16

8.8K 299 16
                                    

Miro

Der Ausdruck in ihren Augen ist zum Brüllen komisch. Ich kann ihren inneren Monolog förmlich bis hier her spüren. Ihre Iriden wandern immer wieder von dem Armband zu mir und zum Collier. Sie versucht herauszufinden, ob ich es wirklich ernstgemeint habe. Das habe ich tatsächlich. Es ist mein voller Ernst. Das Armband sieht dem Collier zum Verwechseln ähnlich.
Innerlich mache ich mich über die Wachleute und das Fachpersonal lustig. Wieso zum Teufel hat es noch niemand mitbekommen? Das ist doch einfach lachhaft amüsant.
»Nimm es mir ab! Die werden mich verhaften, wenn-«, schnell unterbreche ich sie mit meinem Finger vor meinen Lippen. »Keine Sorge, es wird keiner bemerken. Außerdem ist es rechtmäßig in deinem Besitz«, versuche ich sie zu beruhigen.
»Das ist ja noch schlimmer! Gott, die werden mich verhaften und ich werde in ein sibirisches Arbeitslager abgeschoben! Für den Rest meines Lebens!«, zischt sie mich an, rauft sich verzweifelt die Haare. Schnaubend schiele ich hinab. »Hast du zu viele Filme geschaut?«
Ich kann meine belustigte Stimme nicht verbergen. Elena presst säuerlich die Lippen aufeinander. Sie sieht echt sauer aus. Verdammt sauer. »Wieso bringst du mich in diese brisante Lage? Ich wollte das Armband nicht! Nimm es mir ab und lasse es in deiner Hosentasche verschwinden«, fordert sie mich auf und reckt mir die Hand hin. Kopfschüttelnd mache ich meinen Standpunkt klar. Es ist mir völlig egal. Und wenn sie das Juwel von Monaco um den Hals hätte, ich würde nicht darauf eingehen. Es war ein Geschenk von mir an Sie. Ich nehme doch keine Geschenke zurück! Auf was für Ideen kommt sie eigentlich?

»Garantiert nicht, lass uns gehen, wenn es dir damit besser geht«, schlage ich vor. Sie öffnet die Lippen, aber bevor das erste Wort ihren Mund verlässt, treten Lynn und Eldaro in unser Sichtfeld. Sie bringen frische gute Laune mit.
»Hey, wollen wir gehen? Eldaro hat uns zum Essen eingeladen«, fragt diese Lynn an meine hübsche Angreiferin. Mein Bruder hat was? Einfach so über meinen Rücken entschieden das wir mit ihnen Essen gehen? Super. Allein wäre ich gerne mit Elena gewesen, aber im Anbetracht der Situation, ist es vielleicht besser, dass wir nicht allein sind. Trotz des Grolles, den sie gerade für mich hegt, legt Elena ihn für einen Moment ab und nickt. Sofort hakt sie sich bei ihrer Freundin unter und lenkt das Thema auf Sie. Neben meinem kleinen Bruder laufend verziehe ich mein Gesicht böse, um ihn wissen zu lassen, was ich von seinen Worten halte. Der Idiot grinst bloß mit Hintergedanken. Will er die blonde Britin etwa schon wieder aufs Kreuz legen? Der Typ ist der Knaller.
»Was?«, fragt er gespielt unschuldig mit den Schultern zuckend. Wir steigen die Treppen hinab ins Freie, ich antworte nicht. Das sollte ihm Antwort genug sein. Viel spannender ist Elena einen Meter vor mir. Sie plaudert mit Lynn über die vielen Dinge, die sie heute gesehen haben, hält ihr Handgelenk stets bedeckt, vor Angst jemand es entdecken könnte. Es wurde die letzten hundert Jahre nicht entdeckt, also wieso jetzt? Keiner wird es finden. Es hat lang und wohlbehütet im Tresor meiner Familie gelegen, nun habe ich es wieder ans Tageslicht gebracht. Es war die Mühe wert, ihr steht es ausgezeichnet.
»Wohin fahren wir zum Essen?«, fragt die Blonde an meinen Bruder gerichtet und blinzelt ihn strahlend an. Es ist offensichtlich das die beiden miteinander ficken. Man sieht es ihnen an.
Eldaro fährt sich geschmeidig durch die Haare. »In ein Restaurant mit Dachterrasse, über der Stadt, es wird euch gefallen Ladies«, versichert er ihnen. Ich stoße ihm meinen Ellenbogen in die Seite und schüttle den Kopf, als keiner hinsieht. Damit will ich ihm sagen, dass er sich zusammenreißen soll.
»Was?«, fragt er wispernd, sodass die beiden es nicht hören, »...ein dreier hat noch keinem geschadet.« Er zuckt aufgeheizt mit den Schultern. Warnend funkle ich ihn mit meinem eisernen Gesichtsausdruck an. »Treib es nicht zu weit, ich werde dir sonst die Flausen austreiben. Du wirst die Finger von ihr lassen!«, zische ich erbost und ungezügelt. Ich muss mir trotzdem auf die Zunge beißen, um ihm keine auf die zwölf zu hauen. Er reizt mich mit Absicht.

Saints and SinnersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt