Kapitel 8

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Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte brachte mein Vater mir einen Tee und setzte sich neben mich aufs Bett. "Tut mir Leid. Ich bin schuld, dass deine Mutter dich rausgeschmissen hat.", sagte er schließlich. Ich schüttelte den Kopf. "Nein, bist du nicht. Wir hatten schon immer ein schwieriges Verhältnis. Ich glaube sie wollte mich nie." Er sah in seine Tasse.

"Dann tut es mir trotzdem Leid. Ich hätte dafür sorgen können, dass du eine schönere Kindheit hast.", erwiderte er. Ich schüttelte wieder den Kopf. "Dad, gib dir nicht die Schuld an irgendetwas. Du wusstest ja noch nicht einmal, dass es mich gibt. Außerdem bist du dafür jetzt ein umso besserer Vater." Er lächelte. "Du bist bei uns immer willkommen, wenn du nicht weißt wo du hin sollst."

"Das selbe Angebot habe ich von Max auch schon bekommen, trotzdem danke.", sagte ich. "Wir sind eben eine große Familie bei Red Bull. Ich wette mir dir, dass dir Daniel das selbe Angebot macht, wenn er davon erfährt."

"Ich hatte nie wirklich eine Familie.", antwortete ich. Christian sah mich von der Seite an. "Jetzt hast du eine. Zumindest hast du mich."

"Danke.", murmelte ich. "Ach und übrigens meine Sachen werden zu dir nach Hause geschickt."

Das Gespräch mit meinem Vater hatte wirklich gut getan. Max hatte genau das Richtige getan. Christian ging dann wieder weil seine Frau und Kinder ankamen, aber er beschloss, das erste kennenlernen auf den nächsten Tag zu verschieben, weil ich gerade nicht unbedingt dazu in der Lage war einen guten Eindruck bei irgendjemanden zu hinterlassen. Dafür hatte er mir Daniel geschickt.

Eins musste man dem Australier lassen, er war die perfekte Ablenkung, wenn es einem schlecht ging und so wie mein Vater vorausgesagt hatte machte auch er mir das Angebot bei ihm zu wohnen, wenn ich nicht wüsste wohin mit mir.

Ich glaubte zwar nicht, dass ich zu ihm ziehen würde, immerhin war Australien doch ein sehr weiter weg im Vergleich zu Europa, aber ich freute mich trotzdem.

Ich habe den ganzen Tag nicht mehr das Zimmer verlassen. Daniel musste auch irgendwann gehen, aber ich fing nicht wieder an zu weinen. Keine Ahnung was Max tat, aber er kam erst relativ spät, weshalb ich die Gelegenheit nutzte und in Ruhe duschen ging.

Ich hatte das Gefühl mir dadurch alle Sorgen herunter zu waschen. Tatsächlich machte ich mir gerade gar keine Sorgen mehr um meine Zukunft. Immerhin würde ich schon irgendwo wohnen können und ich meine bei meinem Vater zu wohnen wäre ja auch nichts ungewöhnliches. Auf lange Sicht möchte ich natürlich ausziehen, aber von welchen Geld?

Klar mein Vater verdiente nicht schlecht, aber ich wollte einen Vater und nicht eine Geldquelle. Er hatte mir sowieso schon viel bezahlt. Allein das Hotelzimmer in Österreich hat wahrscheinlich Unmengen gekostet, genauso wie der Flug.

Eben weil ich jetzt so sorglos war, beschloss ich ein letztes Mal mit meiner Mutter zu reden. Wahrscheinlich für immer. Ich rief sie an und zu meinem Erstaunen nahm sie sofort hab.

"Willst du mich anflehen, dass du wieder zurückkommen darfst, weil du nicht weißt wo du hin sollst oder was willst du?", raunte sie mich an. "Keine Sorge. Ich weiß wo ich hingehe, wenn ich nicht nach Hause kommen kann." Das war streng genommen gelogen, denn ich wusste es nicht. Wahrscheinlich würde ich zu Christian. Vorausgesetzt ich verstehe mich gut mit seiner Familie. Ich konnte es mir aber auch vorstellen bei Max zu bleiben. Vielleicht würde das zwischen uns ja noch was werden.

"Ich wollte dich nur ein letztes Mal fragen ob dein Entschluss feststeht, weil wenn du mich wirklich rausschmeißt, wird das wohl unser letztes Gespräch sein.", fuhr ich fort.

Sie legte auf. Wow. Sehr erwachsen. Gut das war auch eine Antwort. Ich hatte wohl ab sofort keinen Kontakt mehr zu meiner Mutter. War mir auch recht.

Danach sah ich fern und zippte durch die Kanäle bis ich schließlich sehr müde wurde und meine Augen nur noch mit Mühe und Not offen halten konnte. Genau dann kam Max auch wieder.

"Hey wie geht es dir?", fragte er mich. "Ich bin müde, aber sonst gut.", erwiderte ich.

Irgendwie wurde ich dann doch wieder wach. Ich erzählte Max was passiert war und er war zuerst sehr besorgt, ich konnte ihn aber schnell wieder beruhigen. Es interessierte mich nicht groß, dass sie anscheinend keinen Kontakt mehr zu mir wollte. Ich hatte heute begriffen, dass ich nicht allein war und es Menschen gab die sich für mich interessierten.

Als Max so neben mir lag und wir redeten fühlte ich mich fast mehr wie Zuhause als in meinem eigentlichen Zuhause die letzten Jahre. Ich fühlte mich geborgen, sicher und unbeschwert und so war es bei meiner Mutter lange nicht mehr gewesen.

"Weißt du schon zu wem zu ziehst? Ich weiß ich hab es dir angeboten, aber ich gehe davon aus, Christian auch.", fragte er mich schließlich. "Daniel auch.", warf ich ein.

"Nein, ich weiß es noch nicht. Ich muss mir die nächsten Tage Gedanken über meine Zukunft machen. Ich weiß was ich studieren möchte, aber die Frage ist wo. Es kann sein, dass ich weder bei dir, bei Daniel oder bei Dad wohnen kann und ehrlich gesagt weiß ich auch nicht ob ich bei einem von euch einziehen möchte, immerhin möchte ich keinem auf der Tasche liegen.", erklärte ich die Situation.

Max lachte. "Keine Sorge du darfst mir gerne auf der Tasche liegen, dann hab ich ein gutes Argument bei den Vertragsverhandlungen." Ich verdrehte die Augen. "Nein ernsthaft. Wir haben alle genug Geld und Christian ist dein Vater. Ich weiß wie er mit seinen Kindern umgeht. Er zahlt dir alles was zu willst. Fast alles was zu willst."

"Ich habe ich bei einer Universität in Monaco beworben.", platzte es plötzlich aus mir heraus. Warum erzählte ich ihm das? Ich wollte noch nicht mal wirklich dort hin. Es war mehr ein Scherz. Ein nettes Gedankenspiel gewesen.

Ein was wäre wenn. Ein was wäre wenn ich und Max zusammenkommen. Was wäre wenn meine Mutter mich rausschmeißen würde.

"Ok gut. Versprich mir etwas, wenn die Uni dich annimmt, dann ziehst du zu mir.", war seine Antwort.

"Gut, versprochen."

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