Ich horchte auf bei diesem Satz. Dies entsprach definitiv nicht der normalen Etikette.
"Natürlich, Prinzessin.", erwiderte ich, gespannt auf ihre Antwort, welche nicht lange auf sich warten ließ.
"Nun, Ihr wirkt nett und auch freundlich, jedoch muss ich gestehen, widert mich diese Verlobung an", ihre Stimme war leiser geworden, sodass nur ich sie hören konnte und meine Augen weiteten sich vor Überraschung, während mein Mitleid mit ihr noch mehr Wuchs. "Darf ich mit ihnen ebenfalls ehrlich sein?"
Ein Nicken forderte mich auf weiterzureden. "So hübsch und liebenswürdig Sie auch wirken, die Verlobung wird nicht stattfinden. Genauso wenig wie die Krönung." Nun war sie es, deren Augen sich weiteten. Ihr Blick huschte über mein Gesicht, dass wieder mit einem Lächeln geschmückt war. Eigentlich hatte ich vorgehabt es niemandem zu erzählen, doch sie war ja meine zukünftige Gattin, nicht wahr? Wem, wenn nicht ihr, konnte ich dies anvertrauen?
"Dies sind ja höchst erfreuliche Nachrichten", erwiderte sie und ihre Mundwinkel zuckten zur Seite, um eine Reihe weißer Zähne zu zeigen. Ja, wir hätten vielleicht sogar Freunde werden können.
"Wenn ich fragen darf, Prinz George, wie ist es dazu gekommen?" Die Musik brach ab und der Tanz war vorbei, weshalb ich sie wieder etwas mehr an den Rand des Saales geleitete, um ihr dort mit leiser Stimme meinen Plan zu erklären: "Ich habe den Entschluss kein König zu werden schon länger. Wenn Sie es genau wissen wollen, wird mich heute noch ein gewisser Dream aus den Klauen der Krone befreien und ich werde mit ihm mich einige Zeit vor den Wachen verstecken müssen."
Ihre Augen weiteten sich ein weiteres Male an diesem Tag und sie fragte: "Der Dream?" Ich nickte nur und versuchte zu erraten, welche Gedankenvorgänge gerade in ihrem Kopf abliefen. "Ich gratuliere euch, Prinz George. Bin ich erleichtert, dass ich noch einige Monate ledig bleiben darf." Sie fasste sich theatralisch an die Brust und mein Dauergrinsen verstärkte sich, doch bevor ich antworten konnte, dröhnte die kräftige Stimme meines Onkels über die ihm zugewandten Köpfe der Menschen hinweg.
"Sehr geehrte Gäste! Ich freue mich, dass ihr alle so zahlreich erschienen seid, um diesen durchaus wichtigen Tag mitzuerleben. Ich kann mit Stolz sagen, dass wir den leider tragischen Tod meines Bruders, des allerseits beliebten Königs, gut überstanden haben und die Dinge nun wieder ihren geregelten Lauf nehmen werden. Ihr alle wisst, wieso wir uns hier versammelt haben. Um meinen liebenswürdigen und starken Neffen Prinz George in die Fußstapfen seines Vaters treten zu lassen. Er ist bestens geeignet für die wichtige Rolle des Königs und ich könnte mir keinen besseren Neffen wünschen. Komm doch zu mir, George."
Obwohl ich von seiner Rede, die so viel Falschheit beinhaltete, mehr als angewidert war, blieb mir nichts anderes übrig, als mich durch die Menschenmenge, welche sich höflich vor mir teilte, zu meinem Onkel zu gehen, der auf dem Podest vor dem Thron stand. Als ich nach gefühlter Ewigkeit und einer Schaar an Blicken endlich neben meinem Onkel zum Stehen kam, sprach dieser sofort weiter: "Doch wir werden heute nicht nur eine Krönung erleben, die Tortanien zu seinem Besten führen wird, sondern möchte ich ebenfalls eine weitere Ankündigung machen." Er legte eine theatralische Pause ein und man konnte die Anspannung und Erwartung im Saal förmlich greifen. Die Blicke der Lords, Fürsten und Adligen aller Art schweiften zwischen meinem Onkel und mir stetig hin und her.
