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Elena

Meine getrockneten Tränen kleben an meiner Wange. Es ist morgen geworden, doch die Nacht habe ich noch nicht verdauen können. Ich bin auf dem Boden aufgewacht, vor der Tür. Die ganze Nacht über habe ich dort gesessen und geweint, bis ich eingeschlafen bin. Erst das klopfen an der Tür, hat mich geweckt. Die Frau aus der Küche hat mir ein Tablett Frühstück vorbeigebracht und gefragt, ob ich noch etwas wünschen würde. Verneinend bin ich aufs Bett gesunken und habe gewartet, bis sie geht. Die ganze Zeit über stand ein prolliger Kerl im Türrahmen und hat mich im Auge gehabt. Nun bin ich wieder allein. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch schlinge ich die Arme um mich, starre aus dem Fenster. Ich frage mich, wohin mein Vater gegangen ist. Ob er noch im Haus ist? Vermutlich nicht, sonst wäre er vorbeigekommen. Oder?

Die Situation überfordert mich noch immer. Wie ich damit umgehen soll, weiß ich nicht. Nur eines, und zwar das ich herausfinden muss, wieso er die Rochevskos so verabscheut. Danach werde ich verschwinden. Ich hoffe nur, dass niemandem geschadet wird.
Miro kann auf sich selbst aufpassen, kommt es mir in den Kopf. Ich erinnere mich an die Nacht, in der ich fast entführt wurde. Er war derjenige, der mich gerettet hat - er und seine Männer. Noch immer weiß ich nicht, wie das alles zusammenhängt.
Gott mir wird übel. Schluckend presse ich mir die rechte Hand gegen die Lippen. Es fühlt sich an, als drehe mein Magen sich wie ein Brummkreisel. Keuchend erhebe ich mich, stürze ins Bad. Ich komme kaum dazu, den Klodeckel hochzuklappen, bevor mein gestriges Abendessen wieder aus mir kommt. Würgend schlage ich mit der flachen Hand auf das Keramik.
»Verdammt.«
Hustend kauere ich vor der Toilette, kann nicht aufhören, mich zu übergeben. Erst als nicht mehr, als Galle kommt, beruhigt mein Magen sich langsam wieder.

Schniefend hebe ich den Kopf an und lange nach der Toilettenspülung. Ich betätige den Knopf blind, ziehe mich am Waschbecken hoch und stütze die Hände auf die Marmorplatte. Mich im Spiegel ansehen kann ich im Moment nicht. Meine Hände zittern und mein Herz stolpert wild in meiner Brust. Mir ist noch immer scheiß übel. Weinend wasche ich mir die Hände und spritze etwas Wasser in mein kreidebleiches Gesicht. Je länger ich hier stehe, desto schlimmer brummt mein Kopf. Es ist besser, wenn ich zurück ins Bett gehe und ein Glas Wasser trinke. Hoffentlich wird es dann besser.
Schlürfend mache ich mich auf den Weg zurück. Das Tablett auf der Decke platziere ich auf der Kommode neben der Tür, gleich gegenüber der Badezimmertür. Ich lege mich zurück ins Bett mit dem Gesicht zum Fenster gewandt, keine zwei Minuten später schlafe ich erschöpft ein, als hätte ich Tage nicht geschlafen.

Die Sonne verschwindet bereits am Horizont, als ich aufwache. Habe ich den ganzen Tag verschlafen? Und bin noch immer müde? Seltsam. Die Übelkeit hat ein wenig nachgelassen, spüre ich, als ich mich aufsetze. Ich bin mir sicher, dass es mit der Gehirnerschütterung zu tun hat, die ich vom Unfall davongetragen habe. Gott wie viel ich gerade geben würde, um mit Miro zu sprechen ... Ich vermisse unsere Gespräche. Selbst wenn sie in letzter Zeit abnehmen. Er bedeutet mir viel. Nachdenklich reibe ich mir die Stirn und richte mich auf. Das Tablett von heute Morgen auf der Kommode gegenüber, ist gegen ein neues ausgetauscht worden. Ich muss so fest geschlafen haben, dass ich nicht bemerkt habe, wie die nette Dame es ausgetauscht hat. Ich denke, sie ist die Haushälterin. Wie viele Angestellte mein Vater wohl hat? Die Männer, die mich verschleppt haben, waren zu viert. Den Mann, den mein Vater Antonio nennt, bin ich im Haus nach meiner Ankunft begegnet. Und durch den schmalen Spalt der offenen Tür, als ich meinen Vater das erste Mal gesehen habe, konnte ich den großen Vorgarten ersehen. Zwei schwarze Autos mit je drei Männern habe ich gezählt. Trotzdem frage ich mich, ob da noch mehr sind. Da müssen noch mehr sein.
Neugierig schwinge ich die Füße aus dem Bett. Der Mond erhellt das Bett, auf dem ich sitze. Mit den Füßen berühre ich das warme Parkett, atme tief durch und stehe auf. Für einen Moment denke ich, dass ich mich wieder übergeben wird. Das flaue Gefühl verfliegt nach einigen Sekunden. Auf Zehenspitzen nähere ich mich den großen Fenstern, öffne das mittige.
Sobald die kühle Nachtluft meine blasse Haut streift, verfliegen die pochenden Schmerzen in meiner Stirn. Der frische Wind tut gut. Meine Augen ruhen auf dem beleuchteten Garten. Im Schatten der Strahler zwischen den gepflanzten Büschen erkenne ich die Umrisse dreier Gestalten. Einer von ihnen tritt ins Licht. Ich erkenne den Mann wieder, denn erst ist einer derjenigen, die mich verschleppt haben. Die Stimme des anderen kommt mir ebenfalls bekannt vor. Er war auch dabei. Den Dritten kenne ich nicht, auch nicht als er unter die Lampe tritt. Über was sie reden weiß ich nicht. Italienisch gehört nicht zu meinem Wortschatz. So wie Russisch. Dabei hört es sich so sexy an, wenn Miro auf Russisch spricht. Selbst Lynn kann mit Eldaro ein wenig in seiner Sprache kommunizieren. Meine Schultern hängen hinab. Wenn Miro mir zeigt, dass er mich wirklich mag, dann werde ich versuchen, ihm wenigstens Hallo in Russisch sagen zu können. Meine Mundwinkel Zucken in die Höhe bei diesem Gedanken. Dafür muss ich schleunigst hier weg. Morgen werde ich erfragen, wohin mein Vater will. Vielleicht kann ich die Bögen glätten, ohne dass ich heimlich fliehen muss.

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