Percival

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Laut gähnend kuschelte er sich in das Gras. Das bisschen, dass er ergattern konnte, war warm geworden. Aber dennoch fror er. Noch dazu stank er furchtbar, gefühlt seit Tagen hatte er nicht mehr geduscht. Entsprechend stank er auch. Frierend und nicht in der Lage zu schlafen, verließ er ihr Versteck um den Kopf freizubekommen. Er suchte einen Fluss auf und hängte seine Füße hinein. Selbst das Wasser war genauso kalt wie diese Welt. Naja, was hatte er erwartet? Mit den Füßen im Wasser legte er sich ins Gras und schloss die Augen. Es kam ihm vor wie eine Ewigkeit, dass er das letzte Mal die Sonne gesehen hat. Nie hätte er gedacht, sie zu vermissen. Erneut gähnend stand er auf und streckte sich. Eine Weile ging er noch spazieren, die Waffe in seinem Hosenbund gedrückt. Er ging bis zu einer Klippe, dann wieder zurück, da bemerkte er Nicolae in den Augenwinkeln. Kurz zögerte er, bis er ihm schließlich im Schutz der Bäume folgte.
Bereits zweihundert Meter später drehte Nicolae den Kopf. „Ich sehe dich."
Percival trat zögernd hinter den Bäumen hervor. Nicolae wirkte verstimmt.
„Was machst du hier?"
„Das sollte ich eher dich fragen.", erwiderte Percival. Im selben Moment wünschte er, es nicht getan zu haben.
Nicolaes Augen wurden zu Schlitzen, das Kinn war bedrohlich in die Luft gereckt.
„Es-„, Percival begann zu stottern. „Es tut mir Leid, ich wollte dich nicht reizen."
Jetzt legte Nicolae den Kopf auf das obere Brustbein ab. „Hinter mich.", knurrte er. „Jetzt!"
Verwirrt tat Percival wie geheißen, Nicolae zog ihn unsanft an das Stück Rücken zwischen seine Flügel. Er konnte die Reaktion nicht nachvollziehen, zog aber dennoch die Waffe. „Und jetzt?"
Nicolae schlug ihm mit den Flügeln. „Halt die Klappe, sonst kann ich sie nicht hören!"
Sie? Panisch sah er sich um. War es ein Rudel? Von allen Richtungen begann es zu knacksen. Es kam Bewegung in die Bäume über ihnen, ehe ein lautes Heulen ertönte. Ein Rudel von fünf Dämonen sprang aus dem Schatten, der größte direkt auf sie zu. Nicolae schlug Percival die Beine weg, trat dann dem Angreifer mit den Krallen ins Gesicht. Percival rollte sich auf den Bauch und begann, die sich hinter Nicolaes Rücken nähernden Angreifer abzuschießen. Dabei musste er darauf achten, dass Nicolae ihm beim Ausweichen nicht ausversehen die Krallen in den Rücken bohrte. Keine drei Minuten später waren alle Tod.
Nicolae ging auf die Knie und witterte an der Leiche des ersten Angreifenden, dann den direkt danebenliegenden. Mit jedem Atemzug begann er sich zunehmend anzuspannen. Schließlich stand er auf und rieb sich über die Nase, ehe er sich zwei Leichen über den Rücken warf. „Wir gehen", bestimmte Nicolae und machte sich ohne einen weiteten Mucks auf den Rückweg.
Verwirrt sah Percival Nicolae nach, und ließ den Blick über die übriggebliebenen Leichen streifen, ehe er Nicolae hinterherlief. Er wusste nicht, wieviel Schuss in seiner Waffe noch übrig war. Akarian hatte ihm davor keine Auskunft gegeben, für wieviel Schuss die Waffe ausgelegt ist. Er seufzte, ihr Versteck würde sicher bald nach Verwesung riechen. Natürlich, Nicolae war ein Canivore und brauchte das Fleisch, aber dennoch würde es gammeln. Obwohl – er ließ den Blick über die Umgebung streifen und strich sich über die Gänsehaut – dieser Ort war sehr kalt also würde die Verwesung nicht so schnell eintreffen. Oder überhaupt? Was solls, solange Nicolae sie nicht mit in die Höhle nimmt war es ihm egal. Ein Schlag riss ihn aus seinen Gedanken. „Au." Verwirrt rieb er sich den Kopf, der daraufhin furchtbar das Brennen begann. Er sah auf seine Handfläche die blutverschmiert war. Eilig sah er auf, dann verstand er. Nicolae war ohne Vorwarnung stehen geblieben, er musste also in eine der Spitzen an der Wirbelsäule gelaufen sein. „Nicolae, was ist los?", fragte er besorgt.
„Es ist...", Nicolae starrte auf den Boden. „Ich habe das Gefühl- egal." Kurzes Kopfschütteln, ehe er weiterlief.
Schweigend folgte er Nicolae. Irgendwie bekam er das Gefühl nicht los, das Nicolae ihn anlog. Auch starrten die dunkelblauen Augen noch immer ins Nichts. Einige Meter entfernt von ihrem Versteck bekam Percival Dreck ins Auge. „Hey!"
Ohne eine Entschuldigung hüllte Nicolae weiter die Baumwurzel aus. Als die Höhle groß zu sein schien, presste er die Leichen dort hinein und füllte das Loch wieder vollständig. „Wir gehen wieder zu den Anderen."
Mit leichtem Erschaudern folgte er ihm weiter, bis sie ihr Versteck betraten.
Eine leichte Wärme schlug ihnen entgegen. Akarian hatte es wohl endlich geschafft, ein Feuer zu entzünden. In dieser andauernden Kälte ein Segen.
„Du hast gejagt?", Akarian sah vom Feuer auf, selbst dies war beinahe ohne Farbe und auch nur sehr klein. Bei dieser Kälte kein Wunder. „Und der Junge war auch dabei? Immerhin hast jetzt auch du Nahrung."
Percival setzte sich neben Akarian und hielt die Hände an das kleine Feuer. „Wieviel Schuss hat die Waffe?"
Akarian sah ihn bohrend an. „Du hast geschossen? Du Idiot-„
„Aber-„
„-Nicolae hätte auch ohne deine Hilfe gegen alle Kämpfen können. Die Waffe hat acht Schuss, aber Munition habe ich keine. Immerhin dachte ich, du wärst klüger."
„Tut mir leid.", Percival setzte sich auf das weichere Gras.
„Nein, mir tut es leid.", Akarian seufzte. „Du wirst im Falle eines Rudelangriffes dich nicht mehr verteidigen können."

Elemantary Chroniken Buch 1 - ScarletWo Geschichten leben. Entdecke jetzt