"Ich kann hiermit stolz verkünden, dass mein Neffe am heutigen Tage nicht nur König wird, sondern auch gleichzeitig einer Frau seine ewige Treue schenken wird." Geflüster fuhr durch die Menge und alle Blicke lagen nun auf mir. Mir wurde warm und ich fühlte mich unglaublich unwohl.
"Prinz George und Prinzessin Minx werden einen Bund der Ehe eingehen, der nicht nur für die Ewigkeit halten wird, sondern dem Königreich auch würdige Nachfolger liefern wird." Nun wandten sich viele Gesichter Prinzessin Minx zu, der die Röte sofort in die Wangen schoss. "Um die Traditionen aufrechtzuerhalten wird nun Prinz George die Träne der Königin umgelegt und er wird den heiligen Eid sprechen.", riss mein Onkel die Aufmerksamkeit wieder auf sich und sogleich kam ein Bediensteter mit einer riesigen Schatulle anstolziert und öffnete sie mit einer Verbeugung vor meinem Onkel. Nur für mich und meinen Onkel sichtbar, befand sich darin die Träne der Königin. Eine riesige Goldkette, deren wertvollstes Stück der im Licht funkelnde blaue Diamant in der Mitte war. Es war definitiv zu erkennen, dass dies eine Kette von unermesslichem Wert war und auch der Diamant wirkte mit seiner glattgeschliffenen Oberfläche betörend, doch ich hatte diese Kette nie als etwas wirklich wahrhaftig Schönes empfunden. Sie war zu prunkvoll, zu sehr darum bemüht Eindruck zu schinden und schön zu sein.
Mein Onkel entnahm sie der Schatulle mit vorsichtigen Händen und zeigte sie seinem Publikum. Erneut ging ein beeindrucktes Raunen durch die Menge, genau die Reaktion, die mein Onkel mit dieser Aktion erreichen wollte, bevor er sich zu mir drehte und mich mit seinen braunen Augen fixierte. Er trat näher und legte mir beinahe feierlich die Kette um den Hals, welche nun drückend auf meiner Brust lastete. Sie war schwerer als ich mir vorgestellt hatte und ich musste mich anspannen, damit ich meine tadellos gerade Haltung nicht verlor.
Mein Onkel entfernte sich wieder, betrachtete mich einen Augenblick, bevor er mich fragte: "Bist du bereit für den heiligen Eid?" Ich ließ ein lautes "Ja" durch den Saal klingen und mein Onkel nickte zurfrieden. "So soll es sein. Wiederhole meine Worte mit Bedacht"
Ich wusste genau was jetzt kam, hatte ich es doch schon so oft erprobt. "Ich, Prinz George, Sohn des nicht mehr weilenden König Alexander." Ich wiederholte diese Worte haargenau. "Gebe hiermit auf die Träne der Königin den Eid ab, dass ich bis in alle Ewigkeit das Land, welches unter dem Namen Tortanien fällt, mit allen mir zur verfügungstehenden Mitteln schützen werde." Erneut sprach ich ihm nach, meine Stimme stark und kräftig meine Worte zu den gespannten Zuhöreren tragend. "Aller Bedrohung und Unrecht ein Ende zu setzten gedenke und verschreibe mich dem Wohlergehen Tortaniens mit meinem Leben" Wieder wiederholte ich das bereits Gesprochene. Als meine letzten Worte verklangen brach Jubel in den Reihen aus und ein Lachen schlich sich auf das Gesicht meines Onkels.
Und wie fandet ihr den heiligen Eid?
~s.~
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Die Träne der Königin// DNF
Hayran KurguGeorge, der Prinz von Tortanien, ist nach dem Tod seines Vaters mit der Aufgabe konfrontiert der neue König zu werden. Doch alles, was er wirklich will, ist Freiheit. In Freiheit sein Leben endlich leben und in Freiheit er selbst sein. George entwic...