Das Mittagessen...

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Am nächsten Tag war erneut eine Sitzung, jedoch war die Zeit bereits bis zur Mittagsstunde vorangeschritten, die Abgeordneten strömten in die Kantine.
Im Bundestag ging gerade ein Grippevirus herum, weshalb alle bis auf drei der FDP Fraktion krankgeschrieben waren. Einer von ihnen war Christian Lindner, die anderen beiden Liberalen hatte jedoch ohne sein Wissen ein Mittagessen in der Stadt geplant. Also stand er ganz alleine da, zunächst stellte er sich in die Schlange und betrachtete die Menschen vor ihm. Den Habeck konnte er aber nicht entdecken. Nach der gestrigen Sitzung hatte Christian eigentlich nicht mehr über das alles nachdenken wollen, aber abends in seiner Wohnung war Habeck in seine Gedanken gelangt und hatte sie für den restlichen Abend auch nicht mehr verlassen. Christian hatte sich ständig gefragt, was er von dem Outing halten sollte, besonders gut fand er es eigentlich nicht. Schließlich hatte der der liebe Gott die Menschen als Mann und Frau geschaffen und nicht als Mann und Mann. Je mehr er darüber nachgedacht hatte, desto mehr Argumente waren ihm eingefallen - für beide Seiten. Das hatte ihn zunächst schockiert, aber naja, dachte Christian, jeder konnte ja machen was er will, nur für ihn war das eben nichts.
Mittlerweile war er an der Essensausgabe angekommen und lies seinen Teller mit einem schönen Schnitzel und einer ordentlichen Portion Spätzle füllen.
Immer noch in Gedanken verloren hörte er hinter sich: "Ja einmal das Veggie-Schnitzel und den Salat, danke"
Es war Habecks Stimme, realisierte Christian, deshalb war er nicht zu sehen gewesen, weil er die ganze Zeit hinter ihm gestanden war.
OMG, was hatte Habeck sich wohl gedacht? Er hatte ihn bestimmt angesehen??
Christian schritt weiter zum Besteckkasten, Robert kam ihm zügig hinter her: "Hey, Herr Lindner!" Christian drehte sich völlig perplex um und gab keinen Ton von sich. "Unsere Parteikollegen haben uns wohl voll im Stich gelassen, hmm?", fuhr Habeck fort, "Möchten Sie sich gemeinsam mit mir an einen Tisch setzten?"
Nickend und immer noch stumm stimmte Christian dem Vorschlag zu. Sie gingen zu einem Tisch der etwas abseits stand, denn in der Nähe der AfD zu sitzen, das missfiel ihnen beiden.
Persönlich kannten sie sich bisher nicht, sie waren sich ab und zu über den Weg gelaufen und hatten sich nur flüchtig gegrüßt. Aber in Zukunft, oder besser gesagt ab kommendem Montag, würden sie im Zuge der Koalition von FDP und Grüne häufiger zusammenarbeiten.
"Guten Appetit" sprach Habeck, sein Gegenüber nickte bloß. "Herr Lindner, geht es Ihnen gut? Haben sie etwas?" erkundigte er sich, es klang etwas Besorgnis in seiner weichen Stimme mit. Nun blickte Christian von seinem Teller auf, direkt in diese blauen Augen. Er schüttelte den Kopf, zunächst musste er das Stückchen Schnitzel in seinem Mund runter schlucken. Dann lächelte er leicht: "Nein, nein, mit geht gut" brachte er vor. "Na dann bin ich ja beruhigt" antwortete Habeck und erkundigte sich weiter: "Und warum wurden Sie sitzen gelassen? Von Ihren Parteikollegen, meine ich natürlich" Habeck lächelte ihn an, Christian musste erst seine Gedanken sortieren: "Die meisten sind krank und die anderen wollten auswärts essen" sagte er trocken und zuckte mit den Schultern. "Hm, es scheint wohl eine Grippe rum zu gehen... mich haben die auch im Stich gelassen." sagte Habeck.
Er aß ein paar Blätter von seinem Salat, dann blickte er Christian nochmal im die Augen: "Ihre Rede gestern fand ich übrigens sehr gut, sie war überzeugend, irgendwie mitreißend." Habeck stockte mehrmals bei dem kurzen Satz, er hatte wohl Christians blaue Augen unterschätzt. Sie waren eiskalt und strahlten doch Wärme aus.
"Danke" Christian lächelte, er fühlte sich geschmeichelt. Er bemerkte auch wie Habeck ihm in die Augen sah.
Zwar war sich Christian seiner Auswirkung auf Andere durchaus bewusst, er sah schließlich unverschämt umwerfend aus, dass diese Ausstrahlung jedoch auch auf Männer wirkte, war etwas neues für ihn.
Bis sie ihre Mahlzeit verspeist hatten, sprachen sie sonst nur über die bisherigen Vorträge und Politisches.
Dann ertönte der Gong, der signalisierte, dass die Sitzung wieder weiter ging. Sie standen synchron auf und lächelten sich an, mit einem kurzen Nicken verabschiedeten sie sich und jeder ging seinen eigenen Weg zurück in den Plenarsaal.
Als Christian sich umgedreht hatte realisierte er erst, wie laut es eigentlich in der Kantine war, während seinem Gespräch mit Habeck hatte er den Lärm der anderen Abgeordneten überhaupt nicht wahrgenommen.

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Verbotene Liebe im BundestagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt