30. Kapitel

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Tyler und ich. Es gibt nur ihn und mich und zwischen uns existiert nichts, das uns trennt.

Er trägt seine Haare nun offen und obwohl ich mich eigentlich nie sonderlich für Männer interessiert habe, so ist es jetzt doch so dass ich mir wünsche, mit meinen Händen hindurchzufahren. Ich wette, sie sind weich. Sie müssen ja fast weich sein.

Tylers Oberkörper ist nackt und ich muss schlucken, als mein Blick auf die Wassertropfen fallen, die nach und nach über seine Brust rinnen. Sie bahnen sich ihren Weg in den Bund der Hose. Ich muss schlucken, als ich mir seine Hose genauer anschaue. Eine schwarze enge Boxershorts, die wenig Raum für Fantasie frei lässt. Obwohl, ich habe schon alles von ihm gesehen.

Mir wird warm, als ich daran denke, wie ich in ihm war. Wie er mich stöhnend gebeten hat, es ihm härter zu geben. Ich weiß, er hat den gleichen Gedanken, denn auch sein Augenausdruck wird lustvoll.

»Kommst du mit?«, er grinst mich an. Ich nicke wie ferngesteuert. Natürlich komme ich mit. Wer möchte nicht gerne, mit einem Mann, der so heiß ist, dass einem fast die Luft zum Atem genommen wird, unter der Dusche stehen.

»Na dann, fehlt noch etwas...«, Tyler haucht diese Wörter und ich ziehe fragend die Augenbrauen in die Höhe.

»Was fehlt denn?«, meine Stimme hört sich seltsam an. Aber mein Herz schlägt auch so laut, dass ich Angst habe, dass es in der Wohnung darunter, die Menschen auch noch hören. Ich hoffe, es sind ältere Personen, die ihren Gehörsinn schon verloren haben. Denn egal, was wir jetzt auch machen, es wird nicht für andere Menschen's Ohren bestimmt sein.

Tylers Mund ist ganz nah, seine Zunge gleitet aus seinem Mund und fährt die Linien meines Ohres nach.

»Deine Klamotten... Du hast noch zu viel an«, haucht er dann und ich nicke. Natürlich habe ich zu viel an. Das müssen wir sofort ändern!

Schnell ziehe ich mein T-Shirt über den Kopf. Dabei bin ich so grob und schnell, dass ich mit der Hand hängen bleibe und es ein komisches Geräusch von sich gibt.

»Du sollst dich nur ausziehen, nicht dein Gewand ruinieren«, Tyler grinst. Ich steige aus meiner Hose und streife mir die Socken ab.

Jetzt habe ich nur noch eine Boxershorts an. Schnell sehe ich an mir hinunter. Ich trage eine von meinen neuen Unterhosen. Eine dunkelblaue mit einem weißen Bund. Wenigstens etwas. Auch Tyler scheint begeistert zu sein, ob von meiner Unterwäsche, oder von mir, weiß ich nicht so genau.

»Jetzt fehlt nur noch eines...«, der Satz klingt im Raum.

Ich grinse: »Mein Schwanz?«

Tyler verdreht die Augen, aber er lächelt dabei. »Der natürlich auch. Aber eigentlich meinte ich dich. Dich und mich. Gemeinsam unter der Dusche und viel, viel heißes Wasser.« Da bin ich dabei. 

»Schnell, sonst ist das Wasser kalt...«, Tyler treibt mich an, in dem er mit der flachen Hand gegen die Fliesen klopft. Ja, ja. »Klopf, klopf«, immer wieder wiederholt sich das Geräusch.

Ich zucke in die Höhe. Weg ist das Wasser, Tyler und alles, was mit ihm zu tun hat. Mein Kopf pocht und mir ist schlecht.

»Tyler?«, mache ich und muss schlucken. Meine Stimme klingt kratzig und ich sehe mich langsam um. Ich sitze im Auto. Es ist dunkel. Naja, dunkel ist übertrieben. Die Scheiben sind angelaufen und es dringt kein Licht herein.

Ich bin eingeschlafen. Oder vielleicht war ich auch bewusstlos. Ich kann mich langsam erinnern, dass ich mir die Flasche Alkohol gekauft habe. Ich habe sie komplett geleert, dass zeigt die leere Flasche neben mir auf dem Beifahrersitz. Es riecht nach Alkohol und Schweiß. Und nach Elend.

Tyler ist weg und mir wird bewusst, dass ich mir das alles nur vorgestellt habe. Dass all diese Sachen nur ein Traum waren. Ein schöner Traum, der sich jetzt, wo ich wach bin, in einen Albtraum verwandelt.

Ich taste nach meinem Handy, das keine eingegangene Nachricht anzeigt. Kein Tyler, keine Nachricht. Toll, besser kann es nicht mehr werden. Ich atme aus und mein Magen rumort. Ich hätte nicht so viel trinken sollen.

Jetzt, da der Alkohol einem bangen Gefühl der Angst und der Wut gewichen ist, wünsche ich mir, mit allem was ich habe, dass ich die Zeit um eine Stunde zurückdrehen kann. Aber es ist zu spät.

Der Alkohol ist in meine Blutbahnen gelangt. Mein Verstand ist benebelt. Und ich fühle mich leer, aber gleichzeitig auch so voll. Voll mit Gedanken, mit Bildern, die immer wieder in meinem Kopf schwirren und dafür sorgen, dass sich immer wieder alles dreht. Was bin ich nur für ein Versager!

Ich würde ja nach Hause fahren, aber ich denke, dass, wenn mich ein Polizist aufhält, ich keine gute Ausrede habe, womit ich meinen Alkoholspiegel erklären kann. Vielleicht kann ich sagen, dass ich trauere. Aber eine Strafe wird es trotzdem geben. Tja, da bin ich wohl selbst schuld. Das hätte ich vorher bedenken sollen, bevor ich die Flasche gekauft und geleert habe.

Schweren Herzens ziehe ich den Schlüssel ab und sperre mein Auto zu, bevor ich mich auf den Weg mache. Wohin, dass weiß ich selbst nicht so genau.

Ich lasse die Innenstadt hinter mir. Die Vögel haben aufgehört zu zwitschern. Es ist eine Stille eingetreten, wie nach einem Todesfall. Ich begegne nicht einmal einem Menschen. Ich gehe durch die Gassen, immer weiter und weiter. Ich weiß nicht, wohin mich meine Beine tragen. Vielleicht dorthin, wo ich hingehöre?

Ohne es richtig zu merken, bin ich in der Gasse, ganz am Ende der Stadt, die zum Friedhof führt. Der Weg wird steiler und mir rinnt ein Schweißtropfen den Rücken hinunter. Ich schnaufe.

Oben angekommen stehe ich vor einem schwarzen Metalltor. Es quietscht, als ich es aufdrücke und eintrete. Ein Weg aus Kieselsteinen führt mich zu meinem Dad.

Das Grab besitzt einen schwarzen leicht abgeschrägten Grabstein, auf dem die Innenschrift „Peter Sires" und sein Geburts- und Sterbedatum eingraviert ist. Ganz unten steht in geschwungener Schrift „Für immer in unserem Herzen."

Ich streiche mit der Handfläche über den Stein. Es fühlt sich kühl und ein wenig feucht an. Dann lasse ich mich neben das Grab sinken. Der Boden ist kalt und ich ziehe die Jacke enger um mich. Mit den Fingern streiche ich über eine Blume, die aus der Erde sprießt und schließe langsam die Augen.

Hinter verschlossenen Türen [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt