9. Kapitel °

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Info: Mit ° markierte Kapitel sind Zeitsprünge. Die Kapitel sind in der Vergangenheit geschrieben und beschreiben bereits Geschehenes!

Es war ein paar Wochen vor Dads Tod. Tom und Zoe waren irgendwo. Ich ging davon aus, dass sie sich in einem Bett befanden und nicht mehr allzu viele Klamotten anhatten.

Ich war währenddessen am anderen Ende der Stadt. In einem Club, der stark angepriesen wurde, von ein paar älteren Typen aus der Nachbarschaft. Ich ging also dorthin, mit ein paar Gläser Alkohol intus.

Der Club war nicht gerade groß, alles war mit Lichtstäben beleuchtet und ein paar leichtbekleidete Mädchen tanzten auf der kleinen Bühne, in der Mitte des Raumes. Ich erkannte Lenny, den ich vom Sehen kannte und stellte mich zu ihm. Er machte mich mit seinen Freunden bekannt und wir tranken etwas. Es war lustig und auch ganz angenehm ein wenig zu reden und zu lachen. Seine Freunde schienen nett zu sein.

Mit der Zeit wurde die Luft stickiger, die Musik lauter und die Mädchen heißer. Das dachte ich zumindest. Erst später wurde ich von Besserem belehrt. Ich exte einen Shot und erklärte, dass ich schnell auf die Toilette müsste, weil meine Blase sich bemerkbar machte. Lenny nickte, aber er wirkte nicht mehr so, als wäre er auf dieser Welt.

Ich lief in die Richtung, in der ich die Toiletten vermutete. Ich schob mich bei Mädchen vorbei, die versuchten mich festzuhalten. Ich konnte mich befreien und ging weiter.

Dann landete ich in einem Gang, der im Verhältnis zu allem eher wenig beleuchtet war. Ich stieß eine schwarze Tür auf. Das gelbe Schild, dass sich darauf befand, bemerkte ich dabei nicht. Es war dunkel und kühl. Ich wartete darauf, dass sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnten und als das nicht passierte, griff ich in meine Hosentasche. Aus der holte ich mein Handy. Es dauerte ein wenig, bis ich den Knopf für die Taschenlampe fand, aber als sie anging, konnte ich endlich meine Umgebung sehen. Ich war keineswegs auf der Toilette, wohl eher war das ein Lagerraum. Kisten und Dosen standen an der Wand gestapelt übereinander. Es roch leicht nach Abfall und die Musik wurde durch die schwere Tür draußen gehalten.

Ich wusste nicht, was mich in dem Moment dazu brachte, aber ich ging den Raum entlang, anstatt wieder umzudrehen. Beim Vorbeigehen nahm ich mir eine Dose Bier, machte sie auf und kippte sie in einem Zug hinunter. Es würde schon keiner kontrollieren kommen. Und wenn doch, hätten sie besser abgeschlossen.

Vorne erkannte ich ein leichtes Licht. Ich folgte ihm. Das Licht fiel durch eine Tür mit einem kleinen Fenster herein. Ich überlegte nicht lange. Eigentlich hatte ich genug vom Abend. Tom war nicht da, Lenny war betrunken, ich war das zwar auch, aber immerhin konnte ich noch halbwegs gehen und gerade stehen. Ich stellte die Taschenlampe aus und steckte das Handy ein.

Dann drückte ich die Tür auf. Im ersten Moment war ich überrascht von den vielen Menschen. Ich hörte viele, verschiedene Stimmen, konnte sie aber nicht richtig zuordnen. Ich machte ein paar Schritte hinaus, die Luft war angenehm, dennoch war mir ein wenig schlecht. Ich ließ die Tür zufallen. Sie machte ein dumpfes Geräusch hinter mir.

»Alles okay bei dir?«, fragte jemand. Im ersten Moment dachte ich, dass ich mir das alles nur einbilde, aber dann nahm ich die Gestalt neben mir wahr.

»Ja... Mir ist nur... schlecht...«, in meinem Kopf war plötzlich eine Wolke, das Sprechen fiel mir schwer und ich schloss die Augen.

