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Elena

Der heutige Tag ist schnell vergangen. Nachdem wir vor ein paar Tagen das gekaufte Kleid ins Hotel gebracht haben, welches unglaublich teuer gewesen ist, haben wir nicht mehr viel gemacht. Zusammen sind wir im SPA gewesen und haben uns eine Massage gegönnt. Dies hat meinem verspannten Rücken so unglaublich gutgetan. Danach sind wir todmüde ins Bett gefallen und haben das Frühstück fast verschlafen. Die nächsten Tage sind wir ruhig angegangen, waren ab und zu, etwas einkaufen in der Stadt. Gegen zehn Uhr heute Morgen sind wir aufgebrochen, um unseren Touristen Pflichten nachzugehen. Zuerst in die Peter und Paul Kirche, dessen Decke atemberaubend schön ist. Große Hallen, hohe bemalte Decken und prunkvolle goldene Kronleuchter, die die Kirche in einem schönen Licht ausgestrahlt hat. Lynn und ich haben tausende Bilder geknipst. Danach sind wir am Militärmuseum vorbei Richtung Isaaks Kathedrale, dessen goldene Kuppel bereits den ganzen Tag von der Sonne angestrahlt wird. Man kann sie schon von mehreren Kilometern entfernt entdecken. Sie ist kaum zu übersehen. Wir haben die Brücken überquert und in einer süßen Boutique Andenken gekauft. Daneben gibt es ein kleines Café in dem wir den leckersten Tee, den ich je gekostet habe, gekauft haben. Mit zwei Pappbechern in den Händen sind wir weiter zur Kathedrale.
Zwischen den vielen Besuchern hindurch haben wir uns ins Querschiff geschlängelt und die Mosaike und Kunstwerke bestaunt. Vor einer der unzähligen Malachitsäulen haben wir mit großen Augen gestanden und darüber nachgedacht wie sie diese monströsen Dinger wohl an Ort und Stelle bekommen haben. Lynn hat es später im Internet nachgelesen.
Nun sitze ich im Zimmer auf einem Sessel und lasse mir mit geschlossenen Augen das Gesicht schminken. Lynn hat ihr ganzes Make-up hervorgekramt und darauf bestanden, es zu machen. Dabei essen wir Obst, welches wir uns vor einer Stunde bestellt haben.
»Du musst stillhalten«, kichert sie und will mir die Erdbeere wegnehmen, die ich mir gerade zwischen die Lippen schieben will. »Hey!«, beschwere ich mich lachend und schlage die Augen auf. Ich stibitze sie mir zurück, stecke sie schnell zwischen meine Zähne und schließe die Augen wieder, damit sie weitermachen kann. Meine beste Freundin lacht, setzt den Pinsel über meinem Auge an.
»Es dauert nicht mehr lange, versprochen. Ich bin fast fertig«, lässt sie mich wissen. Ich vertraue ihr, sie wird das gut machen.
»Bist du schon aufgeregt?«
»Nein«, lüge ich. Meine Finger verknoten sich nervös miteinander. Ich bin sehr aufgeregt, weiß nicht, wie ich mich nachher verhalten soll. Wird seine Familie freundlich sein? Oder werden sie mich nicht beachten?

Verzweifelt beiße ich mir auf die Lippe. »Nicht der Lippenstift verschmiert noch!«, mahnt Lynn mich. Ich lasse von meiner Lippe ab und schlage die Augen auf.
»Möchtest du nicht für mich hingehen?«, frage ich meine beste Freundin. Die Blondine schnalzt mit der Zunge.
»Das hättest du wohl gerne, nicht? Du wirst dort hingehen und fantastisch aussehen.«
Kopfschüttelnd reicht sie mir einen tiefroten Lippenstift. »Steck ihn in deine Tasche, vielleicht brauchst du ihn. Und jetzt mal los, wir müssen dich noch ins Kleid bekommen«, scheucht sie. Ich erhebe mich dankend, lege den Lippenstift hörbar neben dem Telefon auf dem Bett ab und gehe in Richtung Bad. Dabei fahre ich mir nervös durch die Haare und husche durch die Tür. An der Stande des Duschvorhangs hängt das bodenlange Kleid. Je länger ich es anstarre, desto unsicherer werde ich, ob es wirklich die beste Wahl war.
»Lynn...«
»Oh nein!«
Sie quetscht sich schnell durch die halb geschlossene Tür, zeigt mit dem Finger auf mich. »Sprich es nicht aus. Du wirst es anziehen, Elena«, warnt sie mit zusammengezogenen Augenbrauen. Seufzend beobachte ich, wie sie den langen Reißverschluss öffnet, mir deutet mich auszuziehen. Bis auf die Unterwäsche entkleidet steige ich in das elegante, kirschrote Kleid und schiebe mir die dünnen Träger über die Schultern. Lynn schließt den Reißverschluss wieder, hebt den Rock an, als ich zurück ins Zimmer gehe.
Meine Finger graben sich in den weichen Stoff. Das rot schimmert in der einfallenden Sonne, die Gerade zwischen den Häusern verschwindet. Ich schiele an mir hinab, schlüpfe in die hohen Absatzschuhe, mit denen es sich nicht einfach auf dem weichen Teppich läuft. »Du siehst zum Anbeißen aus«, staunt sie mit wackelnden Augenbrauen. Ein Lächeln huscht über meine Lippen. »Danke Lynni«, murmle ich und ziehe sie in meine Arme.
»Hey Nenn mich nicht so!«
Beleidigt schnappt sie nach Luft, bringt mich erneut zum Lachen. Ich habe ihr diesen gehassten Spitznamen nach unserem Kennenlernen gegeben, nachdem sie sich von ihrem damaligen Freund getrennt hatte. Er hieß Lenny. Seitdem hasst sie diesen Namen und ich benutze ihn ab und zu, um sie etwas zu reizen.
»Danke das du mich so hübsch gemacht hast«, bedanke ich mich leise. »Ach keine Ursache«, winkt sie ab. Ich betrachte mich zufrieden im Spiegel. Sie hat mir die Wimpern getuscht, die Augenbrauen gemacht und etwas Lidschatten aufgetragen. Meine Lippen sind mit meinem roten Lippenstift bestrichen und meine Haut mit mattierendem Puder abgetupft. Die langen, braunen Haare hat sie mir mit ihrem Lockenstab eingedreht und mir die vorderste Strähne auf der linken Seite hinter das Ohr gesteckt. Ich muss zugeben, dass ich wirklich gut aussehe. Meine lackierten Fingernägel passen perfekt zum Ton des Kleides und die Schuhe die Lynn mir geliehen hat, sind bequemer als zuvor gedacht.

Saints and SinnersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt