Jetzt wo Tyler gegangen ist und ich wieder allein im Haus bin, ist es fast so, als wäre er nie da gewesen. Als hätte ich das alles bloß geträumt.
Doch natürlich war er hier, schließlich steht sein leerer Teller neben meinem. Aber das Gefühl, dass ich dabei habe, als ich die beiden Teller in den Geschirrspüler stelle, ist so, als wäre es schon Stunden her.
Da ich nicht weiß, was ich noch machen soll, packe ich meine Sportsachen zusammen. Ich lege die Palatschinken, die noch übriggeblieben sind auf einen Teller und stülpe einen Deckel darüber.
Dann mache ich mich auf den Weg ins Gym. Ich schreibe meiner Mum kurz, dass ich erst später zurückkomme.
...
Es ist nach 16 Uhr, als ich das Fitnessstudio verlasse. Ich mache noch einen Abstecher zu meinem Auto, dass ganz einsam und verlassen vor dem Supermarkt steht.
Anschließend fahre ich nach Hause und dusche mich. Ich creme mein Gesicht mit einer Wundsalbe ein und lasse meine Haare Luft trocknen.
Als meine Mum nach Hause kommt, serviere ich ihr die zuvor gemachten Palatschinken. Sie sieht ziemlich geschafft aus und freut sich, dass sie so einen fleißigen Sohn hat.
Dass dieser fleißige Sohn heute seinen Stiefbruder eingeladen hat und mit ihm schon die Hälfte des Essens verspeist hat, lasse ich außen vor. Schließlich müssen Mütter nicht alles wissen.
Während sie isst, frage ich sie aus: »Wie war's bei Georg?«
»Wir waren in einem kleinen Cafe und haben uns unterhalten. Außerdem haben wir uns jetzt entschieden, wo wir den kleinen Ausflug machen«, erzählt sie und lächelt dabei ganz verliebt.
»Ach ja? Wo denn?«, erkundige ich mich.
»Georgs Freund aus der Schulzeit vermietet eine Hütte, zu der ein Wanderweg führt. Sie ist wirklich gut ausgestattet. Mit verschiedenen Zimmern, Bad, Wohnzimmer und Küche. Ich denke, dass passt perfekt für uns. Dann können wir wandern gehen. Es gibt auch Hütten, zu denen man spazieren kann und außerdem eine Seilbahn...«, schwärmt meine Mum und sieht dabei wahninnig glücklich aus.
Ich lasse ihr die Freude, einfach weil sie es verdient, wieder so voller Vorfreude und Glück zu sein.
Ich freue mich ja auch auf den Ausflug. Aber vor allem darauf, Tyler wiederzusehen. Aber das bleibt mein Geheimnis.
Ich spreche noch ein wenig mit meiner Mutter, dann gehe ich hoch in mein Zimmer und mache noch etwas für die Schule, bevor ich Zähne putze und schlafen gehe.
Bevor ich einschlafe, nehme ich mir ganz fest vor, morgen mit Tom zu reden und alles zu klären. Denn, auch wenn ich es mir nur schwer eingestehen kann, so hat Tyler recht. Es gibt Streit unter Freunden und der kann manchmal auch eskalieren. Aber eine wahre Freundschaft kann man retten.
...
Am nächsten Morgen werde ich schon vor dem Klingeln des Weckers wach und bin, obwohl ich ein Morgenmuffel bin, motiviert. Das soll mal echt was heißen.
Ich entscheide mich für ein T-Shirt in orange, weil es ganz oben auf meinem Stapel liegt und eine graue Jeans mit Löchern. Dann mache ich Katzenwäsche, rasiere mich und putze meine Zähne.
Meine Mum ist schon weg und ich schnappe mir nur eine Banane und fülle meine Flasche mit Wasser an. Beides stopfe ich in meinen Rucksack.
In der Garderobe ziehe ich meine Lederjacke und meine schwarzen Schuhe an. Danach nehme ich mir den Schlüssel und gehe in die Garage.
Ich habe gestern Abend einen Entschluss gefällt und heute setze ich ihn in die Tat um. Bevor ich in die Schule fahre, mache ich einen Abstecher zu Tom. Ich weiß nicht, ob er schon gefahren ist, aber es ist noch ziemlich früh. Vielleicht habe ich Glück.
Ich parke mein Auto vor dem Haus. Dabei fällt mir auf, dass der Tank schon einen niedrigen Stand anzeigt. Ich werde heute noch zur Tankstelle fahren, sonst habe ich in ein paar Tagen ein Problem.
Bevor ich an der Tür läute, atme ich einmal durch. Ich will das was zwischen uns klären. Nicht noch schlimmer machen. Nach ein paar Sekunden, wo ich versuche meine Gedanken zu sortieren und mich ein wenig zu entspannen, betätige ich die Klingel.
Es ist kurz still, dann höre ich eine Tür zuschlagen. Ein paar Sekunden später geht die Tür auf. Toms Mum steht vor mir.
»Oh Ollie, holst du Tom ab?«, sie verzieht die Mundwinkel zu einem Lächeln, doch ihr Gesicht sieht ziemlich blass aus.
»Ja, ist er noch da?«, erkundige ich mich langsam.
»Natürlich, er steht gerade unter der Dusche. Willst du noch hereinkommen? Ich habe vorhin Muffins gebacken...«, sie sieht mich erwartungsvoll an.
»Okay«, stimme ich zu und Frau Hiller strahlt.
Sie trägt ein weites langärmliges Kleid und eine rote Schürze darüber. Die Haare hat sie mit einem Band fixiert.
Ich trete in die Küche und mache es mir am Tisch bequem. Ein paar Minuten später stehen Muffins mit bunten Verzierungen vor mir und ich kann nicht lange widerstehen.
Toms Mutter kann einfach backen. Meine Mum kocht zwar wirklich gut, aber das Backen ist bis jetzt auf der Strecke geblieben.
Ich sollte mich unbedingt wieder mit Tom anfreunden, dann könnte ich mir täglich meine Portion Süßes holen.
»Wie läuft es in der Schule?«, erkundigt sich Frau Hiller dann und ich zucke zusammen. Nicht schon wieder diese Frage. Ich nehme einen Bissen von meinem Muffin, um mir etwas Zeit zu verschaffen, damit ich mir eine Antwort überlegen kann.
»Gut«, sage ich. Was soll man da schon groß darauf sagen? Ich denke nicht, dass sie die ganze Antwort wissen möchte.
»Das ist...«, beginnt Toms Mum, dann wird sie noch ein wenig blasser. »Ich muss schnell...«, dann springt sie auf und rast bei der Tür hinaus. Kurz ist es still, dann fällt eine Tür ins Schloss.
Ich sehe ihr erstaunt hinterher. Was war denn das? Aber Frau Hiller war ziemlich blass. Vielleicht wird sie krank, oder ihr war schlecht? Ich habe keine Ahnung. Verstehe einer die Frauen.
Da sie nicht wiederkommt, nehme ich mir noch einen Muffin. Dieses Mal einen mit einer blauen Zuckerglasur und weißen Perlen.
Danach lecke ich meine Finger ab und stehe auf. Tom kann doch nicht so lange unter der Dusche stehen. Ich gehe den Flur entlang und sehe mir die Bilder an den Wänden an.
Bilder von der ganzen Familie, die alle möglichen Situationen des Lebens zeigen. Geburtstage, Feste, Abendessen, ...
Ich gehe immerweiter, bis ich vor Toms Zimmer stehe. Gerade will ich klopfen, da ertönt eineStimme hinter mir: »Was machst du denn hier?!«
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Hinter verschlossenen Türen [boyxboy]
Romance... ,,Ich habe mich schon in dich verliebt, als du mir in dieser Nacht vor die Füße gestolpert bist." ... Ollies Vater ist gestorben. Seine Mutter verliebt sich neu und ihr Freund bringt seinen Sohn Tyler mit in die Beziehung. Das Problem ist, Olli...