"Entspricht das deinen Erwartungen?"
Gerade wollte ich antworten, wollte ihn wissen lassen, dass all die Erwartungen, die ich mir kreiert hatte, maßlos übertroffen waren und er mit jeder noch so kleinen Regung in seinem Gesicht mir meinen Atem rauben konnte, doch ich brachte kein Wort hervor. Nicht einmal der Ansatz eines Geräusches rollte über meine Lippen, denn ich war immer noch zu fasziniert, zu gefangen in seinen Augen, die mir nun die Sorge offenbarten, die anscheinend langsam in Dream aufkeimte und ich wusste von diesem Augenblick an, dass ich jede erdenkliche Emotion in diesem Augenpaar sehen wollte. Dass ich die gesamte Bandbreite an Ausdruck und die Vielfalt ihrer Farben, die durch verschiedenes Licht produziert werden würde, sehen wollte, denn ich konnte spüren, dass ich mich niemals daran sattsehen könnte.
"Du bist-", setzte ich gerade an, als wir plötzlich ein ohrenbetäubendes Geräusch vernahmen, dass ein leises entferntes aber doch zu nahes Fluchen von einer fremden Person mit sich brachte.
Sofort schreckte Dream auf und die Atmosphäre des Vertrauens und der Entspannung zerplatzte so leicht, wie eine Luftblase Unterwasser. Dreams Gesicht verdunkelte sich und seine Augen schienen sich zu Schlitzen zu verengen, was ein so starker Kontrast zu seinem vorherigen Gesichtsausdruck war, dass ich einfach nicht aufhören konnte meinen Blick über sein angespanntes Kiefer und seine zusammengezogenen Augenbrauen schweifen zu lassen.
"Bleib hier", zischte mir Dream zu, während er leise aufstand und schnell zu dem Regal schlich, um sich ein Schwert davon zu nehmen. Ich schluckte. Vor lauter Dream anstarren, hatte ich gar nicht realisiert, welche Gefahr drohen konnte, denn es war offensichtlich jemand vor der Höhle, den wir beide nicht kannten und der auch nicht hier sein sollte.
Blitzartig sprang ich auf und begann entgegen Dreams Anweisungen ihm still und heimlich auf Zehenspitzen schleichend hinterherzugehen. Ich konnte erkennen, wie Dreams Rückenmuskeln sich mehr anspannten, als er seinen Griff um das Schwert verstärkte und wie er darum bemüht ruhe zu wahren versuchte seinen Atem zu kontrollieren, der sich durch das ausgeschüttete Adrenalin automatisch beschleunigte. Es war eindeutig, dass auch er eine drohende Gefahr vermutete und dies ließ einen Schauer über meinen Rücken fahren, denn wer würde zufällig zu dieser exakten Stelle im Wald kommen, von der der Weg zum Dorf eigentlich weitgenug entfernt ist, sodass Streunende auch nicht zufällig darauf stießen.
Wir erreichten den Eingang der Höhle und für einen kurzen Augenblick meinten meine Augen überall in dem Gebüsch und zwischen den Bäumen, wo das kühle Mondlicht nicht mehr hinkam, die mögliche Gefahr zu erkennen. Dann erblickte ich einen vollbeladenen Mann, der mit drei Pferden im Schlepptau versuchte, einen heruntergefallenen Sack aufzuheben, doch durch die Last auf seinem Rücken und auf seinen Armen nicht genug Gleichgewicht aufbringen konnte, um sich herabzubeugen. Es sah zugegeben lächerlich aus und von dem Mann schien offensichtlich keine Gefahr auszugehen, doch trotzdem wartete ich noch bis zum Äußersten angespannt auf Dreams Reaktion.
Und die ließ nicht lange auf sich warten, als Dream plötzlich sein Schwert fallen ließ und in schnellen Schritten auf den Mann zulief, während sein Gesicht mit einem riesen Grinsen überzogen war.
"Sapnap!", rief er und man konnte hören, wie seine Stimme überquoll vor Freude, was den gerufenen Mann- Sapnap- dazu veranlasste seine Aufgabe von gerade eben aufzugeben und sofort all die säcke von seinem Rücken auf den Boden zu werfen.
"Dream!", erwiderte er in dem gleichen Ton und ehe ich mich versah, lagen sich die beiden Männer in einer innigen Umarmung in den Armen, während die Pferde, deren Zügel immer noch in Sapnaps linker Hand waren so regungslos und vergessen in der Nacht standen wie ich. Da ich nicht wusste, was ich Besseres zu tun hatte, ließ ich meinen Blick über Sapnap schweifen und nahm seine Gestalt genauer in Augenschein, die allerdings durch Dreams Körper teilweise wegen der Umarmung verdeckt wurde. Ich konnte jedoch einen schwarzen Haarschopf, ein eigenartiges dickes weißes Stoffband, dass ihm wohl helfen sollte, seine etwas längeren Haare aus dem Gesicht zu bekommen, ein weiß-schwarzes Leinenhemd und eine braune Hose, deren Enden genauso verschmutzt und mit Schlamm bedeckt waren wie seine ledernen Stiefel, erkennen. Ein schwarzer Mantel, der mit einem Gürtel an seinen Hüften noch mehr dazu gezwungen wurde, möglichst an Ort und Stelle zu bleiben, rundete sein Auftreten ab und ich wusste nicht, ob ich es mir eingebildet hatte, doch ich meinte an eben diesem Gürtel in dem Mondschein einige Dolche aufblitzen zu sehen, die genauso wie Dreams befestigt zu sein schienen.
DU LIEST GERADE
Die Träne der Königin// DNF
FanfictionGeorge, der Prinz von Tortanien, ist nach dem Tod seines Vaters mit der Aufgabe konfrontiert der neue König zu werden. Doch alles, was er wirklich will, ist Freiheit. In Freiheit sein Leben endlich leben und in Freiheit er selbst sein. George entwic...