Die letzten Stunden hatte ich mit Grübeln verbracht. Alles, was mir in den Kopf kam in seine Einzelteile zerlegt. Alles analysiert und meine Gedanken sortiert. Alles, was mich einem Nervenzusammenbruch nahe bringen konnte zu verbannen versucht und alles Positive in den Vordergrund gerückt, wollte ich doch nicht so enden wie meine Tante. Doch egal was ich tat, egal wie ich alles drehte, eine Sache schien felsenfest und unveränderbar zu bleiben.
In zwei Tagen war meine Chance vorbei. In nur 48 Stunden würde ich mich meinem Schicksal hingeben müssen und zu dem werden, was ich mir geschworen habe nie zu sein.
Eine verheirateter König.
In zwei Tagen würde ich genau dies sein und allein der Gedanke ließ Panik in mir aufsteigen. Ich wollte Freiheit, nicht die festkettende Krone auf meinem Kopf. Ich wollte leben, nicht für immer hier eingesperrt sein. Und ich wollte allen zeigen, wer ich wirklich war. Wer wirklich hinter dem Namen George steckte. Doch dies alles hing von einer bestimmten Person ab. Von einer anscheinend unauffindbaren Person und nichts frustrierte mich mehr. Mein Leben, meine Zukunft in den Händen einer Person, mit der ich noch nie ein Wort gewechselt geschweige denn sie überhaupt schon einmal gesehen habe. Alles, was ich tun konnte war hoffen und mich weiter in der Stadt herumtreiben, was ich gerade auch tat.
Es war erneut schon wieder dabei Abend zu werden und ich hatte erneut keinen nennenswerten Fortschritt gemacht. Karl hatte ich auch nirgends finden können. Weder er noch der schwarzhaarige Barkeeper waren in dem Lokal meines ersten suchenden abends gewesen.
Was sollte ich tun? Zu Phil gehen? Auf keinen Fall. Dieser Typ war mir mit seiner Wahrsagerei und Wichtigtuerei nicht ganz geheuer. Egal, was er mir auch über Dream sagen konnte, von ihm wollte ich es nicht hören. Wenn die Kosten für ein paar weitere Gerüchte waren, mich von diesem wissenden und zugleich abwesenden Blick durchbohren zu lassen, konnte ich glatt darauf verzichten.
Die Wolken, hinter denen sich die untergehende immer schwacher werdende Sonne versteckte, schienen dichter zu werden und der Geruch nach Regen lag in der Luft. Wahrscheinlich ein herannahendes Gewitter. Das letzte, was ich gebrauchen konnte. Würde es zu regnen begingen, müsste ich wohl oder übel meine Suche auf der Stelle beenden und wie die handvoll Leute, die mich passierten, in den Schutz meines Zuhauses gehen. Oder in die Zelle meines Gefängnisses. Wie man es auch sah.
Ich strich weiter durch die Gassen, die ich in den letzten Tagen besser kennengelernt hatte und hoffte auf ein kleines Wunder. Meine Chancen wirklich Dream zu finden waren gering, doch meine Chancen ihn von meinem Plan zu überzeugen waren so gering, dass sie schon fast gar nicht mehr vorhanden waren. Doch ich hatte mir etwas überlegt, etwas, dass er nicht ausschlagen konnte. Etwas, womit ich zwar der Krone extrem schade, jedoch hatte diese Krone auch nie etwas für mich getan, also wieso sollte ich sie schützen?
Die einfache Kleidung, die ich mir von Marc ausgeliehen hatte, kratze unangenehm an meiner verwöhnten Haut, als ich erneut in einer Gasse stand, die durch eine steinerne Mauer zur Sackgasse wurde. Erschöpft, war ich doch die letzten Stunden nur umhergewandert und das in Schuhen, die mir auch noch zu klein waren, ließ ich mich auf einem dort hingestellten alten Holztisch nieder. Er knarzte unter meinem Gewicht und ich hatte kurz Angst, dass er nachgeben und mit einem lauten Wumms unter mir zusammenbrechen würde, doch seine mit Rissen bedeckten Beine ächzten nur unter der zusätzlichen Belastung.
Ich seufzte frustriert. So hatte das doch alles keinen Sinn. So würde ich Dream nie finden. So würde ich als verheirateter König enden.
Die Sonne hatte sich nun endgültig zurückgezogen, doch auch der Mond schien heute etwas schüchtern hinter den Wolken zu bleiben, von den Sternen keine Rede. Es war etwas frischer als zuvor, doch man merkte an der Schwere der Luft, dass es definitiv Richtung Hochsommer ging. Sie war sehr humid und brachte schon einzelne Vorboten der kommenden Hitze mit sich. Doch nicht nur das. Sie brachte auch einen entfernten Geruch von Blumen und blühenden Wäldern mit. Ein Geruch, der selten in der Hauptstadt Tortaniens zu finden war, wurde in dieser riesigen Stadt doch jeder Zentimeter zugebaut und nur durch die anliegende Seezufahrt wurde der typische dreckige Stadtgeruch davongetragen. Ich liebte den Hafen und sein an manchen Tagen sogar blau wirkendes Wasser, das einen salzigen Beigeschmack mit sich brachte. Es war entspannend den Möwen bei ihren kunstvollen Flugmanövern zuzusehen und derweil die Brise des Meeres, auf der die Vögel so mühelos zu schweben schienen, durch die Haare fahren zu lassen. Es wirkte schon so lang her, als dass ich dies das letzte mal verspürt hatte. Es wirkte nicht nur so, es war schon wirklich lange her. Mit 15 das letzte Mal und nun war ich 21 und in wenigen Tagen 22 und hoffentlich ein freier Mann.
"Was kann ein tagträumender Prinz nur von mir wollen?"
Ich bin stolz auf diese Kapitel! Und es ist auch der erste wirkliche Cliffhanger in dieser Story 0.0 . Ich sag euch, langsam aber sicher nimmt die Geschichte Fahrt auf und ihr wisst bestimmt schon wer diesen letzten Satz gesagt hat, oder? Vote, maybe?
~S.~
DU LIEST GERADE
Die Träne der Königin// DNF
FanfictionGeorge, der Prinz von Tortanien, ist nach dem Tod seines Vaters mit der Aufgabe konfrontiert der neue König zu werden. Doch alles, was er wirklich will, ist Freiheit. In Freiheit sein Leben endlich leben und in Freiheit er selbst sein. George entwic...