Kapitel 14 - Saemel - Training

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Lachend landete er im Dreck, schon wieder war er zu langsam gewesen. Grinsend richtete er sich auf und ging in Kampfposition.
Ethan stand ihm gegenüber. „Du verlässt dich zu sehr auf deine Augen." Ethan legte den Kopf in den Nacken. „So hatte ich dich damals nicht trainiert."
Das war eine Aufforderung, er wollte eine Erklärung. Saemel schluckte.
„Na gut, das werde ich dir trotzdem wieder umlernen." Eine schnelle Bewegung und er landete wieder im Dreck, Ethan hatte ihm mit beenden des Satzes die Beine weggeschlagen.
Nachdenklich stand er wieder auf, es stimmt schon er ließ mich immer öfter treffen. Selbst bei den einfachsten Angriffen schaffte er es nichtmehr auszuweichen. Er hatte es auf mangelnde Konzentration und Reaktionsvermögen geschoben, er konnte mit den Augen Abstände nicht einschätzen.
Mittlerweile hatte Ethan ihm den Rücken zugewandt, um ein paar Bewegungsabläufe mit dem Schwert durchzugehen.
Fasziniert sah er zu, das Schwert flog durch die Luft als wäre es federleicht. Ethan änderte mit jedem Schritt seine Stellung. Fast glaubte er, er würde mit jemand kämpfen, so schnell und gezielt waren seine Bewegungen. Still stand Saemel da und beobachtet ihn. Ethans Augen waren in Flammen, in seinem Kopf spielte sich wohl ein Kampf ab. Würde er ihn jetzt stören würde er mit dem Schwert auf ihn losgehen, nicht in der Lage ihn zu erkennen. Schulterzuckend schob Saemel seine Uniform zurecht und ging selbst ein paar Bewegungen durch. Seine Flügel waren das Empfindlichste, leider zog er sie im Kampf immer zu spät weg. Mühsam presste er sie an seinen Körper und schrie fast vor Schmerzen als er sie wieder entfaltete. Damals hatte er sich wegen Mobbing die Flügel abgeschnitten, seitdem waren sie deutlich empfindlicher geworden und ließen sich nichtmehr anlegen. Dieses Mal vorsichtiger drückte er sie wieder an sich, bedacht an der Schmerzgrenze zu halten bevor er sie ganz entfaltete. Mit ein bisschen mehr Übung dürften die Schmerzen weggehen. Aber wenn die Flügel dadurch als Zielscheibe wegfallen, sind sie es wert. Erst nach sieben Wiederholungen fiel ihm auf, dass Ethan ihn beobachtete. Als Saemel mit zusammengebissenen Zähnen ausatmete und seine Flügel anmutig zusammenlegte nickte Ethan ihm anerkennend zu. Stolz richtete er sich auf und landete wieder auf dem Boden. Er war auf einen Flügel gestiegen. Beschämt starrte Saemel den Boden an. Wie peinlich... Er glaubte sogar ein leises Lachen von Ethan zu hören, welcher ihn kurz darauf am Arm hochzog. Dabei bemerkte er einen Phönix, welcher sich um Ethans Arm wandte, aber nach einem Blinzeln wieder verschwunden war. Hatte er sich das Tattoo nur eingebildet?
„Komm Saemel, genug Training für heute." Ethan lächelte ihn an, in den hellen Augen lag Spott. „Oder möchtest du weiterhin den Boden küssen?"
Böse funkelte Saemel ihn an als Ethan seinen Arm losließ und in Richtung ihrer Unterkunft ging. Trotz seiner Wut lief er ihm nach, der Ort war vollkommen fremd. Das Einzige was er mitbekommen hatte war, dass Akarian sehr oft stundenlang in der Stadt ist. Das ging jetzt schon etwa zwei Tage her und noch immer war er von diesem Ort fasziniert, auch wenn es viele Reize waren. Überall gab es Marktstände mit Früchten und Kleider, die Frauen und Kinder trugen Blumen in den Haaren. Die Einheimischen musterten ihn, ihre Blicke wirkten abwertend. Hier mochte man wohl keine Fremde. Mehrere Instrumente klangen zu einer harmonischen Melodie. Sie erinnerte ihn an sein zweites Zuhause. Er schloss die Augen und legte sein sonst so hohes Schamgefühl ab. Fast automatisch bewegte er sich im Rhythmus der Musik. Es war ihm egal, dass er Ethan damit verlor, denn er fühlte sich an diesem Ort wohl. Leise die Melodie nachsingend fing er an, einen der wenigen Tänze, an welchen er sich noch von früher erinnerte, zu tanzen. Auch wenn er die eigentliche Musik dazu nicht wirklich hörte, so hatte er den Klang doch im Herzen.
Immer mehr Personen versammelten sich um ihn, ein paar von ihnen klatschten rhythmisch, andere versuchten seine Schritte nachzuahmen oder verfolgten mit großem Interesse die Bewegungen. Kaum war das Lied zu Ende verbeugte Saemel sich.
Ein paar stämmige Männer kamen auf ihn zu und sagten etwas auf ihrer Sprache – anhand ihrer gleichzeitigen Gestik ging er davon aus, dass sie nach seiner Herkunft fragten – doch er hörte sie nicht, durch den Applaus in Kombination mit dem Pfeifen und dem Gerede verstand er nur Gemurmel. Erst jetzt bemerkte er, dass die Männer etwas besprachen. Einer von ihnen löste sich und kam näher. „Du kommen von Tushar?", fragte er auf seiner Sprache. Saemel nickte vorsichtig, Tushars Gebiet gehörte zu seinen Rückzugsorten, auch wohnte Sciperin dort. Ein Raunen ging durch die Menge und die Männer besprachen etwas. Nervös blickte er sich um, war Tushar hier nicht willkommen? Dann hatte er ein Problem, sie standen im Kreis um ihn herum. Ein kurzes Nicken der Männer, dann zogen sie ihre Schwerter und drückten sie in die Flügel, zwangen ihn mitzugehen.
Panisch sah er sich den ganzen Weg über um, sollte er es schaffen zu fliehen brauchte er Orientierung.
„Nicht Furcht. Tragen zu Chef. Fest."
Na, wenigstens eine Antwort, aber mit den Sprachfetzen war auch nicht viel anzufangen. Was für ein Fest und warum brachten sie ihn zu ihrem Chef? Die Musik hatte wieder begonnen zu spielen. Unter großem Jubel trugen ihn die Männer weg, die Frauen fächerten ihm Luft zu und lächelten ihn an. Er schloss die Augen, lauschte entspannt der Musik und fasste einen Entschluss. Entgegen Akarians Befehlen würde er ab sofort alleine in die Stadt gehen. Der Ort gefiel ihm wirklich sehr gut, alles war so altertümlich. Er musste jetzt nur noch das Zusammentreffen mit dem Chef überleben.

Elemantary Chroniken Buch 1 - ScarletWo Geschichten leben. Entdecke jetzt