52. Kapitel

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Nach meiner Aussage ist es still zwischen uns. Ich weiß, anhand seiner Überforderung und seines Hustenanfalls, dass er genauso daran denkt, wie ich.

Er kann es einfach nur gut verstecken und hat viel Kontrolle über seinen Körper. Im Gegensatz zu mir, der schon bei Kleinigkeiten, die Tyler macht, sofort reagiert oder rot wird.

Auch, wenn Tyler jetzt so tut, als wäre nichts passiert und als wären wir nicht mitten im Nirgendwo in einer Hütte, während das Gewitter tobt, hat sich die Stimmung verändert.

»Hast du schon Empfang?«, fragt er dann in die Stille und ich greife nach meinem Handy, dass ich neben mich gelegt habe, nachdem es fast in meiner Jackentasche ertrunken wäre. Was habe ich nur für ein Glück, dass es noch funktioniert.

Als sich der Bildschirm erhellt, weiß ich sofort, dass sich an dem Empfang nichts getan hat. Jetzt steht sogar, dass kein Netz besteht.

»Nein«, sage ich und lege das Handy wieder zur Seite.

Ich lehne mich auf meinen Unterarmen zurück und gähne. Die Suppe ist längst aufgegessen und die Nacht bricht herein.

Es ist zwar schon dunkel, aber irgendwie kommt es mir so vor, als wäre es in den letzten Minuten noch finsterer geworden.

»Müde?«, fragt Tyler und an seinen Augen sehe ich, dass er versucht so zu tun, als wäre nichts passiert. Als wüsste er nicht, dass wir uns begehren.

Ich nicke und gähne noch einmal.

»Leg dich doch ins Bett, ich wasche noch ab...«, sagt er und steht auf.

»Und wo willst du schlafen, doch nicht auf dem Boden, oder?«, anhand seiner Reaktion sehe ich, dass er das wirklich vorhatte.

Oh Gott, wir stehen wieder ganz am Anfang! Er soll sich mal nicht so anstellen. Das Bett ist so viel bequemer als ein alter, dreckiger Holzboden.

»Das ist doch kindisch... Wir schlafen beide im Bett. Es ist zwar eng, aber der Boden ist doch dreckig und kalt«, erkläre ich.

Da er noch immer zweifelnd dreinschaut, sage ich: »Ich verspreche auch, dass ich meine Hände bei mir lasse und dich nicht anfasse...«

»Danke, das ist ja reizend von dir!«, er verdreht die Augen.

»Außer du möchtest etwas anderes. Du musst es nur sagen...«, ich lecke mir die Lippe und sein Blick fällt kurz dahin, bevor er sich wieder im Griff hat. Ich wusste ja gar nicht, wie witzig dieses Spielchen ist. Ich sollte es unbedingt weiterspielen.

»Das werde ich, du Verführer!«, er grinst mich an und schiebt sich mit den beiden Tellern an mir vorbei, um sich an das Abwaschen zu machen.

Ich seufze. Da ich aber wirklich ziemlich müde bin, stehe ich auf und lasse mich auf das Bett fallen. Es knarrt und ich halte kurz die Luft an.

Als es nicht unter mir zusammenbricht, decke ich mich zu und schließe die Augen. Irgendwo von weit her, höre ich Wasser laufen und ein leichtes Klirren, das von den Tellern kommt.

Meine Beine tun weh und meine Handflächen ziehen und brennen. Ich hätte sie wieder verbinden sollen. Aber ich möchte nicht mehr aufstehen. Es fühlt sich an, als lege ich auf Wolken. Ich werde eben einfach nie wieder aufstehen. Vielleicht kann ich Tyler davon überzeugen, dass er mich trägt.

Als würde er merken, dass ich an ihn denke, steht er vor dem Bett und sieht mich fragend an.

»Willst du wirklich auf dem Boden schlafen? Weißt du, wie ich hier liege? Wie auf Wolken. Du möchtest ein Stück Himmel gegen den kalten, verstaubten Boden eintauschen. Mir soll es nur recht sein, dann habe ich eben mehr Platz«, ich atme wohlig auf und öffne die Hände, sodass ich daliege, wie ein Stern.

»Du spielst mit unfairen Mitteln, Ollie...«, sagt er und ich höre an seiner Stimme, dass ich ihn schon längst überzeugt habe.

Ein paar Sekunden kommen Schritte an die andere Seite des Bettes und ich höre, dass er sich hereinrollt.

Ich drehe mich auf die Seite, sodass wir uns anschauen können.

»Na, alles zu deiner Zufriedenheit?«, ich grinse ihn an, als ich seine strahlenden Augen.

»Es ist wirklich wahnsinnig weich...«, erklärt er und kuschelt sich unter die Decke.

»Sag ich doch!«

Es ist nun so dunkel, dass ich sein Gesicht nur erahnen kann. Kurzerhand drehe ich mich auf die Seite, wo eine Kerze auf meinem kleinen Nachtisch steht und ich finde auch eine Verpackung Streichhölzer daneben. Ich entflamme das Licht und drehe mich wieder zu ihm um.

»Was ist?«, flüstert er, weil ich einfach so daliege und ihn anstarre. Mitten in der Nacht. Bestimmt gar nicht gruselig.

»Ich weiß nicht...«, meine Stimme zittert kaum merklich. Ich spüre ihn einfach gerne. Ich sehe ihn gerne an und ich höre ihm wahnsinnig gern zu.

Aber das kann ich ihm ja schlecht sagen, wo er vorhin auch schon so gereizt reagiert hat, nur weil ich ihm vor Augen gebracht habe, dass er noch Gefühle für mich hat.

Ich rücke ein wenig näher. Da er sich nicht versteift, schiebe ich mich noch ein wenig an ihn heran.

»Was machst du?«, flüstert Tyler und ich erstarre.

Ich dachte, es fällt nicht auf, wenn ich plötzlich Haut an Haut mit ihm liege. Naja, anscheinend doch.

»Was denkst du denn?«, hauche ich und warte auf seine Antwort.

»Deine schmutzigen Gedanken ausleben...«, flüstert er und ich höre an seiner Stimme, dass er grinst.

»Sind wohl auch deine, so hart wie du bist«, sage ich zittrig und erschaudere. Meine Hand hat seine Leistengegen gestreift und er ist genauso erregt, wie ich.

Mein Schwanz drückt gegen meine Boxershorts und ich muss mich beherrschen, nichts Unüberlegtes zu tun.

Ich will jetzt nicht von mir behaupten, dass ich hart bin, weil er nur neben mir liegt. Aber allein der Gedanke von ihm, mir und diesem wolkenweichen Bett, lässt mich Hoffnung empfinden. Neben Gefühlen, wie Erregung, Freude und Nervosität.

»Willst du mich nicht wegstoßen?«, ich warte gespannt auf seine Antwort.

Was wird er wohl dazu sagen? Innerlich male ich mir Worte aus, mit denen er mich noch näher zu sich holt, anstatt Anstand und Abstand zu wahren.

»Tyler?«, erkundige ich mich noch einmal, da er nichts sagt. Vielleicht überlegt er noch. Oder er will mich mit seiner Antwort nicht verletzen.

Womit soll er mich noch verletzen, das ist die Frage? Es hat mir in den letzten Tagen einiges abverlangt. Im Bezug auf meine Gefühle für ihn und den Hass, den ich zwischenzeitlich empfunden habe.

Und jetzt? Jetzt ist alles so weit weg. Verschwunden in den watteweichen Wolken. Nur noch er und ich. Und fast kein Platz zwischen uns.

Es scheint, als würde er uns verleugnen, da keine Antwort aus seiner Richtung kommt.

»Ollie...«, flüstert er und ich erstarre. Was wird jetzt kommen?

»Ich weiß, ich habe dich verletzt und ich war wahnsinnig gemein zu dir, aber ich kann meine Gefühle für dich nicht abstellen...«

Oh Gott. Auf diese Worte habe ich gewartet. Schon so lange.

»Welche... Gefühle denn?«, ich beginne zu stottern.

»Gefühle?!«, seine Stimme klingt überfordert, laut und er seufzt tief, bevor er sagt: »Ich habe mich schon in dich verliebt, als du mir in dieser Nacht vor die Füße gestolpert bist.«

Hinter verschlossenen Türen [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt