anhatte, aber normalerweise sparte er sich einen Kommentar. "Weißt du was ich nicht verstehe, Max?", fragte ich. Er nickte in seine Richtung und bedeutete mir somit, dass ich zu ihm kommen sollte. "Was verstehst du nicht, Aria?", fragte er und ich legte meinen Kopf auf seine Brust, während er seinen Arm um mich legte.

Sein Tonfall gefiel mir nicht, aber ich nahm seine Ironie meistens mit Humor. "Du verdienst ja nicht gerade wenig, aber wenn ich in diesem Trikot schlafe, sagst du es war zu teuer.", erklärte ich. "Das hast du das letzte Mal auch schon gesagt.", erwiderte Max nur. Ich nickte. "Und du hast es mir nicht erklärt, weil ich im Stress war. Ich denke gern an den Morgen zurück." Ich war doch etwas abgeschweift, aber als ich an diese Situation dachte konnte ich nicht anders. Immerhin war es unser erster Morgen als Paar.

Max seufzte leise. "Das Geld ist mir egal. Ich gebe es ja zu, aber irgendwie hat es mich trotzdem gestört. Dieses Trikot war immerhin ein Teil unserer Treffen. Für mich hat das dieses Treffen irgendwie herabgewürdigt. Macht das überhaupt Sinn? Ich glaube nicht." Max stotterte etwas herum. Das war sonst überhaupt nicht seine Art. Ich kannte Max nur als den selbstbewussten und manchmal vielleicht etwas überheblichen Mann, der er nun einmal war. "Bedeuten dir diese Treffen so viel?", fragte ich schließlich. Er zog mich noch etwas näher an mich heran. Er nickte.

"Du bedeutest mir so viel!", hauchte er. Nur wenige Sekunden später lagen meine Lippen auf den seinen. "Du musst es anders sehen. Wenn ich das Trikot trage, dann nur weil es mich an dich erinnert. Wenn du mal nicht bei mir bist, dann trage ich es eigentlich immer zum schlafen. Außer ich habe ein T-Shirt von dir mitgehen lassen.", erklärte ich nachdem wir uns kurz voneinander gelöst hatten. Max fing an zu grinsen.

Aus einem zaghaften, leichten Kuss wurde schnell ein leidenschaftlicher, intensiver Kuss. Als wir uns kurz gelöst hatten raunte Max: "Dafür siehst du in diesem Trikot wahnsinnig heiß aus." Ich wurde sofort rot durch seinen Kommentar, aber zum Glück konnte er es nicht sehen, denn Max verlor keine Zeit damit unsere Lippen wieder zu vereinen.

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