»Wir können uns hinsetzten. Da vorne steht eine Bank.« Die Stimme klang nun auffordernd und ich setzte mich langsam in Bewegung. Nach ein paar Metern stand tatsächlich eine Bank, neben einer Hauswand. Sie sah zwar ziemlich heruntergekommen und dreckig aus, aber ich habe einen Zustand erreicht, an dem mir das egal war. Stöhnend ließ ich mich darauf fallen und massierte meine Stirn.

»Harte Nacht gehabt?«, fragte jemand und erst jetzt schaffte ich es mich nach links zu drehen wo jetzt der Junge saß, der mich angesprochen hatte. Junge war untertrieben. Er war wohl eher ein Mann. Ich musste schlucken. Das Gefühl in meinem Magen wich einem anderen, dass ich nicht richtig zuordnen konnte.

»Ich bin übrigens Tyler«, stellte sich der Typ vor. Er grinste nun leicht. Sein Eckzahn war schief, fiel mir auf. Seine Augen waren blau, ein angenehmes mittelblau. Er hatte dunkle Haare, fast schwarz, die mit einem Haargummi nach hinten gebunden waren. Ein paar leicht gewellte Strähnen hingen ihm ins Gesicht. In mir äußerte sich die Frage, wie er wohl mit offenen Haaren aussehen würde. Ich schluckte sie hinunter und presste die Lippen zusammen. Meinem betrunkenen Gehirn vertraute ich nicht so ganz.

»Ollie«, sagte ich dann aber doch, weil er mich so erwartungsvoll ansah.

»Soll ich dich irgendwo hinbringen?«, fragte Tyler dann. Warum sollte er das wollen, frage ich mich. War er einer, der dich dann irgendwo liegen ließ und davonlief. Oder hatte er schlimmeres mit mir vor.

»Ich will noch nicht nach Hause«, sagte ich dann, nachdem ich die Chancen zum Überleben abgewogen hatte. Er sah nicht so aus, als könnte er mich verschleppen, er wirkte freundlich und man konnte sich mit ihm unterhalten. Der junge Mann sah mich von der Seite an.

»Wir könnten noch ein bisschen gehen«, schlug er vor. Ich nickte. Alles war besser, als nach Hause zu gehen. Im schlimmsten Fall war meine Mutter noch wach und es gab Krach. Ich war zwar 17, doch ich wusste, dass es jetzt im Moment nicht gut ankam, wenn ich gefühlt jeden Tag betrunken und einsam war.

Ich sah, dass Tyler schon aufgestanden war und ein paar Schritte gegangen war. Schnell sprang ich auf. Es war etwas zu schnell, meine Stirn begann etwas stärker zu pochen. Ich unterdrückte ein Stöhnen.

Wir gingen schweigend nebeneinander her. Es schien, also würde sich Tyler gut auskennen in der Gegend. Nur ein paar Straßenlaternen beleuchteten die Straße. Mit der Zeit schien sich der Alkohol in meinem Körper ein wenig zu beruhigen. Ich wurde ruhiger und das Übelkeitsgefühl war auch fast weg.

»Was machst du in dieser Zeit in der Gegend? Warst du feiern?«, fragte ich dann. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Normalerweise hatte ich eine große Klappe, wenn ich betrunken war, aber er war so... so... ich hatte keine Worte dafür. Irgendwie war er geheimnisvoll und still, aber doch nett und stark.

»Ja...«, kam seine Antwort. Ich sah ihn an.

»Und wo?«, erkundigte ich mich dann.

»Im Kiss. Der Eingang ist gleich neben dem Hinterausgang von deinem Club.«

»Oh«, machte ich. Irgendwas klingelte bei mir, als er den Namen des Clubs sagte. Aber ich konnte meine Gedanken nicht ordnen.

»Da vorne um die Ecke wohne ich. Willst du noch mitkommen?«, im ersten Moment fragte ich mich, was wohl passieren würde, wenn ich einem Fremden in seine Wohnung folge. Dann nickte ich.

»Ich wohne in einer WG, normalerweise sind die beiden aber über das Wochenende nicht im Haus«, erklärte Tyler, als wir Stiegen hinaufgehen. Er zog den Schlüssel aus seiner Hosentasche. Dann sperrte er die Tür auf. 

Hinter verschlossenen Türen [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt