Endlich hatte er es geschafft! Müde lehnte Percival sich zurück, er hatte den Text grob übersetzt, jetzt kamen die Feinheiten. Gähnend sah er auf die Uhr, die Nacht war schon lange zuvor eingebrochen. Zum x-ten Mal goss er sich einen Kaffee ein, der Morgen würde spätestens in einer Stunde dämmern. Wenn er sich jetzt für die vielleicht drei Stunden noch schlafen legt, wäre er danach viel müder als wenn er durchmachte. Um sich die Zeit ein wenig zu vertreiben und den Kopf freizubekommen fing er an wahllos seine Gedanken aufzuschreiben. Nach einer halben Seite meldete sich sein Piepser.
Fluchend stand er auf und zog sich seine Uniform, die er zuvor auf das Bett geworfen hatte, wieder an. Es war ihm egal, dass es noch vollkommen verschwitzt war. Nicolae wollte ihn, also musste er ihn nehmen wie er kam. Kurz bevor er die Kerze löschte, fiel sein Blick auf den Zettel, der Inhalt versetzte ihm einen Stich im Herzen. Schnell zerknüllte er den Zettel und warf ihn achtlos auf den Boden. Weder Saemel noch Ethan hatten sich in den letzten Tagen blicken lassen, aber das war nichts Ungewöhnliches. Nachdenklich stieg er die kreisförmige Treppe nach oben, bis er an deren Ende angekommen war und die Platte nach oben wegdrückte.
Müde ging er an die rechte Türe, seine Absätze klackerten auf dem Steinboden bei jedem Schritt. Mit einem gähnen öffnete er die Türe und betrat Nicolaes Zimmer. Zu klopfen brauchte er nicht wenn er alleine war, würde er eh nicht machen. Nicolae war entgegen seiner Erwartung nicht in seinem Zimmer, obwohl der Piepser dies anzeigte. Ein Windstoß fegte durch das Zimmer, und mit ihm einige Blätter vom Nachtbarturm.
Langsam ging er zum Balkon, darauf bedacht nicht auf eines der Blätter zu treten. Er legte den Kopf nach hinten und sah in den immer heller werdenden Himmel, die paar noch zu sehenden Sterne wurden immer blasser und er glaubte fast eine Sternschnuppe gesehen zu haben. Das hieß, er durfte sich etwas wünschen.
„Percival, warum kniest du am Boden? Bist du krank?"
Erschrocken riss er die Augen auf und starrte auf Nicolaes Anzughose. Er hatte gar nicht gehört, dass Nicolae sich genähert hatte."
Nicolae packte ihn am Arm, zog ihn hoch und ging in sein Zimmer. Kurz musterte er die Blätter am Boden, dann war das Klingeln eines Handys zu hören und Nicolae ging nach rechts weg. „Hallo? Ah ich habe mir schon gedacht das du es bist, dein Klingelton ist unverwechselbar. Was gibt's?", ertönte Nicolas Stimme auf den Balkon hinaus.
Leise ging er wieder ins Zimmer und schloss die Schiebetüre. Nicolae stand am Kamin, Handy am Ohr. Kaum war die Schiebetüre geschlossen, fing Mister Ich-piepse-mal-unnötig an im Flüsterton zu sprechen, und gab ihm ein Handzeichen draußen zu warten.
„Idiot", schnaubte er leise und ging aus dem Zimmer, zurück in sein Apartment. Wenn der feine Herr mal fertig sein sollte mit telefonieren und ihn wirklich brauchte, kann er auch seinen verdammten Arsch bewegen und zu ihm ins Zimmer kommen.
Kaum war er in seinem Zimmer schrie er seinen Ärger in die Welt hinaus. Seinen Ärger über die Tatsache, dass Saemel keine Gefühle für ihn hatte. Er schloss die Augen und er erinnerte sich daran, wie er Saemel beim Ausziehen beobachtet hatte. Erst jetzt fiel ihm auf, das Saemel zu dem Zeitpunkt riesige Pupillen hatte, er schien sich damals Beruhigungsmittel eingeworfen haben. Er vergrub sein Gesicht in den Händen, Saemel hatte sich unter Drogen gesetzt damit er ihn anfassen konnte. Den Gedanken konnte er sich nie verzeihen.
Hinter ihm schlug die Türe zu. „Was fällt dir eigentlich ein einfach wegzugehen?"
Er atmete tief durch, Nicolae war stocksauer.
„Antworte! Warum bist du weggegangen?"
Langsam drehte er sich um. „Ach, das tut mir aber leid. Ich wusste ja nicht, das ich bei dem feinen Herr erwünscht war."
Wütend funkelte Nicolae ihn an und neigte bedrohlich den Kopf. „Du hast ganz schön mumm mich mit Sarkasmus anzugehen. Ich dachte immer, du wärst ein schlauer Bursche, doch jetzt zeigt sich deine Dummheit. Deine Eltern würden sich schämen."
Jetzt reichte es ihm. „Lass meine Eltern aus dem Spiel! Oder-„
Nicolae lächelte nun herausfordernd, verhöhnte ihn. „Sonst was? Reißt du mir meine Flügel aus? Da habe ich aber Angst."
„Nein, ich... ich...", verdammt er war er nicht gewohnt sich mit Nicolae zu streiten. Tief atmete er ein. „Was willst du von mir?", presste er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor während er sich wieder versuchte zu beruhigen. Einen Moment herrschte Schweigen, nur sein schweres Atmen war zu hören.
„Kluge Entscheidung das Thema zu wechseln Kiddo. Wäre eh nichts weiter rausgekommen außer heißer Luft."
Langsam lockerte er seine Finger, welche er unbewusst zur Faust geballt hatte.
Nicolae stellte sich neben ihm ans Fenster. „Ich wollte Gesellschaft haben."
Verblüffte sah er ihn an, die blauen Augen waren belegt vor Einsamkeit.
„Manchmal muss man einfach mal Dampf ablassen werden, nicht wahr?", hauchte Nicolae ihm ins Ohr.
Verwirrt sah er Nicolae an. Jetzt hatte Nicolae eine sehr ruhige Stimme, noch nie hatte er ihn so ruhig reden hören.
Kurz schnupperte Nicolae in der Luft, rümpfte die Nase und sprang mit eleganten Flügelschlägen aus dem Fenster. Es dauerte nicht lange, da erhob er sich in die Luft.
Verträumt sah Percy ihm nach. Fliegen zu können, was für eine wunderbare Eigenschaft. Nicolae musste nicht ewiglange zu Fuß gehen und konnte einfach fliegen. Hochfliegen und bei dem Turm ohne Anstrengung auf dem Balkon landen und reingehen.
Kaum war Nicolae außer Sicht, verließ er seinen Platz am Fenster und holte ein neues Shirt sowie ein Handtuch aus dem Kleiderschrank. Noch immer war er teilweise aufgebracht, eine kurze, kalte Dusche dürfte den Rest wegspülen. Er öffnete die Badezimmertüre und legte das Zeug auf die Toilette, streifte sich seine dreckige Uniform ab und zuletzt den über seine Brust gespannten Messergurt. Diese hatte mittlerweile rote Striemen hinterlassen, vielleicht sollte er endlich damit anfangen ein Unterhemd zu tragen. Kalt donnerte ihm das Wasser der Dusche auf die Schultern. So absurd das klang, aber es half ihm sich zu entspannen. Gewaschen und vollkommen entspannt ging er aus der Dusche, trocknete sich kurz ab und zog sich gerade an, da trat er auf etwas Feuchtes. Was musste die verdammte Dusche auch immer das ganze Bad fluten? Er bückte sich, um es aufzuheben und erstarrte. Es war Saemels Shirt. Er hielt es sich unter die Nase und sein Herz machte einen Satz. Es roch genauso wie sein Besitzer, das bisschen Nässe verstärkte den Geruch nur noch. Das Shirt fest an sich gepresst ging er schließlich zurück in sein Zimmer. Nur widerwillig legte er es auf sein Bett, aber wenn er nicht kam würde Nicolae in spätestens zehn Minuten wieder im Raum stehen. Kaum lief er die gefühlt unendlichen Stufen zu Nicolaes Büro hoch, kam dieser auf ihn zu und begrüßte ihn, wie wenn er ihn seit einer Ewigkeit das erste Mal wieder sah. Eins war klar, Nicolae sollte immer Gesellschaft haben sonst wird er seltsam. Als erneut das Telefon klingelte, setzte er sich auf Nicolaes Schreibtisch.
„Nein. Ich werde dir das Geld schon vorstrecken, mach dir da keine Sorgen.", mit diesen Worten setzte sich Nicolae wieder an seinen Schreibtisch und schon ihn von den Unterlagen runter.
Kopfschüttelnd verließ er das Büro und ging den Gang entlang bis er vor der Treppe stand und sah hinunter. Flügel hatte er zwar keine, aber er war auch zu faul runterzugehen also holte er Anlauf und sprang in das Loch und der Mitte der Treppe. Nach einer halben Minute war der Kronleuchter zu sehen, der das Ende der Treppe ankündigte. Tja, dieser musste nun leiden, wenn er sich nicht alle Knochen brechen wollte.
Mit Schwung schaffte er es auf die Treppe zu springen und prallte mit dem Gesicht nach vorne gegen die Wand. Laut krachend zerschellte der Kronleuchter am Boden. Dieser wurde bei der Aktion mit dem Halterungsseil aus der Fassung gerissen. Er hatte sich schon mal geschickter angestellt, beim letzten Mal hing der Leuchter noch. In seinem Zimmer angekommen warf er sich auf sein Bett und drückte Saemels Shirt an die Nase. Er konnte einfach nicht genug davon bekommen.
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Elemantary Chroniken Buch 1 - Scarlet
FantasyEthan, Percival und Saemel bilden unter der Leitung des Elemantaryherrschers Nicolae eine Art private Einheit. Jedoch wurde Saemel zunehmends aggressiver, genauso wie alle anderen Dämonen, die Ursache war Ethan leider nur allzugut bekannt. Es war...