Kapitel 93

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Ich wusste es war der einzige Weg. Wieso wusste ich nicht. Bryce hielt sich für zu korrupt und die Mafia für zu gefährlich um mich endgültig in sein Leben zu lassen: also musste ich ihn entweder überzeugen, dass er nicht so bad war wie er dachte, oder dass ich badder war als er dachte.

Letzteres erschien mir um einiges einfacher.
Außerdem ließ mich der Gedanke nicht los dass brendon indirekt ein Zeichen an mich gesetzt hatte. Wenn er hier echt einen Spion hatte, und das war anzunehmen, dann musste er gewusst haben dass ich anwesend sein würde. Andernfalls wäre es schon ein tollwütiger Zufall, dass die Attacke genau an dem einen Abend passierte, an dem ich mit Bryce die Mafia besuchte.

Und auch die Kette mit dem Schlüssel ließ einen stutzen.

Ich schlich mich aus bryces Zimmer, aber nicht ohne ihn einen Kuss auf die Stirn zu drücken. Dann huschte ich aber nochmal zurück und schrieb ihm einen Zettel, den ich ihm nebens Kissen legte. Er würde ausflippen sobald er ihn las, und wäre er jetzt wach würde er alles tun um mich von meinem Vorhaben abzubringen. Aber ich war nicht das reh das von ihm geschützt werden musste, und wenn er es eben auf die harte Tour rausfinden musste.

Ich ging runter in den Raum den ich mir als Waffenraum gemerkt hatte. Schnell nahm ich mir eine Pistole, steckte sie mir in den Hosenbund und krempelte meinen Pulli darüber.

Als ich mich grade auf dem Weg zum Ausgang machen wollte, stieß ich gegen eine Männerbrust.

Ich blickte auf in Bernsteinfarbene Augen.

„Grayson" sagte ich verblüfft und er runzelte die Stirn.

„Was machst du da?"
Oh Gott nicht schon wieder.

„Ich Äh.... ich" Ich wollte ihn gerade anlügen aber dann dachte ich mir, vielleicht wäre es mal Zeit für etwas Ehrlichkeit.

„Ich wollte gehen."

„Weiß Bryce-"

„Du und ich wissen beide wie er reagieren würde. Und was du vielleicht nicht weißt aber ich sehr wohl, ist dass ich kein Kind bin dass ständig behütet werden muss."

„Das habe ich nie gesagt. So erscheinst du mir auch nicht."

„gut. Dann bitte lass mich gehen. Ich bin dir sehr dankbar für... für Ähm alles, aber-"

„Schon gut" sagte er sanft und seine Augen blickten mich intensiv an. Vielleicht, wenn ich Bryce nie gekannt hätte, wäre es so einfach gewesen sich in ihnen zu verlieren. Aber so waren sie nur ein paar leuchtender Augen die mir den Weg versperrten.
„Ich hoffe du hast das mit Bryce geklärt. Ihr seid... ihr seid gut zusammen. Das sieht selbst ein blinder. Und es tut mir leid dass ich gestern gesagt habe es wäre nicht so... meine Emotionen sind mit mir durchgebrannt und es war einfach unangebracht."

„Ist okay" sagte ich sanftmütig und lächelte ihn an.

„Pass auf dich auf Sky" sagte er und es klang als hätte er vielleicht eine Vorahnung, dass ich nicht einfach Nichtstuend nach Hause fahren würde.

„Mache ich" versprach ich aber es war doch einfacher gesagt als getan.

* * *

Ich rief mir ein Taxi nach Hause und beschloss von da aus mit meinem Motorrad zu fahren. Es war besser wenn niemand sonst mit mir kam, nicht mal ein Taxi Fahrer.

Ich bretterte durch die kühle Nacht, während ich in mich hineinlauschte.
Erstaunlicherweise war ich ruhig.

Nicht ruhig, wie jemand der zu Hause vor dem Fernseher saß, aber die Nervosität, die in Anbetracht meines Vorhabens mehr als verständlich gewesen wäre, blieb aus.

Meine Gedanken waren klar und sortiert.
Trotzdem spürte ich das Adrenalin durch meinen Körper jagen und ich gab noch mehr Gas.

Die Ruhe in meinem Kopf, gepaart mit der körperlichen Kraft, die ich verspürte, ließen mich das erste mal verstehen wieso Bryce mich nicht involviert sehen wollte.
Alleine der Gedanken an ihn, durchbrach für einen kurzen Moment den Zustand, in dem ich mich unbesiegbar fühlte.

Schnell verdrängte ich die Gedanken und fokussierte mich auf die Straße vor mir.

Es dauerte nicht lange, bis ich auf dem nächstgelegenen Parkplatz stehen blieb.
Die UNG hatte ihr Quartier in den Wäldern, also konnte niemand einfach mit dem Auto vorfahren.
Zu erst musste man sich 20 Minuten zu Fuß durch die dichten Gebüsche schlagen.

Es war eine schlaue Taktik.
So kam niemand ohne ihr Wissen rein, und niemand konnte einfach raus.

Ich leuchtete mit dem Scheinwerfer meines Motorrads im den Wald.
Der Boden war total uneben.
Überall waren dicke Wurzeln, die es unmöglich machten darüber zu fahren.
Mit einem Seufzen stieg ich von meiner Harley Davidson V-ROD.

Ich warf einen letzten Blick zurück auf den verlassenen Parkplatz und die Straße, bevor ich mich wieder dem Wald zuwandte, der mir und meinem Ziel im Weg stand.

Umkehren war keine Option.

* * *

Äste schlugen mir ins Gesicht als ich mich durch das Dickicht kämpfte.
An einigen Bäumen befanden sich kleine, unscheinbare Markierungen in Form eines kleinen Kreuzes.
Nur die Mitglieder der UNG wussten davon und nutzten sie, um das Quartier immer wieder zu finden.

Wenn sie nicht ohnehin schon bereuten mich jemals aufgenommen zu haben, würden sie es nach dieser Nacht auf jeden Fall tun.

Ich lief wohl trotz der vielen Hindernisse ziemlich schnell, denn bereits nach 15 Minuten sah ich die Lichter des Hauptquartiers.
Jetzt war Vorsicht geboten.

Ich umging gekonnt alle Alarmsicherungen und bewegte mich ausschließlich in den toten Winkeln der Kameras.
Ich war nicht dumm genug zu glauben, dass Brandon mir jede einzelne Sicherheitsvorkehrung gezeigt hatte.
Ich war zwar seine Halbschwester, aber ich war trotzdem eine Fremde.
Eine Fremde, die mit dem Feind verkehrte.

Aus diesem Grund war ich nicht wirklich überrascht, als ich hinter mir ein leises Klicken wahrnahm und mich umdrehte um Brandon zu sehen, der eine Waffe auf mich richtete.

Bad Mafia BossWo Geschichten leben. Entdecke jetzt