Kapitel 48

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Pov Julian

Unser Vereinspsychologe sah mich besorgt an als ich in den Besprechungsraum trat, in dem wir uns verabredet hatten.
Ich wusste nicht genau ob es daran lag, weil ich genauso scheiße aussah wie ich mich fühlte oder, wegen meines Anrufes.
Aber vielleicht lag es auch an beidem, so genau konnte ich es nicht sagen.
Auch aus seiner Stimme hörte man seine Sorge, als er mich begrüßte.
Wahrscheinlich war diese auch berechtigt bei dem Thema welches ich mit ihm besprechen wollte.
Mit zittrigen Händen setzte ich mich gegenüber von ihm und versuchte meine hektische Atmung unter Kontrolle zu bekommen, die sich vor Panik immer mehr beschleunigt hatte.
Ich konnte die Reaktion von unserem Psychologen so gar nicht einschätzen.
Abgesehen davon musste er mir erstmal glauben was ich ihm gleich alles erzählen würde.
Ich atmete noch einmal tief durch um dann all meinen Mut zusammen zu nehmen und das auszusprechen was mich seitdem ich mit Kai zusammengekommen war belastete und wie sehr sich die Situation bis heute zugespitzt hatte.
Ich sprach gefühlt eine halbe Ewigkeit bis ich die letzten Jahre zusammengefasst, vor dem Mann mittleren Alters vor mir, ausgebreitet hatte.
Er hatte mich nicht einmal unterbrochen, was mich etwas verunsicherte, doch nun räusperte er sich um nun endlich auch mal was zu sagen.
Naja zumindest dachte ich es, denn ohne etwas zu sagen machte der Psychologe seinen Mund wieder zu und starrte mich bloß weiter an.
Verunsichert blickte ich ihm regungslos entgegen, die Situation war mir gerade etwas unangenehm.
Ich wusste nicht was ich noch sagen sollte und mein Gegenüber scheinbar auch nicht, dabei hatte ich ihm gerade mein halbes verkorkstes Leben erzählt und mein ganzes Herz ausgeschüttet.
„Also Julian, ich muss das gerade erstmal selber verdauen, damit hatte ich tatsächlich nicht gerechnet als du mich anriefst und um ein Gespräch batest."
Verstehend nickte ich, ich hatte damals auch Zeit gebraucht um zu verdauen, dass ich zwei Kinder mit Kai hatte und da war mir schon klar gewesen, dass ich Schwul war.
Diese ganzen Informationen mussten scheinbar für einen Therapeuten etwas viel sein.
Nach einer kurzen Pause fing der ältere wieder an zu sprechen.
„Okay Julian darf ich ehrlich zu dir sein?"
Hastig nickte ich, denn nicht anderes wollte ich.
Einen Rat einer objektiven Person.
„Du bist 28 bist seit 10 Jahren im Fußballgeschäft und mehr als die Hälfte davon quälst du dich jetzt schon mit dem Geheimnis rum. Du hast zwei Kinder deren ersten drei Jahre du schon verpasst hast.
Deine Karriere wäre wahrscheinlich in 4, 5 Jahren vorbei in denen du vielleicht noch deinen letzten ausstehenden Erfolg erzielen wirst, nämlich Weltmeister zu werden. Aber in den 4, 5 Jahren sind deine Kinder auch schon 7 oder 8. Die Frage ist willst du dich noch diese Jahre verstecken, sowie deine Kinder, Kai und deinen jetzigen Freund oder wirst du es irgendwann bereuen. Du musst auch an deine persönliche Gesundheit denken. Du merkst bestimmt selber das du nicht befreit auflaufen kannst und das liegt mit Sicherheit daran, dass die so vieles im Kopf rum schwirrt. Den Fußball wird dir keiner wegnehmen, du kannst immer noch spielen nur dann vielleicht nicht mehr im Profi Bereich."
Gedankenverloren blickte ich aus dem Fenster und ließ mir seine Worte durch den Kopf gehen.
„Nicht, wenn ich es öffentlich mache" murmelte ich leise, denn wenn meine Geschichte raus kam würde mich auch kein Amateurverein aufnehmen.
„Du musst es ja nicht öffentlich machen" sagte der Psychologe vorsichtig.
„Aber wenn ich nichts Sage dann wird es immer so weiter gehen und der nächste schwule Fußballer sich genau so fertig machen wie ich jetzt und Kai damals, dann wird sich nie was ändern." Sprach ich mit nun deutlich festerer Stimme meine Gedanken aus.
Wenn ich schon meine Karriere beendete dann sollte es wenigstens einen Sinn für die Allgemeinheit haben.
Es sollte keiner so leiden wie es Kai und ich tun mussten.
Keiner sollte sich verstecken müssen und sich für seine Sexualität schämen.

Alle guten Dinge sind drei- BravertzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt