Kapitel 105

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„Hallo?", ertönte Grayson's Stimme.

Es dauerte einen Moment bis ich in der Verfassung war zu antworten, ohne dass man mir anhörte, dass ich seit Stunden Trübsal blies.

„Ich bin's", sagte ich leise.

Ich hörte ihn ausatmen.
Dann hörte ich Schritte, das zuschlagen einer schweren Tür.

„Wie gehts dir?", fragte er vorsichtig.

Die Frage alleine reichte um mir Tränen in die Augen zu treiben, doch ich schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter.
Das dachte ich zum mindest, aber ich lag wohl falsch, denn als ich ihm antworten wollte, brach meine Stimme fast augenblicklich und ein Schluchzen entfuhr mir, bevor ich es zurückhalten konnte.
Sofort stummte ich den Anruf, aber es war zu spät.

„Sky..."
Das Mitleid in seiner Stimme war klar rauszuhören und ich konnte mich nicht einmal darüber aufregen.
Nach all den Verlusten und der Abweisung tat es gut zu wissen, dass es immerhin noch eine Person gab, der nicht komplett egal war wie es mir ging.

„Tut mir leid", brachte ich hervor.
„Ich will dich nicht voll heulen, ich hätte nicht anrufen sollen-„

„Sky", unterbrach Grayson mein wirres Gerede.
„Ich hab gehofft dass du dich meldest", gestand er.
„Ich wünschte wirklich du hättest mich dich nach Hause fahren lassen...ich fand es  schlimm dich dort zurückzulassen."

Die Tränen liefen mir über die Wangen, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte.

„Ich verstehe es einfach nicht! Wieso ist er gekommen, wenn es ihn doch überhaupt nicht interessiert?!", brachte ich zwischen zwei Schluchzern hervor.

„Es ist kompliziert", antwortete Grayson nach einer kurzen Pause.
„Ich weiß...Ich kann mir nicht vorstellen, dass es ihn nicht interessiert es ist nur...kompliziert."
Er drückte sich sehr vorsichtig aus und ich spürte durchs Telefon, dass ihm etwas auf der Zunge lag, was er mir verschwieg.

Ich wusste genau, dass das meine einzige Chance war herauszufinden was wirklich passiert war.
Grayson war in Bryce engstem Kreis und wenn irgendjemand wusste was zur Hölle vorgefallen war, dann er.

„Grayson, wirst du ihm von diesem Telefonat erzählen?", fragte ich ohne weitere Umschweife.

„Nein."
Die Antwort kam schnell.
„Er ist sehr beschäftigt im Moment, außerdem muss er nicht alles wissen."

„Ich werde ihm offensichtlich auch nichts davon erzählen. Ich werde ihm überhaupt nie wieder irgendetwas erzählen-„
Ich hielt inne, weil mein Körper nicht in der Lage schien auch nur darüber zu reden ihn zu verlassen, ohne dass eine Welle von Schmerz über mich rollte und mir den Atem verschlug.

„Worauf ich hinauswill ist; er wird es nicht erfahren, wenn du mir erklärst was los ist, aber mir würde es dir Welt bedeuten. Seelenfrieden und ein Neuanfang. Das ist er mir schuldig!", sagte ich entschlossen.

„Das weiß ich."
Ich konnte spüren dass er mit sich rang.
Mittlerweile kannte ich Grayson gut genug um zu wissen, dass Loyalität bei ihm groß geschrieben wurde und Bryce war immerhin sein Boss.
Aber gleichzeitig spürte ich auch, dass Grayson selbst Bryces Verhalten nicht richtig fand, auch wenn er ihn nie maßregeln würde.

Es tat mir leid, dass ich ihn in eine Situation brachte, in der er sich so gespalten fühlte, aber ich war überzeugt die Wahrheit stände mir zu.
Nach all dem was ich durchgemacht hatte, nur für Bryce.
Wenn es jetzt alles zu Ende gehen sollte, verdiente ich es immerhin zu wissen warum.
Auch wenn ein großer Teil in mir Angst vor der Antwort hatte, wusste ich es war besser Gewissheit zu haben, als sich die nächsten Jahre immer wieder die Frage zu stellen woran zur Hölle es gelegen hat.
Selbst wenn er mich einfach nicht liebte und nie geliebt hat, irgendwie würde ich damit leben.
Ich konnte mit allem leben wenn es bedeutete, dass ich mir nicht für immer die selben Fragen stellen müsste.

„Also?", fragte ich nach.
Grayson war leise geworden und ich spürte seinen inneren Kampf.
Trotzdem wusste ich, dass er ehrlich antworten würde.

„Vielleicht solltest du das lieber mit ihm besprechen..", wagte er einen letzten Ausweg, doch er klang selber wenig überzeugt.

„Gray, ich bitte dich. Wenn ich dir irgendwie wichtig bin, dann sag es mir", flehte ich praktisch.

Grayson seufzte geschlagen und mein Herz schlug in Erwartung.

„Während du weg warst ist sehr viel passiert. Ich weiß nicht ob du es dir vorstellen kannst. Am Anfang war er wie besessen davon dich zu finden, dich zu retten. Er hat alles für dich riskiert, er hat sogar beinah die Unterstützung der Mafia verloren weil er dich an erste Stelle platziert hat. Aber als Mafia Boss... irgendwann bist du gezwungen dich deinen Pflichten zu stellen."

„Aber so war es schon immer... ich wusste doch immer dass die Mafia für ihn Priorität ist."

„Aber nicht so. Es ging um den Deal mit den Russen, die Serben und die UNG mussten endgültig übertrumpft werden. Du weißt doch wie Bryces Vater war... das ist quasi sein Erbe. Es ist alles wofür er sein ganzes Leben gedrillt wurde. Alles was er kennt."

„Ich verstehs immer noch nicht gray. Weißt du wie oft ich das alles mit ihm besprochen hab? Bevor Brendon mich entführt hat war ich mir sicher wir hätten es zusammen gepackt. Ich war mir sicher... dass Platz für mich wäre in deinem Leben."

„Und glaub mir, das dachte er auch. Am Anfang. Aber Emotionen halten dich zurück in diesem Job. Ich finde nicht, dass das was schlechtes sein muss, aber Bryce... ich schätze der jahrelange Einfluss seines Vaters hat seine Spuren hinterlassen. Ich will dir die Details ersparen und ich weiß auch selbst nicht alles, aber er musste die letzten Wochen furchtbare Dinge tun. Dinge für die du dir nicht erlauben kannst ein Gewissen zu haben."

Ich musste schlucken. Tausend Sachen die er getan haben könnte schossen mir in den Kopf, doch dazwischen blitzte immer wieder das Bild von Brendon letzten Atemzügen auf.
War ich in irgendeiner Form besser als Bryce?

„Ich kann mir nichts vorstellen was ich ihm nicht verzeihen würde", flüsterte ich.

Am anderen Ende der Leitung herrschte stille und ich dachte schon, die Verbindung wäre weg.
Dann räusperte sich Grayson.

„Und da ist noch etwas, was sein Verhalten erklärt."

Der Fakt dass jemand, der ein Teil der tödlichsten und gefährlichsten Mafia war, mit den Worten ringen musste, ließ mich erzittern.
Ich Versuchte mich mental darauf vorzubereiten, was jetzt folgen würde.

Nichts hätte mich vorbereiten können.

„Er wird heiraten Sky."

Graysons Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, doch ich hatte es gehört.
Klar und deutlich und es beantwortete die Frage, die sich seit Monaten immer wieder in meinem Kopf wiederholte: wie viel Schmerz kann ich ertragen?

Denn ich wartete darauf dass mein Herz brach, auf die Tränen und das unkontrollierte Schluchzen, doch nichts davon kam.

Ich spürte gar nichts.
Nichts als Kälte und Dunkelheit, die sich um mein Herz ausbreiteten, jedes Licht verschluckten und jede Wärme vernichteten.

ENDE VON TEIL 1

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Rottweiler, so endet nun der erste Teil von Bad Mafia Boss. Ich kann gar nicht anfangen euch zu beschreiben, wie dankbar ich für jeden einzelnen Leser bin. Ich hätte niemals gedacht, dass wir es so weit schaffen. Es tut mir leid, für diejenigen die ein Happy End erwartet haben, aber die Geschichte von Sky Nikita West und Bryce Hunter ist noch nicht zu Ende ;) Nochmal danke für eure Geduld und ich hoffe euch alle im nächsten Teil wiederzusehen ❤️ euer Luca

P.s. Wundert euch nicht über neue Updates, ich überarbeite Bad Mafia Boss nochmal von vorne :)

Bad Mafia BossWo Geschichten leben. Entdecke jetzt