Kapitel 44

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Ich habe die Gerichtsverhandlung nach meinen Vorstellungen projiziert. Hoffe das ist für jeden nachvollziehbar;)
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Mein Herz rast. Meine Atmung geht unregelmäßig. Panisch blicke ich auf den Tisch vor mir. Ich merke gar nicht, dass meine Anwältin mich anspricht. Erst als sie an meiner Schulter rüttelt, sehe ich sie an. "Frau Eckert ist alles in Ordnung?" Ich blicke wieder auf den Tisch. "Möchten Sie einen Moment vor die Tür gehen?" Ich schüttle den Kopf. Langsam fange ich mich wieder.
Kurz darauf betritt der Richter den Saal. Er eröffnet die Verhandlung mit ein paar einleitenden Worten und bittet dann die erste Person zur erneuten Vernehmung. Mich. Mit zittrigen Knien erhebe ich mich von meinem Stuhl und bewege mich auf den Stuhl in der Mitte des Raums zu. Und näher zu dem Schwein, wegen dem ich heute hier bin. Ich sehe ihn nicht an. Ich kann und ich will auch nicht. Als ich sitze, blicke ich nach vorn zum Richter der mir, mit etwas Entfernung, gegenüber sitzt. Die Vernehmung gestaltet sich so, dass mir gezielte Fragen zu dem Vorfall gestellt werden. Die Schöffen dokumentieren das von mir Gesagte per Protokoll. Ich rede mich zeitweise ganz schön in Rage, gestikuliere viel mit den Händen und fange schließlich auch an zu weinen, als bei mir mal wieder ein Damm an Gefühlen bricht. Von meiner Anwältin bekomme ich aufmunternde Blicke oder auch mal ein zustimmendes Kopfnicken, wann immer ich auch zu ihr sehe. Die meiste Zeit blicke eigentlich an die Wand und nur selten sehe ich den Richter direkt an. Von der Angeklagtenbank halte ich meinen Blick stets fern. Ich habe das Gefühl, ich würde sofort umfallen, wenn ich zu ihm sehen würde. Ich kann mich ja so schon kaum beruhigen und heule hier Rotz und Wasser. Was denkt Svenja wohl? Oh nein...
Dann ist es vorbei. Ich nehme alles wie in einer Blase wahr. Von dem Stuhl in der Mitte, wandere ich wieder zurück neben meine Anwältin. Sie streicht mir beruhigend über den Rücken und erkundigt sich nochmal, ob ich eine Pause bräuchte. Ich verneine erneut.
Als nächstes wird Svenja in den Zeugenstand berufen. Sie wird für mich  aussagen. Das wäre der beste Zug, meint meine Anwältin. Svenja nimmt auf dem selben Stuhl Platz, wo ich vorher saß. Haarklein schildert sie alles, was passiert ist. Vom ersten Anruf des Kunden, der mich vermisste bis hin zum letztendlichen Fund im Hotel. Im Gegensatz zu mir hat Svenja die Kraft und auch den Mut ihn anzusehen. Während ihrer Erzählungen schickt sie ihm ein paar giftige Blicke. Ich bin froh, dass sie das für mich macht. Der Richter entlässt sie, sie steht auf, wirft mir ein zuversichtliches Lächeln zu und begibt sich wieder in den Zuschauerbereich. Der ganze Quark wird nochmal wiederholt und ich muss ein Schluchzen unterdrücken. Die ganze Rede war eigentlich nur an den Angeklagten gerichtet und wird nun mit den Worten:"Es ist aussichtslos, die Lage ist erdrückend. Ein erneutes Geständnis würde alles erleichtern!", zum Ende gebracht. Dann herrscht Schweigen. Das letzte Wort galt immer dem Angeklagten. Alle Augenpaare, außer meins, sind auf ihn gerichtet. Ich sehe auf den Tisch. "Na gut, verdammt, ich habe es getan!" WAS? Selbst dem Anwalt von ihm fällt die Kinnlade herunter. Tja, Sie können einpacken. Ich sehe in diese ekelhaften Augen. Das erste und letzte Mal an diesem Tag. Er steht auf. Die Beamten treten von hinten an ihn heran, um eine Flucht oder ähnliches zu verhindern. "Aber ganz ehrlich: Sie wollte es doch nicht anders! Die kleine Schlampe hat mich doch praktisch dazu eingeladen, ihr mal zu zeigen, wo vorne und wo hinten ist. Und was dann noch passiert ist, war halt so. Ich habe sie schließlich dafür bezahlt, dass sie für mich die Beine breit macht!"
DAS REICHT
Ich schreie hysterisch auf, presse mir meine Hände auf die Ohren und ergreife die Flucht. Weder Svenja, noch die Beamten an der Tür können verhindern, dass ich den Raum verlasse. Hat er dass wirklich gesagt? Oder ist dass alles nur ein Traum? Ich weiß es nicht. Ich weiß gar nichts mehr.

Zimmer 753Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt