5. Kapitel

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Von Lenny und seinen Freunden werde ich mit Handschlag begrüßt und eingeladen mitzutrinken. Hier fühle ich mich wohler. Es ist, als würde eine Last von meinen Schultern fallen und ich könnte einfach ich selbst sein.

Nach ein paar weiteren Gläsern und dem Heben meiner Laune, erklärt ein Freund von Lenny: »Ey, lasst uns doch die Tanzfläche ausprobieren!« Ich bin jetzt nicht so der große Tänzer, aber mit ein bisschen Alkohol im Blut ist es mir wenigstens nicht so unangenehm.

Wir machen uns auf den Weg auf die Tanzfläche, die nicht gerade groß ist. Lenny beginnt sich sofort zu bewegen und ich tue es ihm gleich. Nach ein paar Minuten, die ich versucht habe, mich zur Musik zu bewegen, tanzt mich ein Mädchen von der Seite an. Sie ist in meinen Augen viel zu aufgebrezelt und gar nicht mein Typ. Mit der Hand schiebe ich sie unauffällig weiter zu Lenny. Dort bleibt sie eine Weile und tanzt mit ihm.

Als ich mich ein wenig nach links drehe, fällt mir jemand ins Auge. Ich blinzle und muss schlucken. Ich bleibe wie angewurzelt auf der Tanzfläche stehen, während sich die Menge weiterdreht. Doch das Bild ist plötzlich weg. Ich weiß nicht, wie viel ich dem Alkohol zuschreiben kann, aber es fühlt sich an, als wäre er hier. Mein Blick gleitet über die Menschen. Ich versuche ihn mir vorzustellen, doch wie es scheint, habe ich mich getäuscht. Vielleicht sieht er jetzt ganz anders aus. Hätte ich ihm doch nur geschrieben. Aber er wäre enttäuscht, was aus mir geworden wäre. Ich schließe die Augen und lasse mich in die Musik fallen.

»Hey Ollie!«, ruft jemand und ich erwache aus meiner Trance. Ich öffne die Augen und sehe Lenny, der nicht mehr neben mir ist, sondern aus einer Entfernung wie wild winkt. Ich schiebe mich an den Leuten vorbei und laufe zu ihm hinüber.

Er grinst und erklärt: »Mich haben sie gefragt, ob ich Pflicht oder Wahrheit mitspielen will, ich habe zugesagt und du kommst auch mit!« Er lässt keine Wiederrede zu. Ich bin kein Freund, von diesem Spiel. Andauernd muss man irgendwelche Leute küssen oder sonstige dumme Dinge tun. Er überredet mich damit, dass er mir vorher noch ein starkes Getränk spendiert, dass ich in einem Zug hinunterschütte. Die Welt steht kurz still und ich genieße das Gefühl, als der Alkohol durch meine Venen hindurchfließt. Dann gehe ich ihm nach.

In einem kleinen Raum, sitzen schon ein paar Jungs auf dem Boden. Und gerade betreten Tom und Zoe den Raum. Das hat mir gerade noch gefehlt. Gott sei Dank bin ich schon zu betrunken, dass es mir etwas ausmacht, dass mein ehemals bester Freund mit mir nicht mehr reden kann, dafür aber mit mir durchgehend zusammenklebt. Ich schlucke die Wut hinunter und lasse mich neben einem dunkelhäutigen Typen auf den Boden fallen. Unten dreht sich die Welt nicht mehr so stark und ich schließe einen Moment die Augen. Nach ein paar Minuten, die sich anfühlen wie Sekunden, verkündet Lenny, dass alle Teilnehmer hier sind.

»Wer möchte beginnen?«, fragt er dann grinsend in die Runde.

Ein Mädchen mit dunklen Locken meldet sich mit einem: »Ich! Gib mir die Flasche.« Sie legt sie auf den Boden und dreht die dunkelgrüne Flasche. Sie schafft ein paar Runden und zeigt dann auf den dunkelhäutigen Jungen neben mir. Er entscheidet sich für Wahrheit und darf erzählen, wann er das letzte Mal Sex hatte.

Als er überlegt, beschwert sich ein anderer Typ, der gegenüber von uns sitzt: »Mach weiter, wir haben nicht die ganze Nacht Zeit!«

»Ey Mann, sei ein wenig leiser!«, mache ich und halte mir den Schädel.

»Na, besoffen?«, fragt er mich und ich ziehe die Augenbrauen in die Höhe. Wie sieht es denn aus?

Der Typ neben mir gibt seine Antwort, die: »Vor zwei Monaten« lautet und er dreht die Flasche. Sie landet auf Zoe. Diese darf einen Jungen küssen. Was heißt darf, sie muss. Und sie entscheidet sich natürlich für ihren Freund. Wie sollte es anders kommen?

Während die beiden knutschen und komische Geräusche von sich geben, werfe ich einen unauffälligen Blick auf die Uhr. Es ist kurz vor Mitternacht. Ein paar Minuten noch und ein neuer Tag beginnt. Wer weiß, was mich dann noch erwartet. Zoe dreht die Flasche wieder und nach einer zittrigen Runde landet sie schließlich bei mir.

Sie sieht mich an und ein Lächeln umspielt ihre Mundwinkel. »Ollie? Was suchst du dir aus? Wahrheit oder doch Pflicht?«, fragt sie und ihr Gesichtsausdruck wird fragend. Ich entscheide mich für Wahrheit, weil die Mädchen in der Runde absolut nicht küssbar sind. Ich könnte auch Zoe küssen und sehen, wie Tom reagiert.

Kurz spiele ich tatsächlich mit dem Gedanken. Aber unsere Freundschaft ist schon so in Scherben, jetzt würde ich mich nur noch daran schneiden. Als ich ihr meine Antwort gebe und in ihre Augen sehe, merke ich, dass das wahrscheinlich die falsche Antwort war, so wie sie beginnt zu grinsen. Ich atme einmal aus. Was soll schon viel schlimmer sein, als dass ich etwas über mein Sexleben erzählen soll?

»Also Oliver...«, sagt sie und lässt sich Zeit, um mich zittern zu lassen.

»Ja?», mache ich und lege den Kopf schief. Wenn sie meint, sie könnte hier irgendwelche Spielchen spielen, bitte, soll sie das glauben.

Und dann sagt sie: »... wir haben dich schon lange mit keinem Mädchen mehr gesehen, hast du dich doch für einen hübschen Jungen entschieden?« Mein Atem setzt für einen Moment aus.

»Bitte?«, meine Stimme klingt anders, fällt mir auf. Ist sie bescheuert? Ich bin doch nicht schwul.

»Willst du mir hier unterstellen, dass ich schwul wäre?!«, ich bin betrunken, schaffe es aber, den Satz halbwegs fehlerfrei zu artikulieren. Ich beiße die Zähne zusammen, weil ich weiß, dass man Mädchen nicht schlägt. Zu gerne würde ich das tun und Toms Meinung wäre mir dabei sowas von egal.

»Nein, aber es interessiert uns doch alle sehr!«, sie kichert. Natürlich interessiert euch das, ich runzle die Stirn. In Wirklichkeit interessiert keinen Menschen in diesem Raum mein Beziehungsstatus. Einzig und allein sie.

»Ich stehe nach wie vor auf Mädchen, Zoe. Und auch wenn es nicht so wäre, geht es dich einen feuchten Dreck an! Mehr sage ich dazu nicht!«, gebe ich bissig als Antwort, dann stehe ich ohne ein weiteres Wort auf und gehe hinaus. Meine Schritte hören sich schleppend an, aber ich schaffe es nach ein paar Minuten nach draußen in den Hauptraum. Sollen sie doch denken, was sie wollen. Interessiert mich nicht.

In den nächsten Stunden bin ich damit beschäftigt, mit diversen Getränken meinen Alkoholpegel noch weiter steigen zu lassen. Als die ersten Leute die Bar wieder verlassen, hocke ich am Boden, die Beine angezogen und warte, dass die Sonne wieder aufgeht. 

Hinter verschlossenen Türen [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt