44. Kapitel

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Als der Krimi geendet hat, bleiben meine Mama und Georg noch auf dem Sofa sitzen. Ich wünsche den beiden eine gute Nacht und verziehe mich in mein Zimmer. Als ich beim Bücherregal vorbeikomme, schnappe ich mir ein paar Stücke, die mir ins Auge fallen. Falls ich in der Nacht nicht schlafen kann, weil ich an einen bestimmten Menschen denken muss...

Es ist finster und das Holz, dass überall in diesem Raum ist, gibt komische Geräusch von sich. Gruselig. Ich weiß nicht, wie ich schlafen soll. Ich werfe einen Blick auf mein Handy, dass ich auf die Couch gelegt habe.

Das Netz hier oben ist nicht das Beste, aber ich habe doch eine Nachricht bekommen. Wie immer ist sie von Florentine. Ich weiß nicht, wie ich sie loswerde. Ich ignoriere sie schon und behandle sie nicht gut und doch hängt sie an mir, wie eine Klette.

Ich weiß nicht, ob Tyler im Badezimmer ist und deswegen warte ich noch ein wenig in meinem Zimmer, um ihm nicht zu begegnen.

Ich öffne die Tür und lausche. Es ist still. Schnell laufe ich mit meinen Sachen, die ich im Bad brauche, die Stiegen hinunter.

Das Zimmer ist leer. Ich schlüpfe hinein und schließe die Tür ab. Ich sehe erschöpft aus. Meine Augen sind traurig. Fast erinnert mich der Anblick, an die Tage nachdem Tod meines Vaters.

Ich wende meinen Blick ab und husche unter die Dusche. Dann schrubbe ich meinen Körper mit dem Duschgel, dass der Vermieter dort deponiert hat. Ich wasche mir die Haare und steige dann mit einem Handtuch um die Hüften heraus. Ich ziehe mir eine frische Boxershorts an und ein T-Shirt. Außerdem dicke Socken.

Dann putze ich mir die Zähne und rasiere mich. Nachdem ich mit allem fertig bin, rubble ich mir die Haare trocken. Die Handtücher hänge ich auf dem Heizkörper auf.

Ich packe meine Dinge wieder zusammen und gehe wieder die Treppe hinauf. Bevor ich noch jemanden begegnen kann, schließe ich die Tür hinter mir und lasse mich auf mein Bett fallen.

Ich taste nach meinem Handy und wähle Toms Nummer. Nach dem zweiten Läuten hebt er ab.

»Hey, hey«, macht er und ich muss grinsen. »Wie läuft es so?«, erkundigt er sich weiter.

»Ach Tom...«, seufze ich.

»So schlimm?«, fragt er.

»Ja. Tyler und ich haben uns irgendwie gestritten. Und jetzt herrscht Funkstille...«, erzähle ich und hasse mich, dass ich so ein Weichei bin und nicht einfach in Tylers Zimmer platze, um ihm mal richtig die Meinung zu sagen.

»Was hat er denn gesagt?«, Toms Stimme klingt leise. Hoffentlich schläft er nicht ein.

»Mmh, erliebtmichnicht.«, blubbere ich dann und beiße mir danach auf die Zunge.

»Was?«, Tom scheint verwirrt.

»Tyler, liebt mich nicht. Und wir sollen einfach Freunde bleiben«, sage ich. Ich kann nichts dagegen tun, dass meine Stimme verletzt klingt und traurig.

»Das hat er gesagt?!«, Tom klingt völlig perplex.

»Ja und dass ich mir nichts einreden soll, was nicht da ist...«, erkläre ich dann noch und kann nicht verhindern, dass ich wütend klinge.

»Ich glaube, ich muss mal mit deinem Tyler ein ernstes Wörtchen reden...«, beschließt Tom.

»Nein, ich will nichts verschlimmern.«

»Sieh es positiv, es sind nur drei Tage. Danach kannst du gehen und musst ihn nie wieder sehen«, versucht Tom mich aufzuheitern.

»Dir ist schon klar, dass meine Mum mit seinem Dad zusammen ist, oder?«, sage ich.

»Ja, aber da kann man sich auch irgendwie aus dem Weg gehen.«

»Ja, irgendwie...«, hauche ich und fühle mich seltsam ausgelaugt.

»Komm, lass den Kopf nicht hängen. Du kannst jeden Typen haben, den du willst und die Frauen liegen dir auch zu Füßen...«, ich höre Tom in der Leitung grinsen.

»Super!«, sage ich sarkastisch.

»Gut, komm du stehst das durch! Gibt es da keine anderen Menschen, mit denen du flirten kannst?«, fragt mein Freund.

»Tom, wir sind mitten im nirgendwo. Wahrscheinlich würde uns nicht einmal die Bergrettung finden, wenn sie uns suchen müssten...«

»So schlimm kann es nicht sein!«, behauptet Tom.

Er hat ja auch gut reden. Er hat keinen Tyler im Nebenzimmer. Kein Herz, dass so nach einem Menschen schreit. Keine Angst, dass er alles ruiniert hat.

»Hey, ich muss jetzt Schluss machen. Meine Mutter braucht noch etwas...«, sagt er dann und ich frage: »Alles okay mit ihr?«

»Ja, sie ist einfach total aufgeregt...«, erklärt er. Ich wette, er ist es auch.

»Okay, gute Nacht!«

»Nacht! Und Ollie? Lass dich nicht unterkriegen. Tyler ist es nicht wert, wenn er nicht sieht, was du für ein Gewinn bist...«, sagt Tom und dann piept die Leitung. Er hat aufgelegt.

Da hat er recht. Tyler kann froh sein, dass er mich haben kann. Manchmal braucht man einfach einen Schubs, damit man wieder weiß, wie viel Selbstwert man hat. Tom hat diesen Wert jetzt steigen gelassen.

Ich lege mein Handy weg und ziehe die Decke bis zur Brust. Jetzt ist es still. Der Wind lässt die Fensterläden Geräusche von sich geben.

Plötzlich höre ich vor der Tür etwas. Ich setze mich langsam auf. Da ist es wieder! Es sind Schritte. Schritte, die von meiner Tür kommen. Jemand läuft hin und her. Dann ist es wieder still.

Ist es Tyler? Was macht er da? Ich will schon aufstehen und nachsehen. Doch in meinem Bett ist es so warm und ich will diese Wärme nicht verlassen.

Wenn Tyler etwas will, dann kann er ruhig anklopfen. Ich bin der Meinung, dass ich genug gemacht habe, um das was zwischen uns war, zu retten. Jetzt kann er den ersten Schritt machen. Doch die Schritte verklingen und eine Tür fällt ins Schloss. Heute wird nichts mehr passieren, da bin ich sicher.

Ich kuschle mich unter die Bettdecke, nehme das Buch in die Hand und beginne zu lesen. Es dauert, bis ich wieder in einem Leserhythmus bin. Doch, nach Kapitel vier, werden meine Augen immer schwerer. Es dauert nicht lange und ich bin eingeschlafen.

»Ollie?«, ich schrecke hoch. Es ist noch dunkel. Mein Handy liegt weit weg, ich will nicht aufstehen und seufze laut, als mein Name wiederholt wird. Wer auch immer das ist, er soll leise sein. Das ist ja schrecklich. Wahrscheinlich ist noch nicht mal früher Morgen.

»Was?!«, mache ich. Hallo, ich will schlafen! Ich bin den ganzen Tag gewandert. Gut, das ist vielleicht ein wenig übertrieben.

»Hey Ollie... Bist du wach?« Ja, jetzt schon. Ich drehe mich in die Richtung, von der die Stimme kommt. Da steht er. Da steht Tyler. Hinter ihm das Licht des Mondes. Er sieht aus wie ein Gott. Ich muss schlucken. Die Heizung muss ausgefallen sein, auf jeden Fall ist es total kalt geworden. Ich versuche die Beine an die Brust zu ziehen, aber es ist, als wären sie eingefroren.

»Ollie, ich will mich entschuldigen. Bitte, hör mir zu...«, Tyler lässt mein Herz kurz aussetzen. Oh Gott. Er hat sich entschuldigt. Will er vielleicht doch etwas von mir. Vielleicht genau das gleiche wie ich? Er lächelt mich an.

»Verzeihst du mir?«, langsam kommt er näher. Ich halte die Luft an. Noch einen Schritt. Gleich berührt er mich. Gleich ist seine Haut an meiner. Ja. Natürlich verzeihe ich ihm. Wie könnte ich das nicht. Er berührt mich plötzlich an der Schulter. Nein, er soll mich richtig umarmen. Er soll mich an seinen Brustkorb drücken. Am besten nackt und voll Schweiß. Ich merke, wie ich hart werde. Oh Scheiße. Er berührt mich wieder, jetzt aber fester.

»Ollie?!« Ich schrecke hoch und sitze plötzlich senkrecht im Bett.

Hinter verschlossenen Türen [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt