Kapitel 16 - Saemel

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Müde schloss er die Augen, der Geruch von Kräutern und Löwenzahn erfüllte die Luft. Tänzer bewegten sich im Takt der Music, gekleidet in verschiedensten Farbtönen. Ihre Bewegungen flossen genauso wie die Tücher in ihren Händen. Vor ihm lag ein unberührter Teller mit verschiedensten Früchten gefüllt, neben ihm saß ein großer schwarzhaariger Mann mit etwas dunklerer Haut, der König der Templer. Gegenüber saß eine schwarzäugige Schönheit, welche ihm lächelnd Luft zufächelte. Seine ›Verlobte‹. Tushar hatte den Templern versprochen, dass sie die Prinzessin mit dem nächsten jungen Gegenweltler der ihr Reich betrat verheiraten, um den Frieden ihrer Völker zu wahren. Hätte er früher davon gewusst wäre er niemals freiwillig hierhergekommen. Klar, die Prinzessin gegenüber von ihm war schon schön, aber „Verdammt, was soll der Scheiß! Ich bin nicht an Frauen interessiert!" Sofort starrten ihn alle an. Hatte er das gerade etwa laut gesagt? „Also ich..."
„Dämon!" Eine junge Frau rannte panisch in den Festsaal, ihr Sari und ihre Hände waren blutig. Sie deutete nach draußen. „Dämon." Dann fiel sie um, krampfte kurz am Boden bevor sie sich nichtmehr regte. Ein paar Frauen liefen herbei um den Puls zu fühlen. Sie ließen die Hand fallen und starrten Saemel an. Was war hier bloß los? Der König reichte ihm mit einem Zwinkern Becher mit zäher Flüssigkeit. Er wartete bis Saemel den süßen Saft ausgetrunken hatte ehe er sich erhob. „Untertanen, Frauen und Kinder, die Prophezeiung ist geschehen. Der blaue Dämon hat das Unheil über uns gebracht.", er hob seine Stimme, „Wir müssen ihn finden und erledigen wenn wir leben wollen." Kaum waren die letzten Worte verklungen standen alle auf. Frauen und Kinder liefen tiefer in das Gebäude. Männer holten ihre Waffen und stürmten mit Geschrei auf die Straße.
Saemel wandte sich verwirrt dem König zu. „Warum verstehe ich auf einmal eure Sprache?"
„Solange das Getränk wirkt verstehst du nicht nur unsere Sprache sondern kannst sie auch flüssig sprechen.", ein grinsen, „Was gerade der Fall ist."
Das Kratzen von Krallen auf Keramik, ein fauchen. Zwei Männer wahrscheinlich Einheimische starrten uns an, die Münder und Hände waren blutverschmiert. Ein Dritter sprang frontal auf ihn zu. Bevor er ihn beißen konnte verpasste Saemel ihm einen ordentlichen Kratzer im Gesicht. Er flog zur Seite und fauchte wütend, seine Kollegen griffen nun an. Von wegen idyllisch! Saemel packte den schnelleren Angreifer am Arm und warf ihn seinem Partner entgegen. Als die beiden in die Festtische krachten griff ihn der dritte in hohem Tempo an. Saemel hatte ihn zu spät gesehen um zu kontern, sodass ihm nichts anderes übrig blieb als auszuweichen. Ein warmer Atem hauchte ihm in den Nacken, dann erfolgte eine sehr starke Druckwelle. Die drei Angreifer rannten panisch davon.
Der König stellte sich nun neben ihn. „Eine Dunkelheit breitet sich aus. Sie schleicht sich in die Herzen Abgerutschter." Seine Augen wirkten als würde er etwas Fernes beobachten. „Der Raum wird sich vollständig von der Welt abschotten. Das Mondlicht sehnsüchtig erwartet." Er schloss die Augen und atmete tief durch.
Verdutzt sah Saemel ihn an. War der König etwa in der Lage Visionen zu empfangen?
Nun wandte er sich ihm zu, musterte ihn kurz mit seinen dunklen Augen. „Das steht in einem der ältesten, abgeschotteten Ort niedergeschrieben.", er hielt ihm die Hand hin, „Ich bin Skyler, König der Templer und der Zwölfte im Rat."
Saemel zog sich zögernd die Handschuhe über ehe er die Hand schüttelte, zum Glück hatte er diese eingesteckt. „Ich bin Saemel.", erwiderte er vorsichtig.
„Es fließt sehr starkes Blut durch deine Adern, Saemel, deine Eltern müssen sehr stark und mächtig sein."
Er atmete tief durch und setzte ein freundliches Lächeln auf. „Hast du die Druckwelle ausgelöst?"
Skyler nickte. „Sie gehören zu meinem Volk, ich wollte sie daher nicht verletzen. Komm." Skyler ging mit schnellen Schritten aus dem Gebäude, Saemel hatte große Mühe ihm zu folgen. Dem Gelächter der Personen auf dem Marktplatz nach war der Angriff vorbei. Der Alltag war wieder eingekehrt. Er folgte Skyler aus dem Dorf heraus in ein Waldgebiet. Nach einem ewigen Fußmarsch – warum waren sie nicht geflogen? – kamen sie schließlich zu den Tempeln. Zwischen zwei Tempeln glaubte er etwas zu sehen das aussah, wie ein Haus das flackert. Er blinzelte öfters. Nein, war immer noch da. Skyler öffnete die Tür und deutete einzutreten.
Wärme strömte aus dem Haus. Zwei leuchtende Augenpaare blickten Saemel entgegen. Eine Frau mit mittelgrauen Augen und Haaren sowie einem Kleid stand neben einem stämmigen Mann in ähnlicher Gestalt. Irgendetwas an ihnen war anders, es schien fast als würden sie aus Licht bestehen oder von innen heraus leuchten. Jedenfalls flackerten sie genauso wie das Haus vorhin.
„Saemel darf ich vorstellen: Die Frau dort ist Guatemala, der Geist des Lebens bezogen auf die Natur. Der Mann neben ihr ist Amaclì, die Seele der-."
„Ein Katzendämon?", Amaclì stellte sich von Saemel. Sekunden später ließ sich Saemel schnurrend gegen ihn fallen, das tat so gut. Amaclì kraulte ihn an der perfekten Stelle.
„Was heißt das?"
„Nichts.", Amaclì schnalzte mit der Zunge, „Das heißt nur, dass er alles in reinen Grauschattierungen sieht."
„Verstehe." Skyler räusperte sich. „Wisst ihr etwas über Retsche?"
Ein Kopfschütteln. „Tut mir Leid Sky", fing Guatemala an zu sprechen, ihre Stimme war so leise und sanft wie eine Windbriese. „Retsche taucht grundsätzlich selten in bewohnten Orten auf. Wir sehen ihn höchstens zufällig für ein paar Sekunden."
Fragend löste sich Saemel von Amaclì und sah Skyler an. Wer war dieser Retsche, dass er so wichtig war?
„Skyler", fing Amaclì an zu reden, seine Aussprache erinnerte sehr an eine Schlange. „Retsche ist ein Einsiedler. Wenn du etwas von ihm willst musst du ihn beschwören. Das Ritual kennst du ja, immerhin ziehst du seine Energie. Noch Fragen? Wenn nicht verschwinde Sterblicher und lass mir mein neues Haustier!"
Saemel zog die Brauen zusammen, er war doch kein Haustier.
Skyler spuckte Amaclì an, packte Saemel am Arm und zog ihn zur Türe.
Saemel hatte große Mühe, Skyler für den Körperkontakt keine zu verpassen.
„Wir reden später Saemel.", rief ihm Amaclì noch hinterher.
„Nein, werdet ihr nicht!", donnert Skyler bevor er die Türe zuschlug. Er zog Saemel weiter in den Wald hinein, bei einem Fluss ließ er endlich los. Er stellte sich vor ihn und hielt ihm die Hand unter die Nase.
Ehe Saemel verstand, was Skyler vorhatte, schrie er bereits auf.
„Macht dich das wütend?", Skyler drückte ihm nun die zweite Hand gegen das Gesicht, ließ Saemel noch lauter schreien und um sich schlagen. Nach einer Weile ließ Skyler Saemel los, nur schwer konnte Saemel sich wieder beruhigen. Skyler schnaubte verächtlich. „Ich fasse es nicht. Sciperin erwartet echt, dass ich meine Tochter an einen schwerbehinderten Dämon verheirate. Aber gut, so war unsere Abmachung."

Elemantary Chroniken Buch 1 - ScarletWo Geschichten leben. Entdecke jetzt