38 Percival

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Schnaufend schloss er hinter sich die Türe ab und lehnte sich erschöpft an diese. Hatte er es geschafft? Hinter ihm hörte er noch das Kratzen der Krallen an der Türe, aber sie kamen nicht durch. Er hatte es geschafft! Erleichtert sah er sich um, sah ganz so aus als wäre er in einem Haus oder Bunker. Schwer zu sagen wenn gefühlt alles aussah. Auf dem Tisch etwas weiter entfernt glaubte er eine Kerze zu sehen. Er runzelte die Stirn, die Kerze würde eh nicht brennen. Leise kratzte etwas über den Boden, dann tauchten zwei leuchtende Augen auf. Percival biss die Zähne zusammen und griff zu seinem längsten Messer. Zwar wollte er Saemel nicht verletzen, aber diesen einzuschätzen konnte er nicht. „Was willst du?", knurrte er daher, auch wenn es ihm schwerfiel seinen Angebeteten anzuknurren.
Saemel kam aus dem Schatten, zu Percivals Entsetzen nackt und auf allen vieren. In seinem Wahn musste auch er sich die Kleidung heruntergerissen haben. Unsicher begann Percival zu zittern, es fiel ihm schwer das Messer festzuhalten. Langsam schlich Saemel auf ihn zu, ließ ihn keinen Moment aus den Augen. Mit dem Rücken gegen die Türe konnte Percival Saemel nur anstarren. Dieser baute sich jetzt vor ihm auf, Percival kam sich so klein vor und begann entsprechen zu zittern.
Saemel drückte seine Hände gegen die Wand, beugte sich zu ihm vor und flüsterte: „Du riechst köstlich, am liebsten würde ich dich verspeisen.", er leckte sich über die Lippen. Percival erschauderte als der faulige Geruch ihm den Atem raubte. Sanft strich ihm Saemel über das Gesicht, drückte seinen Körper an ihn. „Wie weich deine Haut ist, da werde ich keine großen Schwierigkeiten haben deine Knochen abzunagen." Der Druck verstärkte sich, Saemel ging mit seinem Mund näher an seinem. „Ob du mein Gift überlebst?" Die Fangzähne blitzten auf. „Ich werde es dann sehen.", murmelte er, bevor Saemel ihm die Fangzähne in den Hals rammte.
Percival schrie auf und versuchte Saemel von sich zu drücken, aber der Katzendämon war stärker als er. Von dem Hals abwärts kribbelte sein ganzer Körper, bis seine Beine ihn nichtmehr hielten und er in Saemels Arme fiel. Alles war verschwommen als Saemel ihn über seine Schulter warf und wegtrug. Nicht in der Lage, sich zu bewegen, ließ sich Percival von Saemel über den Boden schleifen. Mit viel Glück brachte er ihn zu Scarlet. Wenn er es schaffte Scarlet zu finden würde all dies wieder vorbei sein. Vielleicht schaffte er es ihn zu überreden die Starre zu lösen. Innerlich musste er über sich lachen. Scarlet würde diese Welt nicht wieder freigeben, das wusste er. Knurren unterbrach seine Gedanken, Saemel lehnte ihn an einen Baum und erwiderte das Knurren. Percival konnte nur hören, dass er kämpfte, aber nichts sehen. Nach einer Weile schleifte Saemel ihn weiter, bis er endlich von ihm abließ. Percival zählte die Sekunden, aber Saemel schien ihn nicht wieder aufzunehmen. Irgendwann schlief er ein. Ein Knacken riss ihm aus dem Schlaf. Auch konnte er wieder etwas sehen, er lag auf einer Fontäne neben einer weiblichen Leiche. Stöhnend stand er auf und sah hinunter. Dann drehte er sich um und stieß die Messer in das erstarrte Wasser. Mühsam kletterte er den Steilhang von Fontäne hinunter, er hasste es mit baumelnden Füßen irgendwo herunterzuklettern. Manchmal beneidete er Saemel da schon, dieser konnte einfach ganz normal mit Kopf nach vorne herunterkletternd, die Krallen an Füßen und Fingern gaben ihm den passenden halt. „Verdammt", fluchte er leise. Eines der Messer verlor seinen Halt, während er das andere herausziehen wollte. Nichts neues. Er ließ sich kurz fallen, rammte beide Messer wieder ins Wasser und kletterte weiter. Kaum war wieder fester Boden unter den Füßen, ging er weiter. Vor ihm lang ein Wald, dem Winkel der Bäume nach mitten in einer Windböe erstarrt. Er musste jetzt erstmal einen Bach finden, seine Wasservorräte waren beinahe erschöpft und er war gefühlt am Verdursten. Nach einer gefühlten Ewigkeit geradeaus traf er auf ein Bächlein. Nicht gerade viel, aber immerhin etwas, dachte er und öffnete seine Flasche. Sie war ein Geburtstagsgeschenk von Ethan, welcher sowas meistens mit seiner Kraft herstellte. Das Wasser wurde auch sobald die Flasche dieses berührte wieder flüssig. Ethan sei Dank. Er hielt seine Flasche in den Bach und ging in dieser Position den Bach entlang, bis die Flasche voll war. Gerade schloss er den Deckel der Flasche und legte sie in die Tasche, da hätte er sich am liebsten geohrfeigt. Er war doch erst an einer Fontäne heruntergeklettert, warum hatte nicht von dort das Wasser genommen? Verdammt, wenn die Farbe nicht stimmte verliert man aus den Augen, was das vor einem überhaupt war.
Kaum verstaute er das Wasser, knackte es schon hinter ihm. Warum konnte man in dieser verdammten Welt nicht einmal eine Minute nicht angegriffen, belauscht, bedroht oder gejagt werden? Während er sich zu dem Knacken umdrehte, ließ er ein Messer aus der Scheide in seine Hand gleiten. Zwei gerade Mal erwachsengewordene Bluttänzer kamen auf ihn zu. Blut war an ihren Nasen und über dem ganzen Gesicht verschmiert, bei Bluttänzern kein seltener Anblick. Auch schienen sie nicht wie die andern wahnsinnig zu sein, dafür war das Auftreten zu normal.
„Was ist das für ein Ort?", versuchte er mit ihnen zu reden.
Die beiden tauschelten etwas. „Wie dieser Ort hier heißt wissen wir nichtmehr, aber du bist sehr nah an der Grenze zum Hoheitsgebiet."
Sehr gut, das wollte er hören, dachte er und schob das Messer zurück in die Armscheide. „Könnt ihr mich zu der Grenze bringen?"
Sofort starrten sie ihn schockiert an. „Wir sind doch nicht lebensmüde!", schrien sie ihm nun entgegen.
„Oh, Verzeihung. Andere Frage, ist hier ein Engel mit weißen Haaren und Flügeln vorbeigekommen?"
Ein kurzer Blickwechseln, dann: „Nein, aber hier ist vor kurzem ein Engelswesen vorbeigekommen der krank aussah."
„Richtig krank", ergänzte der andere. „Er war ganz grau im Gesicht, seine Flügel waren in einem sehr dunklen Indigo genauso wie seine Haare. Aber das auffälligste war, das er sich sehr komisch bewegte. Es wirkte fast so, als sein er ein Kleinkind das gerade erst laufen gelernt hat."
Sein Herz machte einen Sprung. Ethan! Er war noch am Leben. „Wo? Wo habt ihr ihn gesehen?", schrie er sie an.
„Ey, Junge, wir sind hier nicht die Auskunft! Such ihn doch selbst." Mit diesen Worten gingen sie weg.
Kopfschüttelnd ging er weiter. Auch wenn es kein besonders nettes Gespräch war, immerhin hatten sie ihm Informationen gegeben. Er musste die Chance nutzen und Ethan finden. Nach ein paar Lichtungen war er schließlich aus dem Wald draußen und vor ihm ragte eine steile Wand, an der ein Steinschlag hing, in die Luft. Jetzt mal ganz im Ernst, wollte man ihn hier verarschen? Schon wieder knackte es hinter ihm. Er seufzte, wenn man dem Muster hier glauben durfte, kam jetzt wieder ein Gegner. Es knackte aus mehreren Richtungen, also waren es mehrere. Er zog die Waffe und ging in Kampfstellung, für den Kampf war er aufgewärmt. „Kommt raus ihr Feiglinge! Sich zu verstecken ist nicht sonderlich ehrenhaft."
„Ehre hin oder her, im Gegensatz zu dir kleben bei uns die Haare nicht vom Schweiß am Körper", kam es aus dem Wald zurück. Dann ertönte lautes Lachen. Die Gestalten traten nun hervor, kreisten ihn ein. Ihr gesamter Körper war unter viel zu großen Kutten verborgen, nur ihre leuchtende Iris waren zu sehen.
Jemand trat aus der Menge heraus. „Und bevor ich es vergesse, einen Überlebenstipp: Schweiß macht es einfacher deine Fährte aufzunehmen. Deutlich einfacher." Es ertönte ein lautes Fauchen, dann griffen sie alle an.
Gegen die ersten fünf konnte Percival noch kräftig Schläge austeilen, doch es wurden immer mehr. Immer mehr Hände schienen nach ihm zu greifen, während andere sich mit ihrem Gewicht auf ihn legten. Wollten sie ihn packen oder unter sich begraben? Was auch immer war, das war eines der schlechtesten zusammenarbeitenden Rudel das er je gesehen hatte. Japsend keuchte er nach Luft und versuchte sich aus dem Hügel zu befreien. Mittlerweile hatten sie sich geeinigt, denn sie waren noch immer damit beschäftigt sich auf ihn zu werfen. Während sein Brustkorb zerdrückt wurde, fing die Lunge an zu brennen. Höllisch. Erneut konnte er nichts mehr sehen.
„Sagt mal, seid ihr wahnsinnig? Was zum Teufel macht ihr da? Der Meister hat doch ausdrücklich gesagt, dass ihr den blauen finden sollt und nicht euer Mittagessen zerdrücken", donnerte eine verzerrte Stimme. Sofort war das Gewicht verschwunden. „Jetzt sucht gefälligst weiter, um den da kümmere ich mich."
„Jawohl", schrie das schlechteste Rudel der Welt und rannte dem Knacken nach wieder in den Wald.
„So", jemand nahm ihn sanft hoch, „ich werde mich erst mal um deine Wunden kümmern. Am besten du ruhst dich weiter aus." Mit diesen Worten trug der Fremde ihn weg.
Der Fremde hielt ihm noch etwas zu unter die Nase.
Laut gähnend schlief er ein. Auch wenn es in einer Welt, in der das Gesetz des stärkeren herrschte, nicht gerade klug war. Dennoch kam ihm die Aura des Fremden bekannt vor.

Elemantary Chroniken Buch 1 - ScarletWo Geschichten leben. Entdecke jetzt